Aus der Geschichte Carlsburgs: das Hausbuch: Theodors Eintragungen 1815-1872: das Kapitel über Ökonomie

Theodor von Bismarck-Bohlen beginnt dieses Kapitel mit der Schilderung der ökonomischen Situation in Ackerbau und Viehzucht, wie sie sein Schwiegervater vorgefunden hatte, als er mit seiner Familie im Frühjahr 1809 in Karlsburg anlangte. Und die war denkbar schlecht infolge einer unvorstellbaren Misswirtschaft. Unter der Verwaltung des General Lieutnants Gr. Bohlen, des Großvaters meiner Frau, war Carlsburg in 3 Feldern, Gr. Jasedow und Steinfurt aber in 10 Schlägen [einheitlich bewirtschafteter Teil eines Feldes] bewirthschaftet worden. In den früheren Zeiten scheint der Ertrag der Güter an Korn, nach einzelnen alten Rechnungen, oft sehr bedeutend gewesen zu seyn, besonders während zwey tüchtige Männer Nahmens Dämlow und Kruse, als Inspektoren an der Spitze standen. Als aber allmählich alles durch Mangel an Aufsicht und Betriebskapital mehr und mehr zurückkam, ein Augendiener [Schmeichler] und eben so schlechter, als wahrscheinlich auch betrügerischer Inspektor Nahmens Kulow, der Wirthschaft vorstand, zwey natürliche Söhne des Gen. Lt. [Generallieutnant], beyde gleich unwißend und träge als Wirthschafter in Crentzow und Carlsburg (der eine sogar an letzterm Orte nach Kulows Abgang als Inspektor) gesetzt wurden, der Herr selbst aber bey zunehmenden Jahren und mangelhaften Kenntnißen der Landwirthschaft, sich nicht mehr darum bekümmerte, als im Jahre 1806 seine zweite Frau eine geb. vStrantz, welche durch Ordnung noch einigermaßen alles etwas zusammen gehalten hatte, plötzlich starb, und er nun gänzlich in die Hände einer Mätresse [siehe Lebensbeschreibung Carolines] fiel, gerieth die ganze Wirthschaft in einen beispiellosen Verfall. Der Abgang an Spann= und anderem Vieh wurde aus Geldmangel nicht wieder ersetzt, wegen Mangel an Arbeitskräften wurde bey Carlsburg nur noch unmittelbar um den Hof, der beßere Boden, einigermaßen ordentlich bestellt, der Mangel an Dünger und den geringen Viehstapel und verminderte Streumaterial, bewirkte das Aussaugen des Bodens, besonders bei Carlsb. immer mehr, besonders da fast gar keine Brache gehalten, sondern immer nur eine möglichst große Fläche schlecht und oberflächlich bestellt wurde, so daß am Ende selbst die Bauern in Zarnekow sich durch einen Grenzgraben gegen das überhandnehmende Unkraut haben schützen wollen. Ähnlich ging es auch den andern Gütern, und das nicht regelmäßig gelehete Gesinde, verrichtete natürlich seinen Dienst mit der aller größten Nachläßigkeit. Nichts desto weniger wurden dem Herrn von den schönsten und ergiebigsten Erndten lügenhafte Berichte gemacht um ihn zu andern Zwecken bey guter Laune zu erhalten. Ohne alle Rücksicht wurde alles Vorhandene angewandt, dem Bedürfniße des Augenblickes abzuhelfen, und (fast klingt es unglaublich, allein es ist buchstäblich wahr, und mir oft von dem Inspektor Lösewitz versichert und an Ort und Stelle gezeigt worden) auf diese Weise z. B. nicht allein die Diehlen Bedeckung des Kornbodens, über dem maßivem Pferdestall verbraucht, sondern auch sogar die eisernen Bänder und Klammern, welche die Art von Gängewerk über der Reitbahn in diesem Gebäude hielten und verbanden, aus Mangel an Eisen abgerißen, wodurch natürlich das Gebäude binnen kurzem bedeutend gelitten haben würde, wenn nicht mein Schwiegervater bald darauf alles wieder in Ordnung gesetzt, und so dasselbe vom baldigen Verfall errettet hätte. In welchem Zustand die übrigen, auf ähnliche Weise vernachläßigten Gebäude geriethen, wie die dringendsten und unentbehrlichsten Reparaturen und Ergänzungen der Acker Instrumente, Wagen, Geschirre etc. unterblieben, läßt sich denken. In diesem traurigen Zustande übernahm mein Schwiegervater 1809 die erschöpften Güter, wo es an allem mangelte. Er hatte das Glück in der Person des Inspektor Lösewitz einen treuen, umsichtigen und sehr thätigen Mann zu bekommen, sowie deßen nachherige Frau die Dem. Döhn die innere Wirthschaft mit größter Thätigkeit und Ausdauer übernahm und vorstand. Carlsburg welches in 3 Feldern bewirthschaftet worden, wurde 1811 regelmäßig in 6 Binnen und 9 Außenschläge getheilt, und welcher Eintheilung es jedoch 1827 in 7 Binnen = und 5 Außenschläge überging. Gr. Jasedow blieb wie es war in 10 Schlägen, Steinfurth hingegen, ging 1817 von 10 Schlägen in 7 über.
Indem ich mich gern von dem traurigen und beklagenswerthen Zustand der Güter abwende, welches ich oben von dem Zustande der Güter entworfen, als sie mein Schwiegervater übernahm, gebe ich mich gern der Hoffnung hin, daß dasselbe wenigstens dazu dinen möge, allen meinen lieben Nachkommen es lebhaft vor Augen zu stellen, wie Sorglosigkeit, unmäßiger prahlerischer Aufwand, Unordnung und Mätreßenwesen, jeden Wohlstand und jedes Glück zerstöhren. Zugleich aber mag auch diese traurige Schilderung dazu dinen, die Größe der Verdienste welche mein Schwiegervater um den jetzigen großen Flor der Güter hat, in das gehörige Licht zu stellen, da ohne seinen wirklich großen Entschluß, die Güter in diesem verzweifelten Zustand anzunehmen, und sein und seiner Frau Vermögen daran zu wagen, ohne sein folgerechtes und fortwährendes Streben, allmählich und nach Maaßgabe der Anfangs sehr beschränkten Mittel, alles wieder in Stand zu setzen, ohne seine große Sparsamkeit und Ordnung, ohne das Vertrauen, welches ihm diese, so wie seine Redlichkeit bey seinen Gläubigern erworben, er entweder dies ganze Unternehmen nicht hätte beginnen können, oder doch dabey gescheitert wäre, und also in beyden Fällen, seinen Nachkommen nicht ein so trefflich geordnetes Vermögen hätte hinterlaßen können. –

Nach dem Tod seines Schwiegervaters, im Frühjahr 1828, übernahm Theodor also ein schuldenfreies und wohlgeordnetes Anwesen, nicht zuletzt, weil tüchtige Inspektoren ihm zur Seite standen.

Um gute Ernteergebnisse zu erzielen spielte damals wie heute das Wetter eine wichtige Rolle und war entscheidend dafür, ob eine gute, mittelprächtige oder schlechte Ernte eingefahren werden konnte. Damals wie heute waren die Landwirte kaum oder gar nicht mit dem Wetter und den daraus folgenden Ernteergebnissen zufrieden. Etwas störte immer: entweder war es zu nass, zu trocken oder Hagel und Schnee führte zu Missernten. Einzig die Jahre 1829 waren sehr (darüber werden kaum Worte verloren) und 1842 ziemlich gut: günstiges Frühjahr, allein eine fürchterliche Dürre im Sommer. Danach eine höchst gesegnete Erndte hier im Sommerkorn und Erbsen. Das schlecht bestellte Winterkorn war nur mittelmäßig ausgezeichnet in Qualität. Die Erndte auch nicht einen Tag durch Regen unterbrochen. Klee mittelmäßig und so auch die Wiesen, welche im Anfang des Herbstes schon dem Rindvieh eingegeben werden mußte, da es so sehr an Weide fehlte.

Oft wird berichtet, daß Hagel ganze Schläge verwüstete oder große Hitze und Dürre die Ernte vernichtete und die Brunnen austrocknen ließ. 1858 schreibt Theodor: Hagelschlag unglaubliche Dürre so daß im Herbst fast alle Brunnen leer und fast den ganzen Winter das Waßer für das Vieh gefahren werden muß und alle Sölle fast austrocknen.

Zwei Einträge bleiben dem Leser des Hausbuches in Erinnerung, da in diesen zwei besonders schwere Jahre für die Karlsburger Güter und darüber hinaus beschrieben werden.

1841: Ungewöhnlich kühler und naßer Sommer und Herbst. Es regnete von Johannis bis gegen Ende 8ber[Oktober], fast alle Tage, oft in Strömen, so daß das Heu und Korn Erndte nur mit den aller größten Anstrengungen und Kosten und auch nur schlecht eingebracht wurde. Ein Theil der Nachmath blieb draußen und verdarb. An vielen Orten war dies mit einem Theil der Vormath und dem ganzen 2ten Schnitt des Heu. Noch fast 8ber wurde auf einzelnen Gütern z. B. Ranzin geerndet. An vielen Orten konnte gar nicht zu Winter bestellt werden, und auch hier und in Jasedow blieb etwas vom Winterschlag liegen.

1867: Außerordentlich kalter und naßer Frühling und Sommer. Mangelhafte Frühjahrssbestellung. Späte und durch den fortwährenden Regen, einfach gestörte, sehr schlecht wie wir sie seit 37 Jahren nicht hatten. Fast völliger Mißwuchs. Zum Glück vieler und vortrefflicher Klee und anderes Heu, welches theilweise auch gut ward. Kartoffeln an vielen Stellen nicht die Aussaat neu … Fast der ganze Kr. Grimmen und ein Theil des Franzb. und Rügenschen, total verhagelt, auch Niederhof. Ich muß an 1200 rm Hagelschadenbeitrag zahlen. Großer Mangel theilweise auch hier, allein ein entsetzlicher Zustand in Ostpreußen. In Folge der großen Noth der Typhus an vielen Orten, woran viele Menschen sterben. Millionen vom Staat gegeben, angeblich reiche Beiträge aus unserm Vaterlande, und ganz Deutschland, England, Frankreich, Amerika. Noch weit größere Noth im nördlichen Schweden, Finnland, den ruß. Ostsee Provinzen, einem Theil von Sibirien. Sehr hohe Kornpreise natürlich Weitzen über 100 rm, Roggen bis 75 rm. Allein wer hat nichts zu verkaufen. Etwa 1000 Sch. Weitzen wird alles seyn, was ich verkaufe. In diesem, wie auch im vorigen Jahr hat sich der sogenannte Johannisroggen vor allen anderen Winterroggen ausgezeichnet.

Neben der Witterung, die oftmals Missernten zur Folge hatten, wirkten sich die katastrophalen Ernteergebnisse auch negativ auf die Tierhaltung aus. In Folge der Näße im Sommer bekamen die Lämmer die Fadenwürmer und trotz aller angewandten Mittel, starben im Herbst und Winter, von 700, 236 St. daran.

Weitere Ausfälle und unvorhersehbare Ereignisse machten Theodor das Leben schwer: Rost am Weizen, Lupinen- und Kartoffelernte vernichtet, wiederholt Mäuse und Ratten im Saatkorn, Maul- und Klauenseuche bei Rindern und Schweinen, Schwankungen bei den Wollpreisen.

Auf den Gütern hatte Theodor Anfang der 1830er Jahre 26 Rindvieh und 300 Schaafe anschaffen können, und danach 30 Mastochsen gehalten. Auch für diese musste entsprechend Futter wie z. B. Klee angebaut werden. Mit der Zeit wurden die Ochsengespanne durch Pferde ersetzt. Neben den Reitpferden wurden Bau- und Ackerpferde gehalten, für die wiederum Roggen angebaut werden musste.

Den schlechten Bodenwerten versuchte Theodor mit dem Düngen der Felder zu begegnen. Jedes Jahr wurde ein Teil der Felder gemergelt, was zwar zunächst eine Steigerung der Erträge bewirkte, jedoch mit der Zeit die Böden auszehrte. Später experimentierte Theodor mit Guano und Schneiderschem künstlichem Dünger. Besonders unfruchtbaren Boden – z. B. am Hof bei der Mühle zwischen Mühlencamp und Paradies – ließ er mit Kiefern aufforsten bzw. ausäen. An anderer Stelle – am Hundewinkel, östlich von Steinfurth gelegen – wurde eine etwa gleiche Fläche in Ackerland umgewandelt. Moore wurden trockengelegt, mehrere Brüche gerodet. Auch technischen Neuerungen stand Theodor aufgeschlossen gegenüber. 1869- 1872 wurde eine Dampfmaschine für 2550 M angeschafft und da die Erndte, wenigstens an Fudern, überreichlich war, gleich tüchtig gebraucht. Von diesem Dampfpflug erzählte mir auch August Müller im Beitrag über die Aufsiedlung Steinfurths 1935.

Nachdem die Brauerei zunächst Gewinne abgeworfen hatte, musste sie zeitweise wieder stillgelegt werden, da die Ernte der dazu notwendigen Kartoffeln des öfteren zu gering war oder die Ernte völlig ausfiel. 1833 ließ Theodor zum ersten Mal im großen Stil Saatkartoffeln aus dem Oderbruch kommen und legte diese auf einer bedeutenden Fläche zwei Fuß tief. In späterer Zeit hatte er immer wieder mit Missernten zu kämpfen, wie der folgende Eintrag verdeutlicht.

1846: In diesem Sommer wurden die Kartoffeln, welche sehr schön standen, etwa gegen die letzte Hälfte Juny, von einer eigenthümlichen Krankheit befallen, durch welche das Kraut allmählich erst schwarze Flecken bekam, dann gelb und endlich schwarz ward, als sey es erfroren. Zuerst zeigte sich die Krankheit an den frühen, allmählich an den späteren, ganz zuletzt an den rothen Kartoffeln. Unter den zeitigen, besonders denen der Leute in den Gärten, zeigte sich auch faule Stellen, weniger unter den späteren und rothen. Die Krankheit des Krautes, wie mir scheint durch eine athmosphärische Einwirkung entstanden (auch andere Gewächse, Pflaumen, Stachelbeeren etc. waren befallen und viel Rost über dem Getreide), hatte natürlich die Folge, daß die Knollen ungewöhnlich klein blieben und ein förmlicher Mißwuchs in dieser Frucht sich zeigte. Ich gewann etwas 1/3 einer gewöhnlichen Erndte, viele der Tagelöhner nur etwa die doppelte oder dreyfache Aussaat, so daß ich sie im Winter mit Kartoffeln versorgen und ihnen auch mit Korn etc. beyst­e­hen muß. In den Gegenden, wo tiefer schwerer Boden ist, hat man kaum die Aussaat wieder geerndtet und danke ich dem Himmel doch noch, daß ich soviel gewonnen, daß ich zum nächsten Jahr die Aussaat habe, den Leuten helfe und die übrigen verfüttern kann, um bey den hohen Kornpreisen (Weizen 3, Roggen 2-2 1/3, Gerste 1,15), mehr Getreide zu verkaufen. Die Brennery kann aber gar nicht gehen und ist dies bey den sehr hohen Spirituspreisen ein empfindlicher Schade. 700 Sch. Kartoffeln den Leuten geschenkt.

Missernten bei den Kartoffeln werden im Laufe der Zeit immer wieder vermerkt und deshalb immer weniger angebaut.

Im nächsten Kapitel geht es um Wald, Holzertrag, Jagd und Wild.

Aus der Geschichte Carlsburgs: das Hausbuch: Theodors Eintragungen 1806-1873: das Kapitel über Gebäude

Wie geht man am besten mit einem tagebuchartigen Notizbuch wie dem Karlsburger Hausbuch um? Diese Frage stellt sich bei der Durchsicht gleich zu Anfang. Den abgeschriebenen Text einfach einzustellen, schien mir – außer in dem Kapitel über die Gutsgeschichte – nicht sinnvoll. Hinzu kommt, dass die Notizen entsprechend flüchtig niedergeschrieben wurden und teilweise fast unlesbar sind und sich auch nicht immer aus dem Sinnzusammenhang erschließen. Es gibt also Lücken. Hier nun der Versuch einer hoffentlich sinnvollen Zusammenfassung.

Liest man die Einträge im Kapitel “Gebäude” des Carlsburger Hausbuches – eine vergleichsweise trockene Lektüre, wird zuerst die Vielfalt der zu leistenden Arbeiten, die im Laufe eines Jahres auf dem Gut anfielen, augenfällig. Wie bei einem Mosaik setzt sich dem Lesenden nach und nach ein Bild zusammen, welches einerseits das Leben in Carlsburg und den dazugehörigen Dörfern in vielfältiger Weise zeigt, wenn auch nur aus der Sicht des Gutsherrn; andererseits gibt es einen Überblick darüber, wie es z. B. rund um das Schloss ausgesehen haben muss, von dem heute – 2024 – fast nichts mehr zu sehen ist.

Die Eintragungen betreffen alle Dörfer des Gutes: Carlsburg, Steinfurth, Groß Jasedow. Das Gut umfasste nicht nur das Schloss samt Schlosspark, Scheunen, Ställe und Gewächshäuser sowie dem Pflanz-, Obst- und Hausgarten, sondern auch die Häuser der Dorfbewohner und Gutsangestellten mit allem Drumherum wie Gärten, Viehställe, Brunnen usw. Der Gutsherr bzw. sein Inspektor hatte sich um den Erhalt aller Gebäude zu kümmern und sie instand zu halten. Wie es so schön heißt: Eigentum verpflichtet! Auch Modernisierungen nahm Theodor immer wieder vor, vor allem auch am und im Schloss. Um das anschaulicher zu machen, sollen zunächst die Einträge der Jahre 1829-1832 zitiert werden:

1829 Carlsburg, den Bau der neuen Brennerey angefangen, und dieselbe bis unter das Dach gebracht, und einen Theil des Gewölbes vollendet. (Der früh eintretende Winter störte die Arbeit schon am 16ten Nov.) neue Fenster in dem Schlaf= und dem grünen Kabinet, der grünen und der rothen Stube im Schloße.

1830     Carlsburg, Den Bau der Brennerey beendigt, so daß im October angefangen wurde zu brennen. Die Kosten beliefen sich, incl. der ganzen Einrichtung, und der von hier gelieferten Steine, jedoch ohne Holz, auf 11925 rmd 28 sgr 6. Das Holz ist geschätzt worden auf 338 sgr 8 – welche betragen die ganzen Kosten, deren spezielle Nachreichung in den Büchern von 1828/29 und 1830/31, 12264 rmd 6 sgr 9.

