Die Steinfurther Kapelle und der dazu gehörige Friedhof im Wandel der Zeit

Das Gesicht der Steinfurther Begräbniskapelle hat sich im 20. Jahrhundert mehrmals verändert.

Betritt man die Kapelle, richtet sich das Hauptaugenmerk der Eintretenden auf den Altar und die Votivtafeln in der Absis.

Der Altar, die Votivtafeln
Dem Andenken seiner theuren, heissgeliebten, vortrefflichen Frau, der treuen unvergesslichen Gefährtin einer mehr als 40jährigen überaus glücklichen Ehe, der zärtlichen innig geliebten Mutter unserer Kinder.
Caroline Gräfin von Bismarck Bohlen, geb. Gräfin von Bohlen
erbaute diese Grab Kapelle,
Theodor Graf von Bismarck Bohlen, A.D. 1858.
Möge ihre wahre Gottesfurcht, fester Glaube, christliche Liebe und Demuth, ihre treue Pflichterfüllung und Frieden verbreitende Milde und Güte, bis in die späteste Zeit, unsern Nachkommen ein leuchtendes Vorbild sein!
Das walte Gott!
Die originalen Fenster von 1859

Dann erst geraten die Fenster in den Blick. Die einschneidende Veränderung, die der Kapelle heute einen ganz anderen, ja freundlichen und lebensbejahenden Charakter verleiht, war der Austausch der Fenster 1907 und 1910, welche von Fritz Ulrichs Schwestern Theda und Paulina gestiftet worden waren zur großen Freude ihres Bruders, dem die dunkel gehaltenen Fenster so gar nicht gefallen wollten.

1907 hatten Theda und ihr Mann die Absis der