Den neuen Holzstall auf dem Brennerey Hofe erbauet und dabey die Gartenmauer zwischen dem Wirthschafts Hause und dem Badehause, verlegt und neu aufgeführt. Das neue Badehaus am Orangenhause erbauet. Den ganzen Viehstall, welcher zwey Längst Diehlen hatte und deshalb sehr kalt war, mit Quer Futtergängen und einer Diehle verändert. Die Krippen von geformten Steinen gemauert. Fast die ganze Ostseite der Haferscheune neu in Strohe gedeckt. Neue Fenster in der großen Gallerie im Schloß.

1831  Carlsburg, den Keller unter dem Kühlschiff in der Brennerey erbauet. Den 2ten größeren Aparat aufgestellt, der Keller kostete incl. Materialien 221 rmd 6 sgr. der Aparat 1989 rmd 18 sgr 3, so daß also die Total Kosten der ganzen Anlage nun, incl. verschiedener nachberechneter Gegenstände betragen 14913 rmd 21 sgr 9.

Den Pferdestall in Carlsburg umgedeckt. Den Vieh-Stall für das Dorfvieh in der Gersten Scheune angelegt, da der Vieh Stand vermehrt wurde. Die Steinmauer um den Viehhof neu gesetzt. Die Wesche bey Carlsburg neu angelegt. In der grünen und rothen Stube meiner Frau neue Berliner Öfen gesetzt.

Gr. Jasedow. Die neuen maßiven Schaaf Ställe erbauet. Die Kosten betragen, ohne Holz 1881 rmd 13 sgr 5, und ist derselbe, eben so wie die Brennerey, von dem Maurer Mstr Arndt zu Anklam erbaut worden. Neubau des Dorfbackofens.

Das neue Schulhaus wurde in diesem Jahr erbauet.

1832.     Carlsburg. Die große Gallerie, das Speisezimmer, und im grünen Zimmer meiner Frau, den Plafond [Zimmerdecke] erstern beyden aber ganz neu gemahlt.

Das neue Schulhaus, in welchem auch der Schaaf Mstr. wohnt erbauet.

Der neue Schweinestall von gesprengten Steinen erbauet.

Den neuen Schaafstall ganz, den alten auf der Westseite neu mit Rohr gedeckt.

Die Eisgrube ganz neu weißen, mit Mauersteinen erbauet.

Die Rörenleitung aus dem Kanal nach dem Brennerey Brunnen mit vieler Arbeit angelegt. 557 Fuß.

Das Staket zwischen dem Corps de Logis und dem Pferdestall neu gemacht.

Bedeutende Reparatur und Veränderung am Ananas Hause.

Gr. Jasedow. Das Taubenhaus auf dem Hofe neu erbauet.

Steinfurt. Das Zieglerhaus durchgebauet, und zu einem Kathen für 4 Familien eingerichtet.

Den neuen Obstgarten östlich des Kuhstalles angelegt, denselben mit einer Steinmauer und Spieszaun umgeben, und gleich ganz mit Bäumen besetzt. Auf gleiche Weise wurde noch der Garten südlich des Hauses vergrößert, und mit Obstbäumen bepflanzt, welche für beyde Gärten fast alle aus Wietstock von dem Hofrath Harsch a 7 ½ … gekauft wurden.

Brennerei: Auf die Brennerei setzte Theodor große Hoffnungen. Mit der Herstellung von Spiritus wollte er die schwierige ökonomische Situation des Gutes verbessern. Dies gelang ihm auch. 70% der Einnahmen erzielte er 1830 aus der Brennerei. 1840 wurden in der Brennerei weitere Neuerungen eingebaut: die neue große Druckpumpe, Quetschmühle zum grünen Malz, beydes mit dem Meßwerk verbunden, Neue Zapfenlager in der Mühle; neuer Unterbaum im großen Brunnen. Im Gärungskeller zwischen den Bottichen mit künstlichen Asphalt ausgegoßen.

1843 wird von einem Feuerausbruch berichtet: Das durch die Feuerbrunst v. 17ten Juny zerstörte Dach und innen die 2te Etage der Brennerey wieder erbauet incl. Holz = 180 rmd 9rs 6 … Den Umgang für die Pferde an der Roßmühle neu in Fachwerk und mit Brettern gedeckt. Ganz neue Pumpenbäume an der Großen und Saegepumpe.

Feuersbrünste, meist durch Blitzeinschlag oder auch Brandstiftung verursacht, waren sehr gefürchtet. Ob das Gnatzkower Schloss, welches im Herbst des Jahres 1732 eingeäschert wurde, Scheunen und Ställe, Katen oder die Brennerei, das Feuer kannte keine Gnade. Dazu kam, dass die Wege weit waren, das Feuer oft schon lichterloh brannte, ehe die damaligen bescheidenen Mittel wie Feuerspritzen zum Einsatz kommen konnten. Aber unverdrossen machte man sich danach wieder an den Aufbau der zerstörten Gebäude, da die Versicherung einen Großteil des Schadens beglich. Theodor erwähnte des öfteren den Ankauf von Feuerspritzen und traf Vorkehrungen für den Brandschutz. Der Eintrag über ein verheerendes Feuer 1871 in Groß Jasedow verrät neben dem Ausmaß des Schadens auch einiges über die landwirtschaftlichen Gerätschaften, die bei der Feldarbeit zur Verfügung standen: Am 9ten July (Sontag) Nachmittag 2 Uhr entstand in Jasedow oben an der First des Kuhstalldaches, in welchem niemand war, Feuer. Es ward erst nach 3 Uhr in Carlsburg bemerkt und als ich, mit meinen Sohn Carl hin eilend, ½ 4 dort ankam, stand, obgleich sehr wenig Wind war, der Kuhstall und 4 Scheunen, bereits völlig in Flammen und konnte man sich nur darauf beschränken, die letzte Scheune und den Pferdestall zu schützen, was sich, da viele Menschen und 6-7 Spritzen zur Stelle waren, durch Gottes Beistand, gelang. Zum Glück waren die Scheunen noch leer und auch nur etwa 10 Fuder Heu erst im Kuhstall und die Kühe auf der Weide, so daß nur 22 Ochsen verbrannten, sowie 6 Kälber, 5 sehr beschädigte Ochsen mußten z. Theil gleich getödted oder für 20 verkauft werden. Es verbrannten alle Wagen, da sie mit Kleeheu beladen, am Abend spät auf die Dielen gebracht waren, fast alle Pflüge, Eggen, Steltzen, Hechselmaschinen und Umzeug, Futterquetsche, Dreschmaschinen etc. Dazu das schöne Kleeheu auf dem Felde zum Einholen fertig, die Erndte vor das Thier und der Acker zur Saat zu bestellen und keine Opfer! Ich hatte zum Glück in Berlin, bei der Demobilmachung 4 Pf[erde] gekauft und wenige Tage später war in Stettin eine Auktion über Pferde, wo es dem Inspektor Waack gelang, noch 12 Pferde zu kaufen, es wurde in Eil noch Geschirre etc. für 4 Gespann Pferde beschaft etc. Es kam mir sehr zu Statten, daß am folgenden Tage, Morgens 5 Uhr, die Saaten in Anklam abgeliefert und bezahlt wurde, so daß es mir nicht an Geld fehlte, der Kuhstall war natürlich neu aufgebaut und es gelang denselben schon im October soweit herzustellen, daß das Vieh eingestellt werden konnte, auch die Nachmaht des Klees auf den Boden gebracht werden konnte, wo auch die südlich daran liegende große Scheune auch zeitig genug fertig ward, um das letzte Kleeheu darin unterzubringen. Die letzte Scheune (es wurden anstatt dieser 4 eingeäscherten nun 2 größere wieder gebaut) wird im nächsten Frühjahr erst gebauet werden. Da alles versichert war, so ist der materielle Schaden, durch 12858 13 9, die ich Entschädigung erhielt, wohl ziemlich zu decken. Da in dem Kuhstall, wo eben im Heu das Feuer entstand, niemand war, so ist dasselbe, ohne alle Frage, angelegt, doch ergab die Untersuchung gar nichts. Ich kann dem Herrn übrigens doch nur danken, daß er mich bis auf den Brant der Brennerei in Carlsburg, 1843, und diesen allerdings bedeutenden, 43 Jahre so gnädig schützte und daß dieser nicht 2 Monate später, wo alle Scheunen voll waren und nicht in der Nacht ausbrach, weil dann nicht allein meine sämmtlichen Kühe, sondern auch die der Leute verbrannt wären, endlich daß Niemand beschädigt wurde.

Der letzte Eintrag von Theodor: 1873. 1ter März.  Es ist in dem Ackerbuch der Wirthschaft p. 1ten July 1871/72, S. 14 und 15 etc, ein besonderes, bis Jan. 1873 geführtes Conto angelegt über den Wiederaufbau der zu Gr. Jasedow am 9ten Juli 1871 eingeäscherten Gebäude (4 Scheunen und Viehstall) incl. der für die verbrannten Ochsen angekauften Pferde, Ersatz der zerstörten Wagen, Ackergeräthe etc. Es wurden neugebaut die 2 Scheunen und wieder ausgebaut der ausgebrannte Kuhstall und beträgt dies alles, incl. des aus dem Forst entnommenen Holz zu der Scheune … in Summe 15209 rmd …; die ganze Brandentschädigung  12858 rmd …; Mithin also Verlust  2351 rmd …

Ställe: Schweine-, Schaf-, Kuh-, Pferde-, Kutsch- und Reitställe, aber auch Gänseställe werden erwähnt, an denen regelmäßig gebaut werden musste. Häufig ist die Rede von der Ausbesserung der Dächer, Erweiterung oder auch dem Neubau von Ställen wie z.B. 1855: Große und sehr kostspielige Reparatur des Pferdestalles, wo 2/3 der Balkenköpfe abgeschält, die 2 Träger und Säulen im Reitstall und desgl. in der Reitbahn das Gebäude gänzlich neu verlattet und ganz umgedeckt. Den Pferden – ob Reit- oder Ackerpferden – galt die besondere Aufmerksamkeit Theodors. Im Briefwechsel zwischen Vater und Sohn ging es ganz häufig und über weite Passagen um Pferde, die sie mit viel Sachverstand beurteilten – so, wie man sich heutzutage über Autos unterhält.

Scheunen: Neben den Ställen waren auch die Scheunen immer wieder reparaturbedürftig. Ob Tabak-, Erbsen- oder Gersten- Hafer- Roggenscheune: sie wurden weißiert, neu- oder durchgebaut, was soviel bedeutete, wie Altes auf Vordermann zu bringen. Daneben gab es Schuppen für Bretter und Nutzholz.

In den Dörfern: in den zum Gut gehörigen Dörfern wurden Wohnungen, Katen und Leutestuben durchgebaut oder verbessert, mit Ziegeln oder Stroh gedeckt. Brunnen, Dorfbacköfen, Steinmauern, Zäune, Remisen wurden errichtet oder repariert und Obstgärten angelegt, z. B. wurden je 2 Obstbäume in den Gärten der Dorfbewohner gepflanzt. Immer wieder wurde gepflastert, abgerissen, gebaut oder durchgeweißt. Ein Taubenhaus, Molkenhaus, eine Milchstube wurden eingerichtet, auch eine Buttermaschine wurde 1845 angeschafft.

Besondere Aufmerksamkeit richtete Theodor neben dem Erhalt der Dorfkaten auf die Häuser und Wohnungen einiger Gutsangestellter wie dem Gärtner, Tischler, Inspektor, Schmied, Weber, der Wirtschaftsmamsell, den Lehrlingen. In Zarnekow wurde das Pfarrhaus renoviert.

1862 wird das Steinfurther Gutshaus erwähnt: Die Nordseite des Guthauses neu gedeckt, z. Th. mit neuen Steinen. Wer darin gewohnt hat und welche Funktion es hatte, wurde leider nicht vermerkt. Hier soll auch erwähnt werden, dass es nach einer “Karte der Rittergüter Carlsburg, Steinfurth u. Gr.-Jasedow” zwei Ziegeleien unweit von Steinfurth gab (Karte vor 1818).

Grabkapelle: die Jahre 1858 und 1859 waren bestimmt durch den Bau der Grabkapelle in Steinfurt. Den Bau der Grabkapelle im Frühling angefangen, nach dem Entwurf des Geh. Ober Baurath Stüler, durch den Maurer Mstr Weidener aus Gützkow ausgeführt. Bis zum Winter unter Dach und alle inneren Wölbungen fertig. Polier Schmidt.

1859: Steinfurth. Die im vorigen Frühling begonnene Grab Kapelle, wurde Ende Juny ganz vollendet und die Leiche meiner geliebten Frau, am 24ten July ihrem Geburtstag dahin gebracht. S. 330 [Hausbuch; siehe auch die Seite zur Entstehungsgeschichte der Grabkapelle].

Schule: Die gräfliche Familie legte besonderen Wert darauf, dass die Kinder des Gutes regelmäßig den Schulunterricht besuchten. Caroline berichtete in einem Brief, selbst des öfteren dem Unterricht beigewohnt zu haben; sowohl Theodor als auch Caroline nahmen immer wieder an Prüfungen teil. Während Caroline die Zeit lang wurde, verfolgte Theodor aufmerksam und konzentriert die Leistungskontrollen. Blieben zu viele Kinder dem Unterricht fern, drohte sie auch schon mal damit, die kleinen Schulschwänzer zu Weihnachten nicht ins Schloss einzuladen. Das zeigte durchaus Wirkung; bei dem nächsten Besuch war die Kinderschar zahlreicher.

Dem preußischen Staat und seinem König eng verbunden, fühlten sie sich verpflichtet die Schulpflicht von den auf dem Gut Beschäftigten einzufordern. So entstand 1831 ein neues Schulhaus, das 1845 dann umgebaut und vergrößert wurde.

In Schlossnähe muss es neben dem Wirtschaftsgebäude, welches linkerhand des Schlosses stand, diverse Bauten wie Bienenscheuer, Badehaus, Eisgrube, Orangenhaus (1824), 1849 mit Doppelglas ausgestattet, oder Ananashaus (1828) gegeben haben. Ananas wurde aber nicht nur für den eigenen Verzehr angebaut, sondern vor allem nach Greifswald und Wolgast verkauft.

Kanäle: die Arbeiten an den Gräben wie das Verlegen von Röhrenleitungen oder Kanal- und Grabenreinigung wurden mehrmals ausführlich im Hausbuch, z. B. im Eintrag 1842, erwähnt: Abzugskanal aus dem Souterrin des Schloßes, da derselbe gänzlich verstopft, mit großer Mühe durchaus gereinigt. Mehr als 5 Fuder Schlamm! Das Stück von der Biegung unter dem Fahrdamm, bis zum Ausfluß ganz neu, da der Kanal eigentlich hier, unbegreiflicher Weise ganz aufhörte. Der Kanal geht von der Mitte des 2ten Fensters zunächst der Treppe am Hause, ganz gerade auf einen Strich, links des Therweges am Viehstalle, bis in gleicher Höhe mit dem Nordwestlichen Ende des Wirthschafts Hauses, und dann ein Knie machend, rechts auf die Anschluß Öffnung. Er ist am Schloße bis an das Knie, etwa 2/6tel Joch, und etwa so breit, die Spitze des Gewölbes etwa 1 ½ unter dem Boden. Vom Knie an ist es nur 1 ½ Fuß hoch, allein eben so breit als oben.

1852 heißt es: Den Canal um den Garten, bis gegen den Forstgarten gänzlich gereinigt und ausgekehrt 106 rmn. Die neue Zugbrücke gemacht.

Schloss: welche Arbeiten im Laufe der Zeit am Schloss durchgeführt, was alles erneuert wurde, kann hier nur aufgezählt werden: Fenster wurden erneuert, Berliner Öfen neu gesetzt, Malerarbeiten, Tapezierarbeiten durchgeführt, Neu- und Umbau, Renovierung, Ausbesserungen, Möblierung, Treppen eingebaut, Kamin erneuert, das Schloss 1835 neu abgeputzt, Küchenherd angeschafft, Galerie neu gedeckt, brasilianischen Kabinett 1844 eingerichtet (für die Mitbringsel, die Sohn Fritz auf seiner Brasilienreise als Begleiter des preußischen Prinzen Adalbert mitgebracht hatte), das Schloß wurde gänzlich mit einem Drain umgeben, 1853: Die Gallerie des Schloßes umgedeckt. Große Gallerie und Eßzimmer neuer Ölanstrich, letzteres noch ausgemahlt. Neues Meubel in dem Bilderzimmer. In beiden Zimmern meiner Frau neue Plüschbezüge und Portieren. 1855: Die neue Treppe Corps de Logis, 77 Treppenstufen. Anschaffungen wurden notiert: großes Bild von Max Schmidt gekauft, Spiegelscheibe im Kabinett, 4 Schalen von Zink, Billard, Gipsbüsten, Meubles usw.

Umgestaltung des Parks: 1836 wurde mit der Umgestaltung des Park begonnen, 1856: neues Kegelhaus und die Kegelbahn im Garten, 1858: Die Wege im Holz hinter dem Garten völlig zum spazirengehen und fahren eingerichtet. 1859: 2 neue Brücken bei der Insel im Garten. 1865: Den Neubau von Eisen und Glas an der Treppe nach dem Garten und die Treppe selbst fast völlig. 1867: Den Weg vom Scheenerberg (Uhlenberg) nach des Carolinenforst im Winter gemacht.

Das nächste Kapitel “Ökonomie” wird die hier beschriebenen Tätigkeiten von der finanziellen Seite her beleuchten. Bleiben Sie neugierig!

Geschichte des Schulwesens der Gemeinde Karlsburg: aus dem Leben der Lehrerin Annerose K.

Im 19. Jahrhundert gingen fortschrittliche schulische Veränderungen vor allem von Preußen aus. Da verwundert es nicht, dass auch die Bismarck-Bohlen, eng verbunden mit dem preußischen Königshaus und seiner Politik, den Schulbesuch der Dorfkinder förderten. Während einer verstärkten Bautätigkeit Anfang der 1830er Jahre in Carlsburg wurde 1832 auch ein Schulhaus – später alte Schule genannt – gebaut.

Das 1832 erbaute Schulhaus

Der erste Schulmeister, der Erwähnung findet, ist ein gewisser Wotke. Für die Küsterschule in Zarnekow wird ein Meister Jakob Christoph Meyer erwähnt, der gleichzeitig Schuhmacher und Schulmeister war.

Hier ein Schreiben über die Anzahl der Familien in Karlsburg und Steinfurth um 1820:

Beantwortung
Den von Ew. Hochgeborn vorgelegten Fragen in Bezug auf die Anzahl
der sich in den Gütern Carlsburg & Steinfurt incl. Mühle
befindenden Familien, so wie auch, wie viele Kinder im vorigen und
in diesem Winter die Schule besuchten, nebst Bemerkung des
Schulgeldbetrages pro Woche für Ertheilung des Unterrichts im
Lesen, Schreiben und Rechnen. –
Was die in Carlsburg wohnenden betrifft, so beläuft sich die Anzahl
auf 34, die in Steinfurt auf 19, die der Mühle auf 2 Familien.
Die Schule wurde im vorigen Winter von 40 Kindern besucht;
gegenwärtig indeß beläuft sich die Zahl nur auf 31, jedoch steht zu
Folge der Aussage des Lehrers zu erwarten, daß nach Anfang des
neuen Jahres sie sich wieder bis auf 40 erhoehen werde. –
Für den Unterricht im Lesen, Schreiben und Rechnen werden für das
Kind auf die Woche 16 g gezahlt; für das Lehren des Lesens allein 8
Pfennige. –
Hennig

Aber auch vor dieser Zeit waren in Karlsburg und Zarnekow Lehrer tätig. In der von Egon Brauns zum 700. Jahrestag der ersten urkundliche Erwähnung des Ortes Gnatzkow/Karlsburg erschienenen Broschüre: “KARLSBURG von der Vergangenheit eines Dorfes” beschreibt der Autor die Entwicklung des Schulwesens in der Gemeinde, welches an dieser Stelle zitiert werden soll.

Die allgemeine Schulpflicht, 1825 im Regierungsbezirk Stralsund erneut verordnet, konnte selbst in der Stadt Wolgast erst 1828 mit einer Reorganisation der Schulen durchgesetzt werden.

Wo die erste Schule gestanden hat, ist nicht bekannt. Das “neue Schulhaus, in welchem auch der Schafmeister wohnt,” wird 1832 erbaut und 1845 durch einen Umbau vergrößert.

Nun zahlen die Eltern an Schulgeld für Lesen, Schreiben und Rechnen wöchentlich einen Silbergroschen und 4 Pfennige, für Lesen allein nur 8 Pfennig. Aus einer Aufrechnung ergibt sich, daß zwei Drittel der Kinder nur das Lesen erlernen. Ab 1834 erfolgt dann eine Regelung, die alle Familien ohne Berücksichtigung der Kinderzahl zur Zahlung eines jährlichen Schulgeldes von einem Taler verpflichtet. Dafür ist der Schullehrer “verbunden, sämmtliche Kinder ohne weitere Vergütung Lesen, Rechnen und Schreiben und Beten zu lehren und kann jedes Kind vom zurückgelegten 5ten Jahre an die Schule besuchen “. Aber: “während der Korn- und Kartoffel Erndte hört die Schule für 6 bis 7 Wochen auf.”

Um die Jahrhundertmitte war das Weberhandwerk in der Gegend sehr verbreitet, und in fast jedem Dorf beschäftigte ein Meister mehrere Gesellen.

Schon vor 1760 war der Damastweber Johann Worpitzky in Carlsburg tätig. Während Sohn und Enkel mit Hilfe von Gesellen das Handwerk bis Mitte des 19. Jahrhunderts weiterführen, kommt mit der Einstellung seines Enkelsohns Johann Samuel, geboren 1804, als Lehrer an der neuen Dorfschule Licht in die örtlichen Schulverhältnisse.

Nachdem zunächst auch dieser Spross der kinderreichen Familie wegen der kärglichen Verhältnisse in der väterlichen Weberei gearbeitet hat, “reist er als Webergesell”, berührt dabei auch “die Mecklenburgischen Staaten” und bleibt für einige Zeit in Parchim, wo sein Bruder als “Lehrer in Gymnasio” tätig ist. Diese Schule besuchte zur gleichen Zeit auch Fritz Reuter. Der “Rechen- und Schreiblehrer” Worpitzky ohne akademische Bildung unterrichtete jedoch nur die unteren Klassen. Vor allem besteht hier eine Sonntagsschule die nun Johann Samuel nach dem Vorbild seines Bruders mit Eifer nutzt, um sich “in allerhand Wissenschaften” fortzubilden, was er in seinem Lebenslauf als Lieblings-Neigung bezeichnet. Dennoch kehrt er nach 2 1/2 Jahren ins Heimatdorf und an den Webstuhl zurück. Als er erneut sein Glück in Parchim versuchen will, gelangt er in Stralsund (sicher nicht rein zufällig) in das Haus des Carlsburger Gutsherrn, des Grafen von Bismarck-Bohlen. Der möchte die Lehrerstelle in dem “zweckmäßige Schulgelände, das er gerade in Carlsburg errichten läßt, mit “einem andern fähigeren Subjekte” besetzen, “da der bisherige Schulmeister… in keiner Art seinen Beruf ordentlich zu erfüllen imstande war”. Mit dem Wunsch diese Stelle einzunehmen, wendet sich Worpitzky Anfang September 1832 an die Königliche Preußische Regierung in Stralsund, und diese ersucht bereits sechs Wochen danach den Grafen, “nachdem der Schulamtskandidat Worpitzky geprüft ist … die Vacantien zu unsrer Bestätigung gefälligst einzusenden”, worauf sie die Einführung durch Pastor Schulz zu Zarnekow veranlassen werde. Das alles geschieht binnen kurzer Zeit, und der Graf fertigt die “Vocation zum Schulmeister” aus für die von ihm dotierte Nebenschule zu Carlsburg und Steinfurth, nicht ohne diesen darin erneut zu verpflichten, “die seinem Unterrichte anvertrauten Kinder zur Ehrfurcht gegen Gott, zur Liebe und Anhänglichkeit zu seiner Majestät unserem Allergnädigsten König und unserem theuren Vaterlande, zur Achtung gegen die Gesetze, Gehorsam gegen die Ältern, die Obrigkeit und die Brodt Herrschaft” zu erziehen und ihn selbst zu ermahnen, er möge “nicht allein mit einem moralischen und guten Wandel als Beyspiel voranleuchten, sondern auch in der Verträglichkeit mit den übrigen Bewohnern des Dorfes als Vorbild dienen”. Es scheint so, als hätte man gerade all diese Dinge bei dem Vorgänger besonders vermißt.

Der Graf beschränkte in ausführlichen Anweisungen nachdrücklich den Inhalt des Unterrichtes, weil er der Meinung war, “daß ein über ihren Stand hinausgehender Unterricht für die Kinder der unteren Volksklassen, welche darauf angewiesen, sich durch Dienen ihr Brodt zu erwerben, fast ebenso nachtheilig ist als völlige Unwissenheit…”. Er schließt mit der Bemerkung: “Wer mehr lernen will und wem also der Unterricht in unserer Schule nicht ausreichend ist, kann die Kirchspiel Schule zu Zarnekow besuchen, wenn dort mehr gelehrt wird.”

Diese Äußerung des Grafen ist wohlbegründet, denn an der dortigen Küsterschule herrschen über längere Zeit recht trostlose Zustände. Auch das erklärt die hohe Aufmerksamkeit, die der Graf als Schulpatron walten läßt.

Obwohl es sich an der Carlsburger Dorfschule um einen ausgesprochenen Neubeginn handelt, verrät auch das Inventarverzeichnis des Schulmeisters, daß es bereits an anderer Stelle ein wenigstens bescheidenes Schullokal gegeben haben muß, denn es wurde ganz offensichtlich neues Inventar mit altem vereinigt, das schon anderswo gedient hatte. Die Inneneinrichtung bestand nämlich aus “5 neuen und 4 kleinen alten Bänken, 2 großen neuen und einem alten kleinen Tisch” und einer Wandtafel. An Lehrmitteln gab es 7 alte Landkarten, und der Buchbestand umfaßt 5 Bände mit biblischen Geschichten verschiedener Autoren, 12 Lesebücher, 2 Rechenbücher sowie 17 alte und 70[!] neue Vorschriften.

Aufschlußreich, aber dennoch mit Vorsicht zu behandeln sind die zahlreichen Visitationsberichte der vorgesetzten Schulbehörden.

Am 9. Februar 1837 erscheint in Zarnekow der Schulrat und Superintendent Wiesener aus Wolgast und fällt in seinem Bericht ein außerordentlich scharfes, aber, wie es scheinen will, ebenso ungerechtes Urteil über den Küster Johann Jacob Wegener.

“… Da er, obgleich ihm die Katechisation schon einige Tage vorher aufgegeben war, kaum Sätze bilden, geschweige denn irgendeine zusammenhängende Unterredung mit den Kindern zu führen vermochte, so setzte ich die Katechisation, so gut es mit den der hochdeutschen Sprache kaum mächtigen Kindern gehen wollte, fort.”

Nach einem Lob für die guten Leistungen der Kinder im Lesen, Kopfrechnen und Singen und für die Sauberkeit in den Heften schreibt er weiter: “Der Küster ist ein ganz unwissender und linkischer Mann, jedoch wird ihm vom Pfarrer Schultz das Zeugnis gegeben, daß er ordentlich, fleißig und treu seyn Amt verwaltet…”

Man erfährt in diesem Zusammenhang auch etwas über die äußeren Zustände an der Schule. Von 77 schulpflichtigen Kindern aus Zarnekow, Moekow und Wrangelsburg waren an diesem Tage 34 anwesend. “Der Lehrer klagte über den schlechten Schulbesuch während des Winters; im Sommer steht die Schule gewöhnlich leer. … Das Küster- und Schulhaus ist zwar neu, aber sehr ordinär gebaut, [Baujahr 1831, d.V.] die Schulstube ist klein und vermag kaum 50 Kinder zu fassen.” Der Schulrat wundert sich, “daß sich weder Tische noch Bänke in der Schule befinden, außer denen, die der Küster selbst notdürftig herbeischafft”, und faßt zusammen: “Die Schule in Zarnekow befindet sich also in einem traurigen Zustand. …”

Noch am gleichen Tage besuchte der Schulrat auch Carlsburg, wo er offenbar zufriedener sein konnte.

“Es wurde mit einem vom Lehrer Worpitzky auf der Violine begleiteten Gesange angefangen. … Die Katechisation war nur unbeholfen und lahm, wie ich befürchtet hatte, eine ganz verkehrte Richtung. Besser ging es, als ich dem Lehrer auf den rechten Weg half …”

Über die äußeren Bedingungen erfährt man, daß auch hier der Schulbesuch besonders im Winter noch sehr unregelmäßig sei, “welches nach Aussagen des Lehrers in der Armut der mehrsten Eltern, welche Tagelöhner sind und im Winter ihren Kindern nicht die gehörige Kleidung verschaffen können, im Sommer aber in Dienst geben, sein Grund sein soll”.

In Carolines Briefen finden sich ebenfalls Passagen über die schulischen Belange.

In einem Brief an ihren Sohn Fritz ist zu lesen: Wir hatten Schulexamen, 3 Stunden lang, bei dem Dein lieber Vater vortrefflich ist, u gar nicht merkte[,] daß es schon so lange gedauert.
Dies kann ich nicht von mir rühmen, aber es war immer recht befriedigend u ließ ich allen noch 3 Aepfel geben, was die Kinder 67 von der Zahl, sehr zu erfreuen schien.

Im November 1851 berichtete Caroline an Theodor: Gestern gingen meine drei Fräulein u ich in die Schule, gleich nach dem Frühstück, u wohnten dem Unterricht bis zum Schluß bei. Da ungefähr nur 40 Kinder von 60 da waren, so kündigte ich ihnen an, daß ich das Weihnachtsfest mit ihnen feiern würde, aber nur diejenigen würden eingeladen werden zu kommen[,] die die Schule fleißig besuchen würden.

Und ein paar Tage darauf: Morgen werden wir Wind u Wetter dreuend wol nach Wolgast fahren, Besuch u Einkäufe für Weihnachten zu vereinigen, es macht mir Vergnügen, u freue ich mich auf alle die frohen Gesichter. Die Schule ist schon zahlreicher besucht seit meiner Erklärung.

Am 1. Januar 1857 wurden die Kinder des Gutes (87 an der Zahl) wie jedes Jahr nach Weihnachten in die weiße Galerie eingeladen und mit Pfefferkuchen, Nüssen, Äpfeln und kleineren nützlichen Gaben wie Wolle, Taschentücher o. ä. beschenkt. Süßigkeiten gab es, wie Caroline ausdrücklich betont, jedoch keine.

Ihre eigenen Kinder hatten allerdings Hauslehrer und Gouvernanten – wie sie selbst auch. Die Söhne wurden mit 14 Jahren in ein Berliner Kadettencorps bzw. auf ein Berliner Gymnasium gegeben.

Die Schule wurde von der gräflichen Familie auch instand gehalten. So ist für 1878 im Hausbuch vermerkt: neue Fenster in der Schule. Auch auf die Auswahl der Lehrer nahmen sie Einfluss, ebenso auf die schulischen Inhalte. Dieses Gebäude wurde 1986 abgerissen.

1911 entstand dann an der Greifswalder Chaussee ein neues Schulhaus nach genauen Angaben des letzten Grafen Fritz-Ulrich von Bismarck-Bohlen. Die Kosten des Neubaus beliefen sich auf 19000, -. Im Hausbuch wird erwähnt, dass die nunmehr verlassene alte Schule … als Diakonissenhaus eingerichtet [wird] u. enthält als solches außer Stall, Küche u. Bodenräume: 2 Zimmer f. die Diakonissin, 1 Krankenstube, 1 Mädchenzimmer, 1 klein Kinderschulstube. Das sich an die Wohnung unmittelbar anschließende alte Schulzimmer soll als Gemeindesaal Verwendung finden.

Nach dem Bau der neuen Schule im Dorf, wurde dieses Gebäude noch für den Sportunterricht genutzt wie auch der Schulgarten nebenan für den Unterricht, der zwischen der Lindenallee Richtung Zarnekow und der B109 gelegen war.

Die Schulklassen durften einmal im Monat den Schlosspark besuchen, erzählte August Müller, mussten sich aber auf den da noch gut gepflegten Wegen bewegen, herumtollen auf der Wiese war strengstens untersagt und wurde vom Lehrer entsprechend geahndet. Der Lehrer Krull, der alle Klassen unterrichtete, erklärte ihnen alles, was es im Park zu sehen gab. Interessant waren vor allem die ausländischen Bäume, die die gräfliche Familie von ihren Auslandsreisen mitbrachte.

Die faschistische Ideologie war den Kindern so eingetrichtert worden, dass sie bei Kriegsende gar nicht wussten, was falsch an dem war, was sie bisher gelernt hatten, so geschildert von August Müller. Denn einmal in der Woche wurde in der Schule ein Bildwerfer aufgebaut, um die deutsche Wochenschau zu zeigen. Da hatte sich der letzte Graf – Fritz-Ulrich von Bismarck-Bohlen – weitestgehend aus dem öffentlichen Leben zurückgezogen.

Darstellung der Schulverhältnisse in der Landgemeinde Karlsburg nach 1945 (Aus Einteilungsregister)

  1. I. Der Schulverband wird gebildet aus den Ortsteilen Karlsburg, Steinfurth, Zarnekow und Moekow.

Der Schulverband hat 2 ständige verheiratete Lehrer.    

Es sind 2 Schulgebäude vorhanden, Karlsburg und Zarnekow.

  1. II. Das Schulgebäude in Karlsburg ist erbaut im Jahre 1911, das in Zarnekow ist im Jahre 1930 erbaut.

Es besteht aus einer Wohnung für den verheirateten Lehrer, Schulküche mit Werkraum und Lehrmittelraum. 1 Klassenzimmer, in welchem insgesamt 60 Kinder und 1 Klassenzimmer, in welchem 54 Kinder unterrichtet werden können. Der Schulräume sind je 54 qm groß.

Schulbänke sind für 60 sowie 46 Kinder vorhanden.

An sonstigen Räumen bzw. Gebäuden sind vorhanden: 1 Stallgebäude mit eingebauten Aborten.

Der Bauzustand der Gebäude ist gut.

III. Das Schulgrundstück in Karlsburg ist Eigentum des Grafen von Bismarck-Bohlen (siehe Auseinandersetzungsvertrag)

 Das Schulgrundstück in Zarnekow gehört der Landgemeinde Karlsburg und ist 0,4402 ha groß.

Annerose K.

Annerose K. kam mit Mann und zwei Kindern 1960 nach Karlsburg. Der erste Eindruck von ihrem neuen Zuhause war denkbar schlecht, nur Schlamm, Gänse und Kühe auf der Straße, vor denen die Mädchen Angst hatten, wenn sie aus der Schule kamen. Vor dem Schloss lief die Jauche aus dem Kuhstall auf den Weg. Die Kinder waren furchtbar enttäuscht, dass ihr Vater, der als Buchhalter im Institut Arbeit angenommen, sie in eine so verlassene Gegend geschleppt hatte, und ihre Mutter ebenfalls. Viel geweint haben sie damals.

Annerose K. war leidenschaftliche Volkskorrespondentin und hat regelmäßig für verschiedene Zeitungen geschrieben. Über ihre Anfänge als Lehrerin berichtet sie in folgendem Beitrag:

Zu der Zeit waren die Schulräume auf vier Standorte verteilt: in Karlsburg einer,

Schulklasse in Karlsburg (?)

am Bahnhof zwei, in Zarnekow drei und in Steinfurth ebenfalls einer.

Frau K. unterrichtete zunächst in den ersten drei Klassen der Unterstufe. Anfangs waren sogar noch zwei Altersstufen in einer Klasse. Außer in Steinfurth musste sie überall und alles außer Sport unterrichten. Also fuhr sie mit dem Fahrrad zwischen den Dörfern hin und her. Und die Schüler und Schülerinnen wanderten mit. Sport war z. B. an der einen Stelle und Biologie in einem mindestens einen Kilometer entfernten Raum. Anfang der 60er Jahre kamen auch mehrere Junglehrerinnen hinzu. Das brachte frischen Wind in den Schulalltag, erinnert sie sich.

Nach einem Fernstudium, welches sie von 1952 bis 1958 absolvierte, konnte Annerose K. als Lehrerin bis zur 4. Klasse Unterricht geben. Von 1962 bis 1966 schloss sie dann noch ein Fernstudium in Güstrow ab, was sie berechtigte, bis zur 10. Klasse zu unterrichten. Deutsch war ihre große Leidenschaft, sie schrieb gern, ihr Berufswunsch von Kindheit an war jedoch Schauspielerin zu werden. So sprach sie mit 14 am Theater vor, wurde aber als zu jung befunden, um ihr Talent abschließend beurteilen zu können. Dann kam der Krieg dazwischen, der solche Wünsche unmöglich machte. Und Geduld, sagt sie, war nie ihre Stärke.

Im August 1969 wurde dann in Karlsburg der Grundstein für die sogenannte Polytechnische Oberschule gelegt, die für Schülerinnen und Lehrer den Alltag sehr erleichterte.

Karlsburger Polytechnische Oberschule (Foto: Rolf Warkus)

Zunächst wohnte die Familie in einem größeren Haus östlich der B109. Nach der Scheidung 1968 hätte sie das Haus allein mit drei Kindern nicht halten können. Der Institutsdirektor, Prof. Bibergeil, wollte unbedingt dieses Haus kaufen. Unter der Bedingung, dass sie ein Haus bauen darf, willigte sie in den Verkauf ein. Mit einer Mietwohnung, mit der man sie zunächst abspeisen wollte, gab sie sich nicht zufrieden. Um 1970 begann sie mit dem Bau und zwei Jahre später konnte sie ihre “Villa” beziehen.

Man stelle sich das Bauen in der DDR nicht so einfach vor; und noch dazu auf sich allein gestellt. An allen Ecken und Enden fehlte es an Material und Arbeitskräften. Die Ziegel z. B. erhielt sie aus dem Abriss von zwei Bahnwärterhäuschen aus der Umgebung. Ihr Anteil daran und der der älteren Töchter war das Abklopfen der Ziegelsteine, an denen noch der Mörtel klebte, und das Aufräumen des Geländes danach. Denn nur unter der Bedingung, dass sie die Abrissstelle der Bahnwärterhäuschen frei von Schutt und aufgeräumt hinterließ, hatte sie die Erlaubnis bekommen, die Steine abzuholen. Den Transport nach Karlsburg und Materialien, die zu einem Hausbau so nötig sind, wie Dachziegel oder eine Kellertreppe, bekam sie über Beziehungen. Davon hatte sie als Lehrerin reichlich. Holz für die Dachsparren u.ä. überließ ihr der Förster kostenlos. Einiges gab es natürlich auch regulär im Baustoffhandel zu kaufen, wie Fenster oder Türen, wenn auch nicht jederzeit. Das ganze Haus hat damals rund 50 000 Mark gekostet. Allerdings waren die Gehälter auch entsprechend niedrig.

Nachdem sie schon längere Zeit an der Karlsburger Schule gearbeitet hatte, inzwischen auch bis zur 10. Klasse unterrichtete, sollte sie zur Oberlehrerin befördert werden. Durch den Einspruch der damaligen Parteisekretärin wurde daraus jedoch nichts: Frau K. war einige Zeit zuvor für drei Tage in der BRD gewesen, um ihre kranke Mutter zu besuchen. Annerose K. war genauso wie so viele, die zu DDR-Zeiten sogenannte Westverwandte besuchten durften, von dem übergroßen Angebot in den Geschäften erschlagen. Auch wie kritisch sich die Leute z. B. auf der Straße über die Verhältnisse äußerten, fand sie erstaunlich. Von diesen Eindrücken muss sie wohl auch im Kollegium erzählt haben. Jedenfalls war die Parteisekretärin der Meinung, wer so über seine Eindrücke vom Klassenfenfeind erzählt, kann nicht Oberlehrerin werden. Erst zu ihrem 60. Geburtstag, mit ihrer Verabschiedung und dem Eintritt in die Rente, wurde ihr vom Kreisschulrat noch der Titel der Oberlehrerin verliehen.

Der Schuldirektor Gätke wurde in den 70er Jahren nach Züssow versetzt. Danach sollte Herr Brauns, der Karlsburger Chronist, Direktor werden, der aber nur unter der Bedingung seine Zustimmung gab, dass Frau K. zu seiner Stellvertreterin ernannt werde. Neben dem Direktor gab es zwei Stellvertreterinnen, eine für außerschulische Arbeit, die Frau K. übernahm, und einen zweiten, der für die Organisation der Lehre zuständig war. Ehrenamtlich war sie Pionierleiterin, Vorsitzende des DFD (Demokratischer Frauenbund Deutschlands) und in der Volkssolidarität, einer nach dem Krieg gegründeten Hilfsorganisation, aktiv. Sie gründete in der Schule Arbeitsgemeinschaften (AG), z. B. eine Theater AG, in der die Schülerinnen und Schüler Märchenstücke einstudierten und diese dann auch z. B. im Steinfurther Kulturhaus aufführten. Da sie gern schrieb, betätigte sie sich auch noch Volkskorrespondentin bei der NDBZ (Neue Deutsche Bauernzeitung), bei der Ostseezeitung u. a. Gazetten. 1986 wurde sie als Siegerin im Wettbewerb der Volkskorrespondenten der Lokalredaktion der Ostseezeitung ausgezeichnet. Sie war Mitglied im Zirkel Schreibender beim Kreiskabinett für Kulturarbeit, dem sie lange angehörte. Mehrere Jahre arbeitete sie auch in der Schiedskommission mit. Man kann sagen, sie hat überall mitgemischt.

Auch nach 1990 brachte sie sich in das Gemeindeleben ein. Sie war in der Gemeindevertretung aktiv, da vor allem im Sozialausschuss. Und auch als Zeitungsleserin meldete sie sich zu den verschiedensten Themen zu Wort. Ob schulisches Geschehen, eine Zeitreise durch die Karlsburger Geschichte, Konzerte im Barocksaal des Karlsburger Schlosses, Ereignisse in der Karlsburger Gemeinde wie das Dorffest, Kunst und Natur, Aktivitäten der Volkssolidarität, Deutschunterricht für Aussiedler: kein Ereignis in der Gemeinde blieb unkommentiert.

Auch Artikel über sie wurden veröffentlicht. So titelte die Ostseezeitung: “Freundlichkeit kostet kein Geld”. Annerose Könning ist zufrieden mit ihrem Leben, doch ein Wunsch bleibt unerfüllt” oder “‘Unkraut’ im Garten und Regenwasser für das Klo. Sie mag Salat aus Löwenzahn und ißt Hagebutten pur – Umweltengel Annerose Könning in Karlsburg”.

Nach dem Gemeindeleben in der DDR befragt, fiel Annerose K. zunächst wenig ein. Aber dann zählte sie doch auf: Tanzveranstaltungen in der Karlsburger Gaststätte oder auch im Steinfurther Kulturhaus, der Landfilm kam hin und wieder, auch an Lesungen erinnert sie sich.

Nach 1990 wurde das Gebäude der Polytechnischen Oberschule abgerissen. Die Grundschule befindet sich seither in Züssow, die Realschule sowie das Gymnasium in Gützkow. Einzig eine Kindertagesstätte wurde in Karlsburg neu errichtet. Der alte Kindergarten aus DDR-Zeiten ist heute Gemeindehaus und beherbergt neben Räumlichkeiten der Gemeindevertretung die Bibliothek, ein Fitnessstudio, eine Musikschule, Räume für die Volkssolidarität und für Vereine wie den Zeichen- und Keramikzirkel.

Zu baulichen Veränderungen des Karlsburger Schlosses: Brief Friedrich von Bismarck-Bohlens an seinen Sohn Friedrich Carl

Im März 1891 offeriert Friedrich Carl Alexander Theodor Paul Graf von Bismarck-Bohlen seinem Sohn Friedrich Carl eine Auflistung der in der Zukunft zu erledigenden Um- und Neubauten am und im Karlsburger Schloss, welche dann Helene geb. Tiele-Winckler, die Frau von Friedrich Carl, in die Tat umsetzte. Dazu beschreibt er in einem Brief das Interieur, ermahnt seine Nachkommen die Ausstattung in Ehren zu erhalten wie es die Vorfahren schon getan hätten. Er beschreibt ausführlich die am Schloss notwendigen Reparaturen. Durch den Brief bekommt man einen Ahnung von der Einrichtung des Schlosses, wie sie einmal war. Nachfolgend ist der Originaltext eingestellt.

Zweck der baulichen Veränderungen im Carlsburger Schloß

  1. Sicherung der Gallerie (Bibliothek) u. des Eßzimmers durch Erneuerung der Balken, die sämtlich schadhaft.
  2. Verbindung des Flügels mit dem alten Hause, oben.
  3. Erleichterung des Schlosses durch Fortnahme der geschleiften Schornsteine, u. dadurch verringerte Feuergefahr. –
  4. Herstellung eines größeren Fluhrs (Halle) unten über dem Perron.
  5. Schaffung ordentlicher hinreichender Räume für das dienende Personal u. die Hauswirthschaft.
  6. Eine angenehme Vorfahrt zum Ein: und Aussteigen
  7. Gemeinsames Schlafzimmer für den Hausherrn u. Hausfrau.
  8. Herstellung der nöthigen Kinder:Zimmer u. nöthigen Bequemlichkeiten für ihre Umgebung.
  9. Daß das Schloß für die kalten Jahreszeiten wärmer wird.
  10. Anlage 2er Wasserheizungen (Öfen werden beibehalten) für das alte Haus, vor dem Weinkeller; für den Flügel unter der Halle oder im Holzkeller nebst Nebenkeller.
  11. Erhöhung der ganzen oberen Etage im Flügel u. alten Hause die nur 11 Fuß haben auf 14 Fuß. Das Material liefern die Schornsteine voraussichtlich.
  12. Schönes Thurmzimmer über dem Perron mit Aussicht über den ganzen Hof; Friedr. Carls Sammlungen v. Geweihen u. Rauchzimmer geeignet.

Ausführung

  1. Die Balken in der Gallerie u. Eßzimmer werden fortgenommen u. durch neue ersetzt
  2. Die Verbindung zwischen Flügel u. altem Hause, oben, wird hergestellt (der Flhr nach Norden hin)
  3. Zimmer auf der Südseite. No: 2 u. No 3 befinden sich also über der Gallerie (Bibliothek)
  4. Abtragen der geschleiften Schornsteine im alten Hause u. Flügel.
  5. Halle über dem Perron herstellen. Zumauern der 3 Fenster des jetzigen Eßzimmers …
  6. Die jetzige Hausthür und das Fenster an der Schenke werden durch 2 Bogen ersetzt die in der Mitte an einen Pfeiler sich stützen; (bleibt zwischen Hausthür u. Fenster stehn)
  7. Wagenschutz nach dem Hof zum Aus: u. Einsteigen in die Wagen
  8. Aufzug für Speisen nach der Küche.
  9. Verlegen der Küchentreppe, so daß man aus der Halle direkt in diese kann.
  10. Fortnahme der alten Treppe nach oben u. in den Keller
  11. Einrichtung der gemeinsamen Schlafstube für den Hausherrn u. Gemalin – rep. Wochenzimmer. Der ganze Raum der jetzt von der Schlafstube u. Garderobe eingenommen wir, ist nöthig. Entfernung der Mauer am jetzigen Bett u. Ersatz durch einen Bogen; wie denn überhaupt die ganze Schlafstube leicht eingewölbt werden muß um bei Feuergefahr das Wohnzimmer gesichert zu haben. Zumauern des Fensters über dem Tresor. Ausgang vom Schlafzimmer nach der Jungfernstube vor den Betten, nach dem Ofen zu um dort Nahrung für Baby u. Wöchnerin bereiten zu können Bett in der Jungfernstube.
  12. Da die jetzige obere Etage nur c. 11 Fuß (?) hoch ist, so empfiehlt es sich alle Etagen im Flügel u. altem Hause aus Gesundheitsrücksichten auf 14 Fuß zu erhöhen.
  13. Eindecken des Neubaus mit Schiefer
  14. Der Neubau wird nicht viele Kosten machen.

Carlsburg 9ter März 1891

Mein lieber Friedrich Carl!

Der Wunsch Dich über unser altes liebes Haus und seine Einrichtung zu orientieren u. auch unsere Nachkommen dermaleinst Gelegenheit zu geben Pietät walten zu lassen in alten Sachen, die oft Generationen gedient haben u. dann auf Kutscher u. Bedientenstuben ruinirt werden, was vermieden werden kann, wenn man weiß wem sie früher gedient u. endlich der Umstand, daß ich der Einzige bin nebst meiner lieben Schwester der noch mit meinen lieben Großeltern Bohlen Carlsburg u. seine damalige Bewohnung gekannt hat, veranlaßt mich zu diesen Aufzeichnungen, die ich besonders für Dich bestimme. Fern liegt mir der Gedanke Dich dadurch beeinflußen zu wollen, über die Einrichtung Eures künftigen Heimes, da ich wohl weiß, daß jede Generation ihre Ansichten u. ihre Bedürfnisse hat, u. mich u. die geliebte Mutter – die wir so ziemlich alles gelassen haben u. so bewohnten, wie es von meinen Eltern auf uns gekommen – als Vorbild für Euch hinstellen zu wollen, nicht verleugnen der darin sich ausdrückt, daß ich eine Genugthuung darin finde, zu wohnen wie meine Vorfahren „war ihnen gut genug, soll es auch für mich sein“. Ohne diesen Zug würde man ja überhaupt alte Hauseinrichtungen nicht finden u. das was ich hier erlebt u. mit eigenen Augen gesehn stärkte mich noch in meinem Gefühl. Die Bettstelle in der meine liebe Mutter u. Großmutter auch meine geliebte Frau gelegen u. in der ich u. meine liebe Schwester u. unser Bruder Carl geboren, fand ich auf dem Diener:Zimmer u ließ sie wieder an ihren Platz bringen unten in meiner Frau Schlafstube.

Carlsburg ist wie des Näheren aus dem Hausbuch ersichtlich, von dem kg. Schwedischen Regierungsrat Carl Heinrich Berndt von Bohlen, der 1745 in den Reichsgrafenstand erhoben ward – erbaut, nachdem der ganze Hof 1732 abgebrandt war; es ließ damals Gnatzkow (wohl mit dem slavischen Wort Gnas – Nacht zusammen hängend – Nachtdorf – Nachtort; worauf mein verehrter Herr u. König Fried. Wilhelm IV mich noch hingewiesen, bei einem Besuch hier) daß übrigens eine Veränderung der ganzen Hoflage u namentlich des Herrnhauses beabsichtigt war, schon vor dem Brande, darf man aus dem alten Bauplan annehmen, der schon von 1731 datirt, wenn ich mich richtig erinnere, auch königl. Schwedischer Regierungsrat – sein großes Bild in der drap d’or Weste hängt in der weißen Gallerie dessen Mutter u Großmutter Fräulein v. Normanns waren – hat Gnatzkow zuerst besessen u. wahrscheinlich wohnte schon sein Vater Olof von Bohlen daselbst, der erste Bohlen der von Wittow, wo die Familie herstammt, nach Pommern resp. Gnatzkow  seiner Frau Marie Lucretia v. Normann folgend. Als dieser Zweig der Normanns in männlicher Linie erloschen belehnte Carl XI seinen Kanzler Freiherrn v. Lagerström 1798 mit Gnatzkow, der aber schon im folgenden Jahre von dem daselbst wohnenden Christoph v. B. gegen eine Kaufsumme erworben wurde. (rid. Hausbuch u. den sehr interessanten dort einliegenden eigenhändigen Brf des Herrn v. Bohlen des Historographen seiner Familie) Jasedow ward 1702 – der adlige Antheil von Zarnekow schon früher erworben.

Der Erbauer Carl Heinrich Berndt v. B. lebte zum Theil in Stralsund, wo ihm das schöne Haus, was jetzt dem Landkasten zu eigen, gehörte – in der Bader Straße gerade gegenüber der Regierung – dieß mochte wohl mit die Veranlassung sein, daß der Bau mehr für sommerliche u. gesellschaftliche Verhältnisse als für winterliche Häuslichkeit berechnet worden ist. Im corps de logis wohnte die Frau im schwedischen Kabinet, der Mann im jetzigen Königszimmer mit Ausgang in die große Gallerie – Bibliothek – durch das brasilianische Kabinet u. eine 2te Tür die übertapezirt in einen Bücherschrank der Bibliothek erkennbar ist. Schlafzimmer war die Alkovenstube, Eßzimmer die alte Eßstube. Die alte Küche – jetzt Waschraum befand sich unter dem brasilianischen Kabinet u. die schönen Kellerräume gewährten für alle wirtschaftlichen Bedürfnisse überreichlichen Raum. Die obere Etage des alten Hauses, die für die Familie u. den Besuch bestimmt war zeigt in ihrer Eintheilung, daß meist 1 zweifenstriges Wohnzimmer mit einem 1fenstrigen Schlafzimmer od. Kabinet in Verbindung stand. Das sogenannte alte Schulzimmer ward vom „Herrn Magister“ eingenommen dem Hauslehrer der jungen Herrn, wo noch mein lieber Großvater mit seinen zahlreichen Brüdern manchen Seufzer ausgestoßen haben mag. – Der Flügel ist wohl vom Erbauer nicht eingerichtet gewesen. Die großen Ausgaben für den Haus: Hofaufbau hatten sein ansehnliches Vermögen doch so angegriffen, daß er, als 1757 der siebenjährige Krieg für Preußen ausbrach an den Schweden sich als Gegner beteiligte, seinen Gläubigern nicht gerecht werden konnte. Ein plötzlicher Tod befreite ihn von dem Zusammenbruch der dann erfolgte, womit sein ältester Sohn der spätere Generallieutnant u. Generaladjutant Graf Carl v. Bohlen die Güter aus dem Concurs kaufte. – Von ihm, der auch einige Zeit in preuß. Dienst u. zwar als Adjutant Friedrich II gewesen u. nachher Schwedischer Gesandter in Berlin war, ist die Einrichtung des Flügels ausgegangen wie auch die des Alkoven:Zimmers der … Kabinette. Die weiße Gallerie u. die große Gallerie mit seiner Bibliothek, waren nur dürftig eingerichtet, wie ich mir aus frühester Kindheit erinnere; letztere war im klassischen Styl gedacht, da die Wände zwischen den Fenstern die broncirten Gipsköpfe der römischen Kaiser zeigten, vor deren dunkeln u. mageren Gesichtern ich mich als Knabe offen gesagt, oft fürchtete. Das Eßzimmer hatte seine schönen Kupferstiche u. werthvollen Stiche in schwarzer Kunst noch wie heute. Die Decke war Kassettenartig gemalt mit einer Lichtöffnung u. Gallerie im Centrum, auf der zwei bunte Vögel saßen die jedesmal wenn wir als Kinder – meine liebe Schwester u. ich – mit den Eltern aus Stralsund kamen, unsere ununterbrochene Aufmerksamkeit erregten, so daß wir ermahnt wurden: nicht immer nach oben zu gucken.

Das jetzige grüne Zimmer mit der seidenen Tapete u. unsern Bildern, war Wohnzimmer der Herrin, mit alten haute de lisse Tapeten u. dem jetzigen in die Wand eingelassenen Spiegel versehn. Die Tapeten waren düstere große Landschaften in gestickter Wolle u. Seide darstellend, in der 2 Flamingos sich kenntlich machten; ein großer u. ein kleiner. Meine theure Großmutter Bohlen, die Freude am Leben u. geistig hochbegabt war nun seit 1809 von dem glänzenden aber kleinen Hof zu Cassel (der alte Fürst Wittgenstein, Minister des Hauses unter Friedrich Wilhelm III. hat mir als junger Officier in seinem hessischen Dialekt öfter gesagt: lieber Kraf ihre Frau Großmutter war die einzigste anständige Dame (Tame) in Cassel am Hof! Mein Großvater Hofmarschall bei dem Kurfürsten blieb auf dessen bestimmten Wunsch auch unter d. Bonaparte damit nicht alles drüber u. drunter gehe. Lange konnte es doch nicht dauern) unter dem berüchtigten Jerome Bonaparte in die Carlsburger Einsamkeit mit ihren beiden Töchtern versetzt war – hatte beiden Kindern in den Flamingos ihre Zukunft vorausgesagt – wie sie in der Einsamkeit hier sitzen bleiben würden; der kleine meine selige Mutter, der große die liebe Tante Henckel die mehr als Frauengröße erreichte. Es ist ja aber alles anders gekommen, durch Gottes Gnade. – das Folgende Zimmer jetzige Bilderstube – hatte die schöne alte Seidentapete mit den Hirschen u. ein entsprechendes Ameublement mit demselben Stoff. Bei der Eltermutter Bohlen soll es Schlafzimmer gewesen sein, mit einem großen Himmelbett für das Ehepaar; das Kabinet das Schreibzimmer der Frau, das jetzige Schlafzimmer das Toilettenzimmer u. Garderobe u. Jungfernzimmer daran stoßend. Meine liebe Großmutter u. Mutter durch die Noth der Zeit in einfacherer Art wohnend, hatten dieß aufgegeben das dort befindliche kleine Bureau stammt von meiner lieben Mutter; u. war ein Geschenk ihrer Großmutter Normann meiner Eltermutter aus ihrer Mädchenzeit stammt. Ende der dreißiger Jahre so daß meine liebe Schwester u. ich  c. 18 Jahr mit Ihr erlebt haben. Sie bewohnten das Kabinet, in dem wo jetzt der Schreibtisch steht, ein die Nische ausfüllendes bequemes einfaches Sopha mit vielen Rückenkissen stand; sie saßen im Fenster vor sich ihren kleinen Arbeitstisch u. in der Rundung stand ein Lehnstuhl für Großvater u. Vater, das Ameublement bestand aus schönen geschnitzten Stühlen a l’empire mit Bocksfüßen, die noch oben auf d. alten Schulstube stehn u. wohl besser in das Alkovenzimmer passen würden. Oben bewohnte der Eltervater Bohlen die ganze Etage; Schlafzimmer war Louisens Zimmer; links eine Thür in mein Schlafzimmer was durchgetheilt war, für Garderobe u. Kammerdiener; mein lieber Vater hat erst die Wand entfernen lassen, um ein größeres Schlafzimmer zu bekommen, da mein sel. Großvater in dem kleinen Kammerdienerzimmer schlief u. mein u. meines lieben Vaters Wohnzimmer auch das seinige war. Die schönen alten Mahagoni Meubel aus Vollholz, nebst Schreibtisch, stammen noch vom Eltervater Bohlen, der dieß Zimmer als Rauchzimmer benutzte, wärend das jetzige grüne Zimmer nach dem Garten herraus, Billardzimmer u. das anstoßende mit den beiden Betten sein Wohnzimmer mit Schreibkabinet daneben eine höchst bequeme Quartier ausmachten. Von ihm stammen auch noch die Bilder über den Thüren: Seidlitz u. Zietens Grabmal u. Schwerins Tod bei Prag die als Zeichen der Zeit erhalten werden mußten. Die Kupferstiche stammen von meiner lieben Großmutter ebenso der schöne „Kannitz“ ein alter Mahagoni Schreibtisch von ihrem Vater Walsleben im Styl meiner Meubel; augenblicklich im grünen Zimmer stehend. Die Ories of London u. die in rother Farbe, Werthers Leiden u. Sienen aus dem Shakespeare darstellend wie sie denn überhaupt diese Zimmer bei meinen lieben Eltern bewohnte, wärend die Eltern in großelterlicher Zeit auch dort wohnten: meine liebe Schwester u. ich sind auch dort oben geboren u. standen das Bett meiner lieben Frau u. das in dem ich schlafe dort: diese Bettstellen dienten 3 Generationen: den Großeltern den Eltern u. uns (vid. … Bogen 1). Auch für die Bedienung war früher besser gesorgt. Der Durchbau über Garderobe u. Mädchenzimmer ist erst von meinem Vater angelegt. Unter den Großeltern war das Mädchenzimmer u. Bedientenzimmer hoch u. durchgehend u. richtig an der Thür u. Treppe gelegen. Über dem 1fenstrigen Jungfernzimmer war ein Durchbau: das Mädchenchor mit einer Treppe in die Jungfernstube. Beide hatten aber nur kürzeste Verbindung durch die Bedientenstube, was freilich nicht ganz sachgemäßig erscheint. Die Leute speisten in der sogenannten Kammerstube, unten links im Keller, dann Plettstube u. nun wiederum der Speiseraum bei zahlreicherer Dienerschaft. Die Garderobe war auch hoch u. nicht durchgebaut wie jetzt. Sehr schön u. werthvoll sind dann noch die Mahagoni Meubel in der Eßstube die alle über 100 Jahr alt der 4ten Generation dienen; Tische u. Stühle sind aus Mahagoni Vollholz; nur der Eßtisch ist von mir angeschafft von Mackenthun in Stralsund; ebenso der große in der Bibliothek – ein abgeänderter Billard – zu 40 Personen. Die Bibliothek od. große Gallerie ist von meinen lieben Eltern als Erinnerung an die große Zeit die sie erlebten, eingerichtet worden u. empfehle ich ihre Erhaltung der Pietät meiner Nachkommen. Die schönen Büsten der Feldherrn u. Könige u. ihrer Staatsmänner, bringen die Freiheitskriege u. die Erhebung Preußens zu Erinnerung u. die gegenüber stehenden Gruppen sind die sehr werthvollen u. seltenen Abgüße der in Marmor von dem Bildhauer Schadow in Berlin angefertigten Meisterwerke, die von König Friedrich Wilhelm IV als Kronprinz bestellt, im Zimmer der Königin Elisabeth sich befanden u. wohl auch noch dort sich befinden werden. Sie zeigen die Erneuerung der Sculptur u. der Kunst im allgemeinen, die im Anschluß an die Antike bei uns nach unserer politischen Erhebung durch Rauch u. Schadow, diese großen Meister ins Leben gerufen wurden. Die Büsten von Göthe, Schiller, Alexander von Humboldt u. Rauch über den Thüren, u. die von Blücher, Scharnhorst, Hardenberg u. Wilhelm v. Humboldt sowie die Friedr. Wilhelm III u. Fried. W. IV als Krönprinz (besonders schön) sind von Rauch. Von unserem Kaiser Wilhelm muß noch eine Büste aus d. Zeit der Freiheitskriege gesucht werden. Die Bücherwände sind zu hoch, so daß hier an eine Änderung gedacht werden muß, wobei dann auch die große Menge noch unaufgestellter Bücher, die sich noch in Kisten  z. Theil befindet, zu berücksichtigen sein werden.

Als besonders wertvoll erwähne ich auch noch die schönen Kupferstiche auf der Berliner Stube, die von meinem Großvater Bohlen stammen u. sich früher in schönen Vollmahagoni Rahmen mit einem Perlrand befanden, die noch zum Theil auf dem Boden liegen. Der Geschmack der Zeit konnte soweit gehen sie mit den jetzigen Goldkästen zu vertauschen! –

Zweier großer Oelbilder muß ich noch erwähnen: einmal, den Feldmarschall Schwerin – Originalbild – durch meinen Eltervater Bohlen auf der Auction in Schwerinsburg erstanden, in dem dort nach seinem glorreichen Tod vor Prag der Concurs über das Vermögen seines Schwagers, des Feldmarschalls ausbrach. Beide hatten … Krassow aus dem Pansewitzer Hause zu trauen; sie waren Schwestern. Schwein war ein Lebemann der eine eigene Schauspieler Truppe z. Zeiten hatte u. viel mehr ausgab als er hatte. Als Zeichen vormaliger Zeiten mögte ich hier erwähnen, was ich aus Herrn von Bohlens dem Historiografen eigenem Munde öfter erzählen gehört – daß, Schwerin, der in Anklam sein Regiment hatte als sein Schwiegervater in Pansewitz gestorben u. man ihm die Einsicht in sein Testament verweigerte, er mit einem Commando Unterofficiere sich über die Gränze machte um aus Pansewitz mit Gewalt das betreffende Aktenstück fort zu nehmen; er kam auch bis Stralsund, von wo aber der Besitzer v. Pansewitz benachrichtigt wurde u. nun vom dortigen Kommandanten eine Kavallerie Abteilung requirirte die den Überfall verhinderte. – Mit ihm dem alten Haudegen soll auch eine Beziehung zu dem 2ten großen Bilde bestanden haben: die sogenannte Äbtissin von Wackenitz, was sich noch im alten Haus befindet; sie war Äbtissin des Fräulein Klosters in Barth u. da damals Kenz ein beliebter Brunnenkurort war, so mögen ihre braunen u. Ihr kokettes Gebahren, das auch im Bilde augenscheinlich ist, dem alten Herrn es angethan haben. Das 3te große u. schönste Bild im schwedischen Kabinet – Ulricke Eleonore Königin von Schweden. Schwester Friedrich des Großen ist so viel ich gehört, ein Geschenk von ihr an den Eltervater, dem Generaladjutanten, gewesen. Das Original hängt in Berlin im Schloß in der sogenannten Rothen Gallerie hinter den braunschweigischen Kammern, wo ich es selber gesehn. –

Von den Glas u. Porzellansachen sind einige Stücke bemerkenswerth; alles ist altes Familieneigenthum. Das Service in Sevee mit Kornblumen, was überaus vollständig u. bei großen Diners gebraucht wird, stammt von meinem lieben Schwiegervater Below, der als Inspekteur der Bundesfestung es zollfrei aus Frankreich sich kommen ließ. Das chinesische Theesevice – Meißner – stammt vom Eltervater Bohlen; ebenso das mit runden Tassen – Berliner Fabrikat – ist ein Geschenk Friedrich II an ihn. Sehr werthvoll u. selten – nach Graf Behr Semlow – sollen die Vasen von Fayence weiß mit blauen Zeichnungen sein – die aus der Hyddenseer Fabrik bei Stralsund stammen, die im Besitz des Herrn von Giese – demselben dem Niederhof gehörte – in der Mitte des vorigen Jahrhunderts war. Von den Erben kaufte meine Eltermutter Niederhof Ende des vorigen Jahrhunderts. Auch die sind von Eltervater, ebenso wie die große AUSNEHMEND SCHÖNE Tischplatte in Emaille, die als Curiosium in der weißen Gallerie sich befindet. Das brasilianische Kabinet u. die Steinsammlung erwähne ich nicht weiter: erstere erhielt ich als Knabe vom Onkel Weitz=Eschen in Cassel u. letzteres war von meinem theuren Vater eingerichtet, aus dem was ich von der brasilianischen Reise mit dem Prinzen Adalbert v. Preußen heimbrachte, vermehrt noch durch Einiges was unser lieber Fried. Carl aus Egypten heimbrachte. Die Boa erlegte ich mit meinem Freund u.! Reisegefährten dem Grafen Oriolla, was sich ausführlich in meinen Reiseerinnerungen befindet. Wir verehrten die Haut dem Prinzen Adalbert dessen Gemahlin sie mir nach dem Tode des Prinzen schenkte. Die Tafel erwähnt die Sache. –

Das schöne große Ölbild v. Kaiser Wilhelm I das jetzt im Eßzimmer hängt, paßt ganz genau in die Nische im Königszimmer über dem Sopha; dort ist eigentlich wohl der richtige Platz; ich nahm es in das Eßzimmer wo ich mich täglich über das ähnliche Bild meines theuren alten Herrn u. Kaiser freute. In dem Königszimmer befinden sich noch 2 Schränke übereinander; der eine ist für die Ordens u. Ehrenzeichen gedacht die unsere u. auch fremde Potentaten den Gliedern unseres Geschlechtes verliehen haben. –

Nachdem ich nun Bericht über den Status quo unseres alten Familienhauses gegeben, mögte noch für die Zukunft einige Bemerkungen anschließen, über seinen baulichen Zustand u. über die wohl wünschenswerthen Veränderungen zu denen ich mich wegen der Kosten u. wegen meines Alters nicht entschließen konnte. –

Zuerst bemerke ich im Allgemeinen, daß die schweren geschleppten Schornsteine – die jetzt gar nicht mehr angelegt werden dürfen – sowohl den Flügel wie das alte Haus schwer belasten u. deren Entfernung eine wesentliche Verbesserung sein würden; nicht allein durch Entlastung des Gebäudes sondern auch bezüglich des Raumes der dadurch gewonnen würde für wirthschaftliche Bedürfnisse u. Wohnungsräume für die Dienerschaft. Trockenböden, Garderoben, Raum für Kleiderschränke u. Diener: resp. Mädchenzimmer würden sich dann nach Belieben herstellen lassen, was wegen der Entfernung zwischen Flügel u. Corps de logis an beiden Stellen wohl nöthig wird, um die Schleppereien z.B. auch der Meubel zu verringern. Das Erforderniß eines Trockenbodens sowohl im Flügel wie im alten Hause, eines erschließbaren Raumes für die unreine Wäsche, eines Gardmeubels auch im Flügel hat sich oft fühlbar gemacht. Nimmt man die Schornsteine fort u ersetzt sie durch russische Rohre, so ist eine Veränderung des Daches geboten. Die alten glasirten Pfannen des Flügels müßten durch ein Schieferdach ersetzt werden, weil sie meist schafhaft sind u. den … nicht mehr halten; nach jedem Sturm ist eigentlich Reparatur erforderlich; im alten Haus ist die ganze Eisenbekleidung unter dem Schieferdach verbraucht; auch diese müßte durch Schiefer ersetzt werden, was freilich auch wohl eine Änderung in der Holzconstruction erfordern würde, weil eine Biegung mit Schiefer wohl schwer herzustellen, wenigstens nie so haltbar sein wird, wie ein gerades Schieferdach. Wenn denn doch an eine so weitgehende bauliche Veränderung gegangen – wahrscheinlich werden sich auch schadhafte Balken ergeben, wie dieß z. B. in der Gallerie vielfach der Fall ist, so tritt die Frage ev. Heran, ob man nicht überhaupt sich zu einer weitgehenden baulichen Änderung entschließen will, die schon meinen lieben Vater u. auch mich beschäftigt hat, so daß schon Entwürfe u. Zeichnungen gemacht wurden u. ich einen Architekten auch aus Berlin vor Jahren kommen ließ dessen Vorschläge ich erwähnen werde. –

Es handelte sich um die sehr wichtige Schaffung einer direkten Verbindung zwischen Corps de logis u. Flügel, über der Gallerie fort, sodaß die Treppen erspart werden. Da, wie schon erwähnt, fast alle Balken in der Gallerie schadhaft sind auch der Windelboden, der eigentlich gar kein Windelboden ist – höchst leichtfertig ausgeführt worden, so daß auch schon mehrere Mal ganze Stücken des Deckenputzes herunter gefallen sind, mithin diese bedeutende Reparatur in kurzer Zeit nothwendig wird, so würde damit ein Neubau über der Gallerie sich verbinden lassen, indem man ein Mansarden=Stock aufsetzt, der nach Norden zu einen Corridor u. Verbindungsgang hat u. nach Süden eine beliebige Anzahl Stuben gestatten würde, wodurch dem Flügel der ihm so fehlende Raum für die Waschschränke u. ein gutes Mädchenzimmer geschaffen werden würde, u. dem alten Hause auch einige Fremdenzimmer zuwachsen könnten, die eigentlich recht nöthig sind, um eine große Familie wie die unsere, doch mit Kind u. Kegel zur Sommerzeit zusammen beherbergen zu können. Man würde aus dem Flügel, in der oberen Etage, das 3te Fenster der Westseite – jetzt zum Theil durch das Galleriedach verdeckt – Zum Ausgangspunkt des Corridors wählen u. damit in das gegenüberliegende Ostfenster des alten Hauses hineingehen, wo man in die kleine Vorratskammer u. dann direkt auf den Corridor gelangt. Über dem jetzigen Eßzimmer wäre für Mädchenstube u. Waschraum wohl der richtige Fleck u. zwar erstere unter Benutzung des Schornsteins für den Ofen, wärend die anderen Zimmer wohl durch Wasser u. Luftheizung erwärmt werden müßten – bis auf das was den Schornstein des alten Hauses benutzen könnte, für einen heimischen Kachelofen. Da die Zwischenwände möglichst leicht sein müßten, um die Galleriebalken nicht sehr zu belasten – ein Hängemaß für die Balken empfiehlt sich überhaupt – u. aus demselben Grunde die Aufführung russ. Rohre sich nicht empfehlen würde, so bin ich entschieden für Wasserheizung deren Anlage im Keller unter der Gallerie sich empfiehlt, wodurch auch diesen schwer heizbaren Räumen Abhilfe geschaffen werden könnte. Auch würde eine solche Einrichtung sich im alten Hause empfehlen wo die Kellerräume z. B. vor dem Weinkeller geeignet sein würden. Auch bei Feuergefahr u. gegen dieselbe ist Wasserheizung empfehlenswerth. Der Mansardenstock über der Gallerie würde sich im Styl an die Dächer des alten Hauses u. des Flügels harmonisch anschließen. –

Was nun den erwähnten Umbau anbelangt, so hatte ich mit dem Berliner Architekten nachstehendes beredet u. er mir einen Treppenthurm vorgeschlagen der an Stelle des Perons sich erheben sollte u. … würde:

  1. Bedecktes Einsteigen in den Wagen – vielleicht durch einen kurzen Glasschutz.
  2. Vergrößerung des Flurs, in dem die jetzige Hausthür u. das daneben befindliche Fenster zum Eingang vertieft, zwei Eingänge in den Treppenraum sowohl nach außen wie nach innen ergeben würde; ersterer würde da neu geschaffen werden durch den Neubau
  3. Erweiterung der zu engen Thür in das Eßzimmer durch Wegnahme von Mauerwerk.
  4. Herrschaftliches Zimmer über dem Treppenraum des Neubaus zum Rauchzimmer resp. Geweihsammlung u. Gewehrzimmer für den Herrn, mit Ausgang auf den Flur gegenüber meinem Zimmer.

Es würde sich alsdann von selbst ergeben:

  1. Verlegung des Bedientenzimmers in d. jetzige Mädchenstube u. Fortnahme des Durchbaues vielleicht mit einer eisernen Treppe nach der letzigen Thür um schneller nach oben zu kommen.
  2. Ausgang aus dem Jungfernzimmer nach der sogenannten Kammer u. Einrichtung eines weißen Corridors für die Jungfer.
  3. Verlegung der Treppe aus der jetzigen Mädchenstube in d. Jungfernstube, wie sie schon früher war u. ev. Entfernung der Durchbauten über dem Jungfernzimmer u. der Garderobe.

Zur Erwägung stelle ich schließlich: ob wenn so große bauliche Änderungen beschlossen werden nicht die Erhöhung von Flügel u. d. alten Hause um einige Fuß Mauerwerk sich empfehlen würden? Dann würden die Stuben der unteren Etagen ungemein gewinnen; Das Mauerwerk ist stark genug u. wenn die Dachconstruction u. Balkenlage erneuert werden müssen, resp zu verändern sind, so würde doch so ziemlich alles über dem Mauerwerk heruntergenommen werden müssen. Außerdem sind sämtliche Fenster der oberen des alten Hauses u. auch theils im Flügel, erneuerungsbedürftig nachdem sie über 1 1/2 Jahrhundert gedient haben; da würde eine Erhöhung der Fensterlöcher sich empfehlen wenn doch neue Fenster gemacht werden müssen.

Was nun die früheren Pläne bezüglich Umbaus u. wohnlicheren Veränderungen anbelangt, so will ich noch folgendes erwähnen. Mein Großvater Bohlen soll die Absicht gehabt haben, die Ausrundung im alten Hause nach dem Hof auszubauen, wofür ein im Archiv befindlicher Plan zu einem Balkon zu sprechen scheint. –

Mein lieber Vater hatte die Idee eine Verbindung zwischen Flügel u. Corps de logis durch eine eiserne Gallerie herzustellen, die auf der Nordseite der Bibliothek, in Fensterhöhe entlang gehend, vom Peron aus bis an das alte Haus u. dann mit einer Wendeltreppe nach oben gehend, gedacht war. Ein unfertiger Plan mit Zimmereintheilung über der Gallerie befindet sich auch noch im Archiv.

Wenn ein Umbau stattfinden soll, so bemerke ich noch schließlich, daß ich als dann die Benutzung des Regenwassers von den Dächern empfehlen mögte, zur Anlegung von Reservoiren; wenigsten auf den Böden des alten Hauses u. des Flügels, von wo aus man durch einfache Anlage eines Feuerhahns oben u. durch eine Rohrleitung in die Etagen wenigstens zu Zeiten Wasser sich verschaffen kann; endlich würde das Werk eines Neubaues gekrönt werden müssen durch Telegrafen, Telephone u. Beleuchtung neuester Systeme oder Heizungen. Zu alle dem wünsche ich meinen lieben Nachkommen Einsicht Weisheit u. vornämlich einen vollen Beutel, zu alle dem aber Gottes Segen u. daß sie das biblische Wort bedenken mögen „den Thurm nicht anzufangen ohne Überlegung der Kosten“.

F. Bismarck:Bohlen

General Adjutant.

Die Familie Bismarck-Bohlen, die Zarnekower Kirche und andere Geschichten

In diesem Beitrag soll neben den Begebenheiten und Einträgen, die sich in Carolines Lebensbeschreibung oder im Hausbuch der Bismarck-Bohlen in Bezug auf die Zarnekower Kirche finden, auch Pastor Siegfried Barsch zu Wort kommen, der von 1959 an bis in die Wendezeit hinein in Zarnekow als Seelsorger tätig war. Die Chronik der Kirchgemeinde Zarnekow 1729 bis 1946 und weitere Dokumente aus dem Kirchenarchiv wurden ebenfalls hinzugezogen, wofür ich Pastor Rau herzlich danke.

Da diese Schilderungen ganz unterschiedlicher Natur sind, ergibt sich eine Vielfalt von Notizen und Episoden, die teils Bezug zu der Familie Bismarck-Bohlen, teils Bezug zur Zarnekower Kirche haben. Ein historischer Abriss ist nicht beabsichtigt.

Die Kirche wurde in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts erbaut, 1415 erstmals erwähnt, und hat seitdem einige Veränderungen erlebt. Z. B. wurde der Turm, nachdem er 1584 wegen Baufälligkeit abgebrochen werden musste, erst 1892 wieder errichtet und zwar u. a. mit einer Spende des Dieners der Bismarck-Bohlen, Heinrich Holst aus Karlsburg, zuletzt Kastellan in Niederhof, der 1892 sein Vermögen dem Grafen Friedrich von Bismarck-Bohlen vererbte.

An der Nordseite des Turmeingangs befand sich eine Marmortafel, die heute im Innenraum des Kirchturms in die Wand eingelassen ist, mit folgender Inschrift:

Kastellan H. Holst, 44 Jahre im Dienst zu Carlsburg, gestorben am 26. Januar 1892, hat durch Vermächtnis Veranlassung zur Wiedererrichtung des Thurms gegeben, der seit 300 Jahren der Kirche gefehlt hat.
EHRE SEINEM ANDENKEN!
Hagai, 8: gehet hin u. bauet Das Haus, das soll Mir angenehm sein u. will meine Ehre erweisen, spricht der Herr.

Für die Zarnekower Kirche stifteten schon im 17. Jahrhundert Ernst von Normann, Besitzer der Karlsburger Güter, und seine Frau Eva von Tribsees (Tribbesehs) einen Sandsteinaltar. Beide Namen stehen links und rechts auf dem oberen Ende der äußeren das Abendmahl einrahmenden Säulen unterhalb der Familienwappen.

Der aus Sandstein gefertigte Altar:
Er hat ein Gedechtnis gestiftet seiner Wunder der gnedige und barmherzige Herr. Psa. III

Eine Grabplatte aus Kalkstein erinnert ebenfalls an die Familie von Normann, die übrigens auch Vorfahren der Caroline von Bohlen (1798-1858) waren. Maria Lucretia von Normann heiratete 1679 Christoph von Bohlen.

Eines der Kirchenfenster
Ein weiteres Kirchenfenster

Einige Informationen zur Historie lesen sich in der Chronik der Kirchengemeinde Zarnekow folgendermaßen:

Anno 1732 diese Kirche zu Zarneckow oben an allen Balcken vorgeschossen, das meiste vom Dach neu gelegt, beyde Giebel ausgebessert und abgeweisset[,] dazu auch innenwendig gäntzlich ausgeweisset, und die Fenster mit blau und gelbe ausgezieret.

Anno 1741[,] da das Kirch Spiehl ein belieben getragen[,] eine kleine Kirchen Glocke anzuschaffen durch einen milden Beytrag. So ist auch solches bewerkstelligt: und wieget diese Glocke 282 Pfund und kostet mit allen Unkosten 98 Rht 40 Gr. Hierzu hat die Land Collecte gebracht 75 Rht., das Übrige hat das Kirch Spiehl zusammen gebracht. Diese Glocke ist den 3. Advent eingeweihet und zum ersten Mahle zum Dienste Gottes gebraucht worden. Der liebe Gott bewahre sie vor Unglücks Zufälle.

Die Zarnekower Kirche wurde von der Familie von Bohlen zu den Gottesdiensten regelmäßig, sofern sie sich in Karlsburg aufhielten, besucht. Das geht aus den Briefen von Caroline und Theodor hervor, aber auch Friedrich von Bismarck-Bohlen schrieb seiner Frau des öfteren, dass er – oft auch mit den Kindern – zur Kirche gefahren sei und dass die Predigten mal sehr gut, mal ziemlich schlecht und unbedeutend gewesen seien.

Die Bohlensche Gruft unter der Kirche zeugt ebenfalls von der engen Verbindung zur Zarnekower Kirche. Hier wurde auch Carolines Vater, der Reichsgraf Friedrich Ludwig von Bohlen, 1828 beigesetzt. Es sollte die letzte Beisetzung in der Gruft sein. Einzig bis zur Fertigstellung der Begräbniskapelle in Steinfurth wurde Carolines aus Venedig überführter Sarg ebenfalls in der Gruft abgestellt.

Dazu heißt es in der Chronik: Anno 1858 starb am 14.1. in Venedig Carolina Elisabeth Agnes Sophie geb. Gräfin von Bohlen, Ehefrau des Grafen von Bismarck=Bohlen auf Carlsburg im Alter von 59 Jahren an der Schwindtsucht. 4 Wochen wurden Mittags die Glocken geläutet. Am 24. July 1859 wurde die Verstorbene in der auf dem Kirchhof zu Steinfurth neuerbauten Kapelle beigesetzt.

Das Engagement mehrerer Generationen der Bismarck-Bohlen zeigt die tiefe Verbundenheit mit ihrer Kirchgemeinde. Caroline erwähnt in ihrer Lebensbeschreibung mehrfach die Fahrten nach Zarnekow zum Gottesdienst oder ins Pfarrhaus.

Bei einer Rückkehr von Niederhof, ward über Zarnekow gefahren, im Pfarrhause ausgestiegen, in des Pastors bester Stube war das Tischchen gedeckt, mit dem Kranz darauf, der Bräutigam (der Erzieherin) empfing uns, die Trauung ging vor sich u der Ehebund war en passant geschlossen.

1812 D. 10ten Januar starb mein Großvater u wir gingen nach Carlsburg. Den 14ten war das Begräbniß (des Großvaters) in der Kirche zu Zarnekow, was ich mit angesehen habe, meine Mutter war aber nicht mit.

Albert August Schulz
Pastor zu Zarnekow von 1797 – 1838
der zehnte Pastor nach der Reformation

D. 23ten Februar (1813) fing mein ReligionsUnterricht beim guten Pastor Schulz in Zarnekow an, ich erhielt im Ganzen 14 Stunden, legte am 11ten April dem Palm Sonntage mein Bekenntniß ab, was er mir aufgesetzt, meine Großmutter war dazu gekommen, u den 18ten am heiligen Osterfest ging ich zum ersten Mal mit meinen Eltern u meiner Großmutter zum heiligen Abendmahl. Ich gedenke jedes Mal[,] daß ich wieder vor diesen Altar trete, jener ersten Feier u jedes Mal mit größerer Andacht u größerer Dankbarkeit.

Am 12. November 1816 wurde die Hochzeit der Schwester Julie mit Carl Lazarus Henckel von Donnersmarck im Karlsburger Schloss gefeiert, Pastor Schulz hielt die Traurede.

Auch im Hausbuch der Grafen von Bismarck-Bohlen werden Kirche und Pfarrhaus einige Male erwähnt, obwohl die Wrangelsburger Adligen, zunächst der Generalgouverneur für Schwedisch-Vorpommern, der schwedische General von Wrangel, und später dann die nachfolgenden Besitzer von Wrangelsburg, das Patronat der Zarnekower Kirche inne hatten. Aus den Eintragungen erfährt man, dass die gräfliche Familie sich auch für die Erhaltung von Pfarrhaus und -garten zuständig fühlte:

1838. Im Herbst d. J. wurde der Pastor Schultz zu Zarnekow, nachdem er über 40 Jahr im Amte gewesen, zur Ruhe gesetzt, und der Pastor Cornelius aus Netzelkow wurde Nachfolger.

1840. das Pfarrhaus zu Zarnekow fast ganz durch gebauet, neue Fenster, Öfen etc., bedeutend verlängert. Auch die Hofgebäude stark reparirt.

1838. Neue Brunnen und Pumpe, im Pfarrhaus zu Zarnekow.

1858/59. Die alte vBohlensche Familien Gruft in der Kirche zu Zarnekow, war gänzlich ausgefüllt von Särgen, ganz niedrig und dunkel und ich beschloß, auch da durch meine Frau und mich, eigentlich eine ganz neue Familie gegründet wurde, zugleich aber auch, um ihr[,] der so heißgeliebten[,] eine würdige Ruhestätte, mit einer Stelle an ihrer Seite und meinen Nachkommen eine gemeinschaftliche, geräumige und freundliche Gruft herzustellen, den Bau der Capelle, welchen ich unter Gottes gnädigem Beistand, dies Jahr glücklich vollendet.

1861/62. Für die Kirche zu Zarnekow wird im Frühling eine neue Orgel angeschafft.

1877. Die uralte Glocke in Zarnekow gesprungen.

Die Zarnekower Kirche ohne Kirchturm

1889 Mein Bruder war nach dem Tode seiner geliebten Frau, die ihm Alles in Allem war, wie umgewandelt, u fand er, in seinem ernsten, religiösen Sinn, durch den Umbau der Kirche in Zarnekow eine ihm willkommene Beschäftigung. Den Anstoß dazu gab auch noch ein Vermächtniß seiner verstorbenen Frau, zu deren Andenken, der Wittwer und die Kinder, das schöne Kirchenfenster, hinter dem Altar stifteten. (Eintrag der Caroline von Malortie, Schwester von Friedrich von Bismarck-Bohlen)

1890 Ist der Umbau vollendet u wird durch ein großes Missionsfest in Carlsburg bei strömenden Regen gefeiert.
Ein Legat von 25,000 M. was der alte Diener Holst für den Thurmbau der Zarnekowkirche bestimmte, ward von meinem Bruder ausgeführt.

Das von Friedrich von Bismarck-Bohlen und seinen Kindern gestiftete Altarfenster:

Rechterhand ist der weiter unten beschriebene Messingleuchter
Sei getreu bis in den Tod. So will ich Dir die Krone des Lebens geben.
Der Kirche in Zarnekow gewidmet im Andenken an Gräfin Pauline v. Bismarck-Bohlen geb. v. Below, der liebevollsten Gattin und besten Mutter von ihrem Manne, ihren fünf Kindern u. vier Schwiegerkindern zum 19. Juli 1890

Die Glasmalerei im Ostfenster wurde 1890 nach einem Gemälde von Rafael “Verklärung Christi” bei dem Berliner Königlichen Institut für Glasmalerei von der gräflichen Familie in Auftrag gegeben.

1892 wurde der Bau des Turmes vollendet.

1901 Als bleibendes Andenken hat Lenchen in Zarnekow eine Thurmuhr mit Schlagwerk gestiftet, deren Klang die Leute an ihre treu sorgende Herrin erinnern wird! Gott wolle seinen Segen ruhen laßen, auf der Arbeitsstätte die Lenchen verläßt. O möge sein Segen sie begleiten mit dem neuen Arbeitsfeld welches sich ihr in Niederhof erschließt!

Die von Helene von Bismarck-Bohlen gestiftete Thurmuhr
Dieses Schild ist in der Glockenstube der Zarnekower Kirche angebracht.

Drei Glocken beherbergt der Kirchturm.

Das Glockengestühl

Die Inschriften auf den Glocken lauten:

  1. Die große Glocke:

CELLISSIMI COMITIS AC HEROIS DOMINI A BRAHE, PATRONI ECCLESIAE ZARNECK: SPLENDIDISSIMI IUSSU, PROMOTIONE GENEROSISSIMI DOMINI A RAMM, VICE PATRONI DIGNISSIMI, HAEC CAMPANA RESTITUTA EST ANNO MDCCLXV, ME FECIT. GOTTLIEB METZGER STRALSUND

Auf Anordnung des hocherhabenen Grafen und Heros von Brahe des hell strahlenden Patrons der Kirche von Zarnekow, und unter Förderung des hochherzigsten Herrn von Ramm als ihres hochwürdigsten Patrons ist diese Glocke im Jahr 1765 wieder hergestellt worden. Mich machte Gottlieb Metzger, Stralsund

2. Die mittlere Glocke

Inschrift im Spruchband vorn: JESUS CHRISTUS GESTERN UND HEUTE UND DERSELBE AUCH IN EWIGKEIT Inschrift im Spruchband hinten: HEBR. 13,8 Inschrift im Spruchband in der Mitte: GEOPFERT FÜR DEUTSCHLANDS WEHR NEU ERSTANDEN ZU GOTTES EHR

3. Die kleine Glocke:

Inschrift im Spruchband vorn: Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, daß der König der Ehre einziehen. Inschrift im Spruchband hinten: PS. 24,7 Inschrift an der Seite: 1937

Im Jahre 1688 wurde eine alte Glocke aus Steinfurth nach Zarnekow gebracht, die, wie im Hausbuch vermerkt, 1877 zersprang. Ihre Inschrift:

O REX GLORIE CHRISTE VENI CUM PACE

Auf der neuen Glocke wurde diese Inschrift wieder angebracht.

Die Grüneberg-Orgel

1861 kaufte die Kirchgemeinde eine Orgel mit Pedal bei dem Orgelbauer Grüneberg in Stettin. Auch im Hausbuch erscheint darüber ein Eintrag, sodass anzunehmen ist, dass sich die Bismarck-Bohlen daran finanziell beteiligt haben.

Im Laufe der Zeit hat auch sie einiges durchgemacht: 1917 mussten die Metallpfeifen als Kriegsmaterial abgegeben werden. 1924 werden die Prospektpfeifen sowie zwei Register erneuert. 1946 wurde die Orgel von der Firma Sauer durchgesehen und 1954 erhielt sie zwei neue Register und möglicherweise auch den Motor. Seitdem wurde und wird die Orgel regelmäßig gewartet.

ln einem Gespräch mit Pastor Barsch, der von 1959 bis 1996 der Zarnekower Gemeinde vorstand, erfahre ich viele Neuigkeiten über das Leben in der Gemeinde aber auch einiges über die Familie von Bismarck-Bohlen. Die Trauung der Tochter von Fritz Ulrich und Auguste Viktoria, Oriana mit Franz Adalbert von Rosenberg, wurde nicht von dem damaligen Zarnekower Pastor vorgenommen, sondern von einem Geistlichen der bekennenden Kirche, deren Mitglied der Graf war.

Dazu heißt es in den Aufzeichnungen des Pastors Gurr: für Gottesdienste hat Herr Graf v. B. B. Karlsburg, nach jederzeit wiederruflicher Vereinbarung seine in Steinfurth befindliche Familienkapelle zur Verfügung gestellt. … Die gräflich von Bismarck-Bohlen’sche Herrschaft dagegen glaubte auf die Seite der sogenannten bekennenden Kirche treten zu müssen. Sie verweigerte freilich niemals z.B. die Anerkennung der Verfassung der Deutschen Evangelischen Kirche vom 11. Juli 1933 u. es wurde durch die Gutsverwaltung nach wie vor die Kirchensteuer gezahlt. Aber andererseits wurden kirchliche Handlungen in der Familie, – Konfirmation der Söhne, Trauung der ältesten Tochter, Beisetzung der Gräfin-Mutter, – durch andere Geistliche vollzogen ohne irgend welche Meldung an das zuständige Pfarramt.

Zu DDR-Zeiten besuchten einige Nachkommen der Familie von Bismarck-Bohlen Karlsburg und suchten bei dieser Gelegenheit den Kontakt zu Pastor Barsch und seiner Frau Helga, welche auch die Steinfurther Begräbniskapelle betreuten. Vom 20. – 24.05.1985 war Oriana von Rosenberg geb. Bismarck-Bohlen mit Jürgen von Bismarck in Karlsburg, verabredete sich mit der Familie Barsch und trug sich in deren Gästebuch ein. Dort findet sich auch ein Eintrag von Viktoria Roland, der jüngsten Tochter von Fritz Ulrich und Auguste Viktoria, die sich in der Zeit vom 27.09. – 03.10.1988 hier aufhielt. Und kurz nach dem Mauerfall besuchten Adalbert von Rosenberg mit seiner Frau Heidi ebenfalls den Ort, wo er in seiner Kindheit oft seine Ferien verbracht hatte. (16.-17.02.1990). Alle bedankten sich herzlich bei der Familie Barsch für die freundliche Aufnahme und Gastfreundschaft. Auch Briefe von Theda von Quistorp geb. von Falkenhayn, die Schwester von Auguste Viktoria, an Helga Barsch finden sich im Memorabilienbuch. Sie hielt den Kontakt, da sie bei Barschs die Pflege des Friedhofs in Auftrag gegeben hatte.

An alle diese Nachkommen wird auf Grab- oder Gedenksteinen auf dem Steinfurther gräflichen Friedhof erinnert.

Oriana geb. Gräfin von Bismarck-Bohlen
Viktoria geb. Gräfin von Bismarck-Bohlen
Adalbert von Rosenberg

Nach 1945 war Hugo Lembke bis zu seinem Eintritt ins Rentenalter Pfarrer in Zarnekow. Er wohnte zunächst im Kirchturm, denn die Wohnungsnot war groß. Im ersten Stock war das Wohnzimmer mit einem noch kleineren Raum nebenan, der als Küche diente, mit Kochmöglichkeit und Ofen ausgestattet. Es gab kein Wasser und auch keine Toilette. Im zweiten Stock war das Schlafzimmer, quasi neben dem Glockenstuhl gelegen. Aus heutiger Sicht ausgesprochen spartanisch aber irgendwie auch romantisch. Das Pfarrhaus, das nach dem Krieg abgebrannt war, wurde in seiner Zeit neu errichtet.

Das Pfarrhaus
Das Pfarrhaus am Ostersonntag 2022

Nach Pastor Lembke zog die Familie Fisch in den Turm ein. Er war Zimmermann und hat tatkräftig beim Umbau des Kircheninneren geholfen. Z. B. hat er aus Teilen der gräflichen Emporen, die aus der Kirche entfernt worden waren, die Orgelempore erweitert, sodass heute auch der Kirchenchor oder der Posaunenchor Platz hat.

Das Porträt von Siegfried Barsch wurde von Horst Zilm in Auftrag gegeben. Der Künstler ist Michael Hädrich.

Von 1959 bis 1996 war Siegfried Barsch Pastor in Zarnekow, seine Frau Helga Kirchenmusikerin und Katechetin. Beide kamen aus Anklam, er besuchte dort die Oberschule und war von zwei Oberschulklassen der einzige, der nicht in die FDJ (Freie Deutsche Jugend) eintreten wollte. Da er ob seiner Überzeugung auch nach vieler Agitation seitens der Schulleitung nicht Mitglied werden wollte, versuchte man es über den ökonomischen Hebel. Da sie sieben Geschwister waren, mussten die Eltern kein Schulgeld zahlen. Das ändert sich nun. Zunächst verlangte man 10 Mark im Monat und als das nichts half, erhöhte man auf 20 Mark, strich also die Schulgeldbefreiung, was sich die Eltern jedoch nicht leisten konnten. Der damalige Anklamer Superintendent organisierte dann vom Hilfswerk der Kirche 200 Mark, so dass Siegfried Barsch das Abitur doch noch erfolgreich 1951 ablegen konnte. Anschließend studierte er Theologie in Greifswald. Wie bei allen anderen Studentinnen und Studenten gehörte auch bei den Theologen das Fach Marxismus-Leninismus zum Stundenplan. In der Zeit 1951/52 schrieben die Studierenden unter die in diesem Fach abgelegten Klausuren: “wir geben hiermit unser Wissen wieder, aber nicht unsere Meinung.” Nach bestandenem Examen, schon als Vikar arbeitend, wurde ihm die Pfarrstelle in Zarnekow angeboten, die er dann im Januar 1959 antreten hat.

In den ersten Jahren seiner Amtszeit begann er mit dem oben erwähnten Herrn Fisch, die Kirche von den mit brauner Farbe gestrichenen Emporen der Adligen, die sich auf beiden Seiten über dem Altar erstreckten, zu befreien, da diese das Innere sehr verdunkelten und vor allem ziemlich marode waren. Auch eine zusätzlich eingezogene Decke musste entfernt werden, da sie von Schwamm befallen war.

Eine Ansicht des Innenraums, wie er schon im 19. Jahrhundert ausgesehen haben muss, zumindest vor 1890, da das Ostfenster noch nicht ausgetauscht worden war.
Die erhöhte Kanzel mit Schalldeckel
Der von der erhöhten Kanzel erhaltene Kanzelkorb
Der aus Sandstein gefertigte Altar:
Er hat ein Gedechtnis gestiftet seiner Wunder der gnedige und barmherzige Herr. Psa. III
unter dem Relief links:
ICH HAB ES VON DEM HERREN EMPFANGEN ▪︎ DAS ICH EUCH GEGEBEN HAB DENN DER HERR JESUS IN DER NACT ▪︎ DA ER VERRATEN WART NAHM ER DAS BRODT DANCKET UND BRACHES UND SPRACH ▪︎ NEMET ESSET DAS IST MEIN LEIB DER FUR EUCH GEBROCHEN WERT SOLCHES TUT ZU MEINEM GEDECHTNIS;
unter dem Relief rechts:
DESSELBIGEN GELICHEN AUCH DEN KELCH NACH DEM ABENDMAHL UND SPRACH DEISER KELCH IST DAS NEWE TESTAMENT ON MEINEN BLUT SOLCHES THUT SO OFFT IHRS TRINCKET ZU MEINEN GEDECHTNIS I ▪︎ COR ▪︎ II ▪︎ U ▪︎ Z3 ▪︎ ETSEG

Das Altarbild von 1622 war mit dem Mauerwerk verbunden. Ein Anklamer Steinmetz wurde beauftragt, dieses Kunstwerk aus Sandstein von der Wand zu lösen. Der Altar wurde neu aufgebaut, mit Sandsteinplatten verkleidet und darauf das Altarrelief gesetzt und stabilisiert. Durch zwei Stufen entstand ein Altarraum, auf einer dritten wurde der frei stehende Altar errichtet.

Blick von der Orgelempore

Ein Kaselkreuz, was anscheinend 1612 als Antependium umgestaltet worden war, wurde ebenfalls von der Familie Normann gestiftet. Es ist heute in der landesgeschichtlichen Dauerausstellung des Pommerschen Landesmuseum zu besichtigen.

Der Altar mit Antependium

Die Geschichte des Gemäldes “Anbetung der Hirten” von Gerrit van Honthorst gleicht einem Krimi.

Das Original wurde der Pantelitzer Kirche von Hugo von Mecklenburg auf Pantlitz als Altarbild gestiftet.

Nachdem die Arbeiten an der Kirche abgeschlossen waren, sah man sich mit einem ziemlich kahlen Raum konfrontiert. Da erhielt Siegfried Barsch vom dem damaligen Kirchenbaurat den Hinweis, dass in Pantelitz bei Ahrenshagen eine Kirche gesprengt werden solle. Dort befände sich ein Gemälde von Gerrit van Honthorst, welches in der Zarnekower Kirche seinen Platz finden könne. Dieses Angebot nahm Pastor Barsch gerne an. So fuhr er mit einem Pritschenwagen in das Dorf. Die Kirche war offen, das Bild fand er inmitten von Schutt und Schmutz an der Wand lehnend, die Leinwand war durchgetreten. Den Anblick, sagte er, werde er nie vergessen. Er habe es dann dem Stralsunder Kunstmaler Erich Kiefert übergeben, der es gereinigt, mit einer Hartfaserplatte stabilisiert und mit Honigwachs gefestigt habe. Kaum hing das Gemälde in der Kirche, meldete sich der Gemeindekirchenrat von Pantelitz, er wolle es zurückhaben, da die dortige Kirche doch nicht gesprengt werden solle. Damit war Siegfried Barsch nun gar nicht einverstanden und man einigte sich, indem ein Leihvertrag über 25 Jahre verabredet wurde. Nachdem die 25 Jahre verstrichen waren, wurde das Bild genau untersucht und dann restauriert. Heute hängt es im Pommerschen Landesmuseum. Sowohl die Kirche in Pantelitz als auch die in Zarnekow erhielten jeweils eine Kopie des Gemäldes. Siegfried Barsch nahm die Darstellung der heiligen Familie immer wieder freudig zum Anlass, Momente des Gemäldes in seinen Predigten am Heiligabend aufzunehmen.

Nach Umgestaltung und Renovierung der Kirche in den 1960er Jahren wurden das schmiedeeiserne Kreuz und die beiden Leuchter auf dem Altar beim Karlsburger Schmied Rudolf Lucht in Auftrag gegeben.

In der Kirche befand sich auch ein in die Wand eingelassener Altarschrein mit einem mittelalterlichen Christus auf der Innentür, den Pastor Barsch ebenfalls in Stralsund von dem Restaurator Todemann aufarbeiten ließ. Nach der Fertigstellung wurde der Schrein nicht wieder in die Wand eingesetzt.

Auch die Episode über das Auffinden der Altarleuchter aus Messing, gestiftet von Caspar Aufing 1733, ist erzählenswert. Pastor Barsch fand sie auf dem Dachboden, wo sie als Auffanggefäße für Regenwasser benutzt worden waren. Sie sahen so unansehnlich aus, dass man kaum ihre eigentliche Funktion erkannte. Nach gründlicher Reinigung kam ihre ursprüngliche Schönheit wieder zutage und sie sind noch heute bei festlichen Anlässen zu bewundern.

Die Zarnekower Kirche wurde Ende der 1980er Jahre restauriert, bekam ein neues Dach, der Kirchturm, der ursprünglich mit Schiefer gedeckt war, wurde mit Kupferplatten belegt. Auch die Thurmuhr wurde restauriert. Das nötige Geld kam aus verschiedenen Quellen: die LPG gab 15000, das Zentralinstitut 10000, 5000 Mark kamen von der Gemeinde. Kleiderbasare, gesammelt und gespendet von der Hamburger Partnergemeinde, zum jährlich veranstalteten Turmfest brachten ebenfalls Spendengelder.

Zu einigen der Karlsburger Institutsdirektoren hatte Siegfried Barsch ein gutes Verhältnis wie zu Prof. Gerhard Mohnicke oder Doz. Dr. med. habil. Hans-Georg Lippmann. Beide unterstützten ihn bei der Krankenhausseelsorge, die in der DDR nicht gern gesehen wurde. Seelsorge sollte nur in Anspruch nehmen können, wer dies bei der Stationsschwester vorher anmeldete. Dann erst wurde der Pastor angerufen. Aushänge in der Klinik z. B. waren nicht mehr erlaubt. Die beiden oben genannten Direktoren setzten sich über diese Anordnungen hinweg und ließen Siegfried Barsch in gewohnter Weise seine Arbeit machen.

In den 37 Jahren seiner Amtszeit wurden ihm auch höhere Ämter innerhalb der evangelischen Kirche angeboten. Dazu hätte die Familie aber nach Wolgast bzw. Greifswald umziehen müssen und Helga Barsch hätte ihre Arbeit aufgeben müssen. “Uns gab es nur im Doppelpack”, meinte das Ehepaar mit einem Lächeln. Nicht zuletzt hielt sie auch die innige Verbundenheit mit den Menschen der Zarnekower Kirchengemeinde von einem Ortswechsel ab.

In der Wendezeit initiierte Siegfried Barsch jede Woche einen Gesprächskreis, was von den Bewohnern der Gemeinde, ob kirchlich gebunden oder nicht, gern angenommen wurde. Daraufhin trat man an ihn mit dem Vorschlag heran, doch für die Karlsburger Gemeindevertretung zu kandidieren.

An Herrn von Rosenberg schrieb er: Die letzten Wochen standen natürlich auch im Banne der ersten freien Kommunalwahlen, die wir nun glücklich hinter uns gebracht haben. … Ich bin als Parteiloser, der ich auch bleiben will, unter dem Dach bzw. auf der Liste der CDU angetreten. Dazu kamen noch einige Gleichgesinnte, die es ebenfalls für erforderlich hielten, gegen die PDS zu kandidieren. Mir ist viel Vertrauen entgegengebracht worden, sodass ich wohl die meisten Stimmen erhalten habe. Dadurch hat die CDU neun Sitze von fünfzehn erhalten und stellt den Bürgermeister und den Rat der Gemeinde Karlsburg. Als Bürgermeister zu fungieren, hatte ich nie die Absicht. Das Siegfried Barsch die meisten Stimmen bei dieser Kommunalwahl bekam, zeigt nochmals seine besondere Verbundenheit mit den Dorfbewohnern.

1992 lud die Kirchengemeinde zum 700-Jahrfeier der Kirche ein. Wie oben schon erwähnt, ist ein genaues Datum der Fertigstellung nicht auszumachen. Immerhin war der Turm, wenn auch ungleich jünger, 1892 erbaut worden, also konnte 1992 ein hunderjähriges Jubiläum gefeiert werden. Jedes Jahr findet seit vielen Jahren im Sommer ein Turmfest statt. Nach 1990 wurden sowohl das Pfarr- als auch das Gemeindehaus umfassend renoviert bzw. erneuert. Sicherlich ist die Instandhaltung des kirchlichen Gemäuers auch weiterhin eine unendliche Geschichte.

Das Gelände der ehemaligen Karlsburger Mühle und die Familien, die dort lebten

Das Gelände der ehemaligen Karlsburger Mühle liegt zwischen Steinfurth (diesseits der B109) und Karlsburg. Sowohl für die Steinfurther als auch für die Karlsburger war dieser Ort schon immer ein beliebtes Ausflugsziel. Man konnte und kann dort wunderbar picknicken oder im Spätsommer von den alten Obstbäumen, wie Apfel, Birne und Pflaume, naschen.

So oder ähnlich könnte die Karlsburger Mühle ausgesehen haben (Mühle in Greifswald-Wieck)

Der Hügel, auf dem die ehemalige Mühle stand, die schon im 1. Weltkrieg, da sie baufällig war, abgerissen wurde, ist mittlerweile mit hohen Bäumen bewachsen und mit Brombeersträuchern überwuchert. Wo genau die Mühle oder auch das Transformatorenhäuschen stand, kann man nur noch erahnen.

Der Hügel, auf dem ehemals die Karlsburger Mühle stand

Ein zerborstener Mühlstein liegt noch im Unterholz.

Dicht beisammen: 3 verschieden große Mühlsteinteile

1 die Hälfte eines Mühlsteins 2 ein Drittel Mühlstein 3 ein Bruchstück von dem Mühlstein

Sie war zwischen 1704 und 1733 auf der damals kahlen Höhe des “Witten Bargs” errichtet worden. Caspar Aufing wird 1733 zuerst als Müller genannt. 1760 lebt auf “Gnatzkowmühl” der Windmüller Johann Friedrich Köhler mit Frau und zwei Kindern. In seinem Dienst stehen ein Müllerbursche, ein Dienstmädchen und ein Junge. Das genannte “Verzeichniß” enthält als Bewohner außer dem älteren Müllerehepaar Volckmann mit einem kleinen Sohn auch die vierköpfige Familie des Sohnes David, der seinem Vater höchstwahrscheinlich in seinem Gewerbe folgte, ferner, wohl als Knecht und Magd auf dem Mühlenhof, Michel Pollin und Maria Schmidten. Eine Vorpommernkarte von 1803 zeigt neben dem Windmühlensymbol lediglich ein Gebäude in noch waldreicher Umgebung. Der Blick auf die Mühle wurde später von den Kiefernforsten behindert … 1904 wird der Mühlenpächter Melms von Johann Schmechel aus Hohendorf abgelöst, und dieser wird hier der letzte Müller gewesen sein. (Egon Brauns: Karlsburg: Von der Vergangenheit eines Dorfes, S. 38).

In den zwanziger und dreißiger Jahren war aber die Schweinezucht in Karlsburg außerordentlich erfolgreich und weithin bekannt. Anfangs hatte diese ihren Sitz auf dem vormaligen Mühlengehöft Viktoriahof unter Schweinezuchtmeister Konrad Piper. Später wurde sie nach Karolinenhof verlegt, wo unter Leitung von Fritz Piper am 1. Oktober 1935 etwa 600 Zuchttiere gehalten wurden. (Ebenda, S. 76)

In dem Memorabilienbuch der Zarnekower Kirche, von Pastor Siegfried Barsch gesammelt, findet sich ein Text “Einiges von Land und Leuten im Kirchspiel Zarnekow”, von dem Prediger Adamy aus Krien zusammengestellt. Darin werden auch die zur Kirche gehörigen Ortschaften aufgelistet, u.a. Gnatzkowmühl 1759.

Der Viktoriahof, im 20. Jahrhundert wohl so genannt nach der jüngsten Tochter von Auguste Viktoria und Fritz Ulrich von Bismarck-Bohlen, wurde 1886 errichtet mit dem aus dem 17. Jahrhundert stammenden Stall und der um 1900 erbauten Scheune.

Ansichten des Mühlengehöfts
Der Viktoriahof, rechts das Wohnhaus, 1886 erbaut, dahinter aus dem 17. Jahrhundert der Stall und die Scheune, 1900 erbaut.

Der Weg heute

Heute ist das Gehöft wüst. Einzig die Grundmauern und die große Kastanie, die vor dem Wohnhaus stand, lassen dessen Standort erahnen. Es wurde nach der Wende von der Treuhand an einen Westdeutschen verkauft. Die letzten Besitzer erhielten den Zuschlag nicht, weil ihnen der Eigentumsnachweis abhanden gekommen war. Wahrscheinlich hatte dieser, als 1960 die Felder und Wiesen an die LPG abgegeben werden mussten, die Unterlagen, die ihn als Eigentümer des Hofes auswiesen, während der Versammlung den Verantwortlichen vor die Füße geworfen. Gleiches erzählte uns auch der Bewohner des ehemaligen Gutshauses. Einige Obstbäume wurden vom jetzigen Besitzer gepflanzt, von dem in der Gemeinde nichts bekannt ist.

Von der aus Buddenhagen stammenden Familie Buggenhagen – Alma und Friedrich, die zuletzt auf dem Viktoriahof gelebt hatte, leben von sieben Geschwistern noch zwei. Eine davon ist eine Karlsburgerin, die noch auf dem Gehöft geboren wurde. Nach ihren Erzählungen hat ihr Vater vor 1945 unter dem Grafen Fritz Ulrich von Bismarck-Bohlen in der von Förster Moderak betreuten Forst gearbeitet und nahm als Treiber an den gräflichen Jagden teil. Ein guter Schütze war er noch dazu. Von der Jagd brachte er dann auch Innereien mit.

Über die gräfliche Familie wusste sie aus Berichten ihrer Mutter, das die Gräfin sehr nett und hilfsbereit, der Graf dagegen eher introvertiert und zurückhaltend gewesen sein soll. So unterstützte die Gräfin die Familie nach der Geburt der jüngsten Tochter, indem sie eine Zudecke und Kissen zur Mühle brachte.

Die beiden Söhne, Theodor und Achaz, arbeiteten vor dem 2. Weltkrieg auf den Feldern des Gutes mit, sie sollen freundlich und fleißig gewesen sein und die gleichen Arbeiten verrichtet haben wie die Gutsangestellten und Arbeiter. Sie bedauerten diese, weil deren Häuser nicht so komfortabel mit Bädern ausgestattet waren wie das Schloss. Die Arbeiter wuschen sich im Hof mit kaltem Wasser.

In dem Fotoalbum der Eltern fand sich auf der ersten Seite ein Bild der Gräfin. Unter welchen Umständen die Mutter dies erhalten hat, konnte meine Gesprächspartnerin nicht sagen.

Auguste Viktoria von Bismarck-Bohlen, geborene von Falkenhayn

Das Leben der letzten Besitzer, die im August 1936 von Buddenhagen auf den abseits gelegenen Viktoriahof gezogen waren, war sehr beschwerlich. Um nach Steinfurth oder Karlsburg zu gelangen, mussten sie in den 40er und 50er Jahren des 20. Jahrhunderts weite Wege, die gerade mal von Pferdewagen befahren werden konnten, zu Fuß überwinden, denn über Fahrräder verfügte man nicht. Nach Ende des Krieges wurde einer dieser Wege sogar kurze Zeit von russischen Panzern (von Pamitz oder Wahlendow kommend) in Richtung Züssow befahren und entsprechend zugerichtet. Noch in den 80er Jahren bezeichneten die Leute diese Strecke, die hinter der alten Gärtnerei nach Steinfurth führt, als “Panzerweg”.

Vom Panzerweg aus aufgenommen

Der Lehrer der Schule, ein SA-Mann, der immer in seiner gelben Uniform lief und bei den Kindern besonders gefürchtet war, überbrachte die Nachricht von Tod des Bruders. Die schriftliche Information, dass er in einem Einzelgrab beerdigt worden sei, stellte sich später als Lüge heraus. Das erfuhren Buggenhagens von einem Freund aus Pamitz, der verwundet zurückgekehrt war und also den Krieg überlebt hatte. Er berichtete, dass über die Gefallenen Erde geworfen wurde, und sie mussten weiter marschieren.

Strom und fließendes Wasser gab es zunächst nicht. Petroleumlampen waren lange Zeit die einzige Lichtquelle, wenn es dunkel wurde. 1962 starb der Vater und die Tochter musste allein mit dem großen Anwesen fertig werden, da auch die Mutter krank war. Schweine, Schafe und Gänse waren schon abgeschafft, nur vier Kühe und Hühner waren noch vorhanden.

Der Vater war Mitglied der SPD und gar nicht einverstanden mit der Vereinigung von SPD und KPD. In der SED wollte er nicht Mitglied sein. Auch als 1960 die LPG gegründet wurde, sperrte er sich – wie so viele – dagegen. Zu der Versammlung nahm er die Unterlagen, die ihn als Eigentümer auswiesen, mit. Er scheint diese dem Versammlungsleiter vor die Füße geworfen zu haben. Zwei Jahre später starb er dann. Mutter und Tochter wohnten noch bis Oktober 1969 auf dem Gehöft, welches zur Mühle gehörte. Dann zogen sie in die Baracke hinter dem Friedhof, auch unter dem Namen “am Eselsteich” bekannt. Dort wurde auch die Hochzeit gefeiert. Einige Zeit später – 1970 erkrankte die Mutter schwer – erhielten sie dann eine Wohnung direkt in Karlsburg.

Der Werdegang dieser Karlsburgerin soll hier kurz geschildert werden. Als junges Mädchen arbeitete sie auf dem Hof ihres Vaters in der Landwirtschaft. Als dieser 1962 starb, musste sie die Verantwortung für das Anwesen übernehmen. Mit der Gründung des Instituts für Diabetes wuchs in ihr der Wunsch Krankenschwester zu werden. Da sie aber in der Landwirtschaft arbeitete, war es ihr nicht erlaubt, von dort so ohne weiteres wegzugehen und eine Lehre zu beginnen. Sie suchte sich dann eine Arbeit in Spremberg, wo sie am Fließband heiße, tropfnasse und schwere Baumwolle in eine Schleuder bugsieren musste, eine schwere Arbeit, die allerdings gut bezahlt wurde – 400 Mark.

Bis Anfang der 60er Jahre arbeiteten noch Krankenschwestern aus kirchlichen Einrichtungen in Karlsburg (vergleichbar mit den Diakonissinnen). Dann suchte man dringend staatlich ausgebildetes medizinisches Personal und sie kam nach Karlsburg zurück, arbeitete zunächst als Reinigungskraft, da war der Verdienst mit 180 Mark ungleich geringer. Nach kurzer Zeit begann sie dann ihre Ausbildung zur Krankenschwester in Stralsund.

Frau W. bei ihrer Arbeit als Krankenschwester (entnommen einer Fotomappe zum 50jährigen Bestehen des Diabetesinstituts in Garz und Karlsburg)

Sie arbeitete auf verschiedenen Stationen, schließlich musste sie von 1983-1984 noch die Fachschwester für Dialyse und Nierentransplantation ablegen. Also setzte sie sich nochmals ein Jahr lang auf die Schulbank und schloss in Rostock diese Ausbildung ebenfalls erfolgreich ab. 1986 wurde sie krank und musste ihre Arbeit auf der Dialysestation aufgeben. Von da an arbeitete sie auf anderen Stationen.

Heute engagiert sie sich in der Kirchgemeinde Zarnekow, besucht die Gemeindemitglieder zu deren Geburtstagen.

Gemälde aus dem Karlsburger Schloss

In diesem Beitrag werden die Gemälde aus dem Karlsburger Barocksaal eingestellt, die teilweise in keinem besonders guten Zustand sind.

Ernst Friedrich von Bismarck
auf Schönhausen
als Cornet
1728 – 1775

Carl Heinrich Behrend Graf von Bohlen
Kgl. Schw. Kammerherr u. Schlosshauptm. 1705 – 1757
Curt Christoph Graf von Schwerin Feldmarschall
1684 – 1757 (er war in erster Ehe mit Ulrike Eleonore von Krassow verheiratet. Die Großmutter von Friedrich Ludwig von Bohlen war eine geborene Krassow)

Friedrich I
König von Schweden
1676 – 1751

Ulrike Louise Königin Schweden Prinzessin von Preussen 1720-1782 (wahrscheinlich eine Kopie nach Antoine Pesne)

Caroline Elisabeth von Bohlen geb. von Walsleben 1781-1857

Friedrich Ludwig Graf von Bohlen
Chur-Hess. Hofmarschall
1760 – 1728
Caroline Gräfin von Bismarck-Bohlen 1798 – 1858
Agnes Christiane von Bohlen, geb. von Stranz 1747 – 1807
Sie war die zweite Frau von Carl Julius Bernhard von Bohlen (1738-1813)
Das Porträt befindet sich in der Kustodie der Universität Greifswald
Philipp Friedrich Ernst Freiherr von Dörnberg 1818 – 1858
Er war der Großvater der Auguste-Viktoria von Bismarck-Bohlen, geb. von Falkenhayn
Das Gemälde von Franz Krüger befindet sich in der Kustodie der Universität Greifswald
Fritz Ulrich von Bismarck-Bohlen
1884 -1945
Das Gemälde befindet sich in der Kustodie der Universität Greifswald
Carl Julius Bernhard von Bohlen (Gemälde von Johan Henrik Scheffel um 1770) Ihm ist zu verdanken, dass aus Gnatzkow Carlsburg wurde. Das Bild habe ich bei geni gefunden.

Galerie zur Landschaftsprägung durch die Grafen Bismarck-Bohlen

Betrachtet man die Landschaft um Karlsburg, vor allem die Dörfer Groß Jasedow, Steinfurth und Zarnekow, so findet man allenthalben Spuren der Karlsburger Gutsherrschaft. Z. B. kann man anhand einer Karte, die um 1900 aufgelegt wurde, viele der alten Bezeichnungen finden wie Hundewinkel, Räuberkuhle u. ä..

Der von Linden gesäumte Karolinenweg (auch der Damm genannt, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von der Herrschaft angelegt), der von der Bundesstraße 109 zur Steinfurther Begräbniskapelle führt.
Der von Linden gesäumte Karolinenweg im Winter
Zum Karolinenhof im Winter
… und im Frühling
Die Karlsburger Lindenallee Richtung Zarnekow im Winter
… und im Frühling. Im Hintergrund die Zarnekower Kirche.
Im Hausbuch des Karlsburger Gutes berichtet Theodor von Bismarck-Bohlen 1862, dass die Steinmauer an der Steinfurther Zieglerkoppel fertiggestellt worden ist.

Über die Funktion der Feldsteinmauer kann man nur Vermutungen anstellen: da zur Zeit von deren Errichtung der Wald Richtung Karlsburg nicht vorhanden war, könnte es sein, dass Richtung Steinfurth der Schlosspark in die Landschaft hinein erweitert werden sollte und eine Art Terassierung des Geländes darstellt.

Die Feldsteinmauer, die sich von Steinfurth in Richtung Karlsburg zieht.
Eine zweite Steinmauer zieht sich ebenfalls in Richtung Karlsburg und beginnt beim Treckerschuppen
Beeindruckendes Wurzelwerk
In dem abgebildeten Feldsteinkreis im Steinfurther Forst war, bevor er zerstört wurde, ein Gedenkstein von Theodor von Bismarck-Bohlen aufgestellt worden, dahinter die sogenannte Wernereiche, die beide an ein Wunder erinnern sollten:
5. April 1972
Du bist der Gott der Wunder thut

Weitere Hinweise zur Landschaftsgestaltung finden sich in den Beiträgen: Die Karlsburger Güter – drei Wanderungen: 1. Durch den Karlsburger Schlosspark und den sich anschließenden Wald sowie 2. Durch den Steinfurther Forst zum Gedenkstein

Die Carlsburger Güter – drei Wanderungen: 2. Durch den Steinfurther Forst zur Wernereiche und Steinfurther Sehenswürdigkeiten

Steinfurth liegt – im weiteren Umkreis von Wald umgeben – in dem Dreieck Wolgast, Anklam und Greifswald, 3 km von der B109 entfernt. Es ist ein kleines Straßendorf ohne Durchgangsverkehr. Denn am Ende des Dorfes führt nur ein Feldweg nach Pamitz und Wahlendow.

Die Fuß- oder Radwanderung beginnt an der Steinfurther Bushaltestelle.

Die Bushaltestelle, von Dorfkindern gestaltet; im Hintergrund das Kulturhaus

Am Kulturhaus vorbei fährt/läuft man den Hohlweg Richtung Wald entlang – immer geradezu. Dort angekommen, geht man immer weiter auf dem Hauptweg und gelangt zu einer Lichtung, die mittlerweile schon recht hoch gewachsen ist.

Die Lichtung, markant durch die riesige Fichte im Vordergrund

Weiter geradeaus kommt man in einen weiteren Waldabschnitt, den man durchqueren muss.

… und begegnet vielleicht neugierigen Rehen

Nach einigen Radminuten oder 20 Minuten Wanderung biegt man wiederum rechts ab.

Nach einer kurzen Strecke liegt rechts

ein Steinzeitgrab

Den Zimmermannsweg (benannt nach dem im 19. Jahrhundert tätigen, in gräflichen Diensten stehenden, hoch geschätzten Förster Zimmermann) entlang

und nach wenigen 100 Metern muss man sich nochmals rechts halten.

An dieser Stelle rechts halten

Nun sollte man festes Schuhwerk anhaben, denn es geht durchs Unterholz, an einem Hochsitz vorbei,

Das Gehörn liegt nicht mehr da

Kurz darauf gelangt man an eine mit Eichen und Buchen bewachsene Kuppe. Überquert man diese, findet man die Wernereiche …

Im Vordergrund der Feldsteinkreis, dahinter die Wernereiche

… und ein paar Schritte weiter unten einen Feldsteinkreis mit einem Durchmesser von ca. 2 Metern. Vermutlich stand hier der Gedenkstein mit der geheimnisvollen Aufschrift:

5. April 1872
Du bist der Gott der Wunder thut
Ps. 77.15

Die Geschichte dazu kann man hier nachlesen.

Es ist ein magischer Ort, wild und geheimnisvoll.

Ein magischer Ort: der in der Nähe fließende Brebowbach

Ist man zurückgekehrt, folgt man – rechts abbiegend – dem Weg in Richtung Steinfurther Dorfstraße. (Möchte man nicht gleich zurück ins Dorf, hält man sich im Wald weiter links, wo die Wege sich gabeln, und fährt über Wahlendow zurück nach Steinfurth.)

An den Feldern entlang
Nach Steinfurth

Fährt man geradeaus weiter, befindet sich gegenüber den gräflichen Stallungen (der fordere Teil wurde zu LPG-Zeiten angebaut) der ehemalige Gutshof.

Der Gutshof Steinfurth: die linke Hälfte des Gutshauses ist unbewohnt und zerfällt leider

Dieses Haus, zumindest seine Grundmauern, gab es nach Erzählung der heutigen Besitzer, die die rechte Seite bewohnen, schon, als die Kirche noch intakt war und die Bewohner dorthin zum Gottesdienst gingen. Es muss also im 15. oder 16. Jahrhundert erbaut worden sein und war damals das Zentrum des Dorfes, auch wenn es heute am äußersten Rand liegt.

An der Kirchenruine …
… und Carolinenkapelle

oder man biegt links ein und fährt die Steinfurther Dorfstraße, die ebenfalls von den Bismarck-Bohlen 1881/82 angelegt wurde (mit Kopfsteinpflaster). Erst nach 1990 wurde die Straße asphaltiert.

Hier kommt man zunächst an dem romantischen Ensemble von Kirchenruine (zu Beginn des 14. Jahrhunderts erbaut) und Carolinenkapelle vorbei, daran schließen sich rechterhand zwei der ältesten reedgedeckten Wohnhäuser von Steinfurth an, linkerhand sieht man die ehemalige Schmiede.

Ein in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erbauten Strohkaten

100 Schritte weiter – ebenfalls auf der linken Seite – das 1911 von Fritz Ulrich von Bismarck-Bohlen erbaute Haus, welches – wohl anders ausgerichtet – an Stelle des sogenannten “Klosters” steht, das zuvor abgebrannt war.

Von der Dorfstraße aus gesehen mit den Initialen von Fritz Ulrich Bismarck-Bohlen – FUBB
“An Stelle des im März 1910 niedergebrannten 4wohnungs Hauses „das Kloster“, entsteht in der Nähe, rechtwinklig zum Grundriss des alten Hauses gelegen ein großes 4wohnungs Haus, in seiner äußeren Gestalt völlig nach dem Plane des Grafen Friedrich Klinkowström, Leutnant im 3. Garde-… Rgt.- eines Vetters von Fritz Ulrich, errichtet. In seinem Mittelgiebel enthält das Haus außerdem zwei einzelne Stuben. Die Ställe des Klosters wurden reparirt und können weiter genutzt werden.” (Aus dem Hausbuch der Bismarck-Bohlen)

mit dem idyllisch gelegenen Dorfteich.

Der zugefrorene Dorfteich im Winter …
… und der Dorfteich im Sommer

Zwischen Friedhof und Kulturhaus befindet sich die Ochsenkoppel.

Die Ochsenkoppel

Schaut man auf die Koppel gegenüber, entdeckt man sogenannte Steinriegel, die sich durch die Landschaft Richtung Karlsburg ziehen, und, wie Theodor von Bismarck-Bohlen im Hausbuch des Karlsburger Gutes schreibt, 1862 fertiggestellt wurde.

Die Steinmauer. Die Koppel davor wird im Hausbuch als Zieglerkoppel geführt.

Folgt man der Dorfstraße weiter, sieht man das Gebäude der ehemaligen MTS (Maschinen- und Traktorenstation), das von Mathias Bartoszewski zu einer tollen Kulturstätte umgebaut wurde.

Der Treckerschuppen: ein Konzert mit den Liederjan, eine Familienfeier
Das Kulturhaus: von der Ochsenkoppel aus gesehen; eine Grafikausstellung zu KunstOffen; ein Konzert

Hinter dem Treckerschuppen beginnt eine Anhöhe, wo schon 1889 im Sommer … ein alter heidnischer Begräbniß Platz bei Steinfurt aufgefunden [ward] mit vielen Urnen[,] die aber meist in Scherben waren[,] liegt N. W. der Koppel unfern des höchsten Punktes.

Personengrabhügel
Urnenfeld

Vor einigen Jahren wurde wahrscheinlich an eben dieser Stelle bei den Verlegearbeiten der Stränge von Nord Stream 1 und 2 dieser urgeschichtliche Begräbnisplatz erneut entdeckt. Die ältesten Funde datieren von 4100 v. Chr., die jüngsten von 1250 n. Chr. Auch Mittelalterliches und Modernes wurde gefunden.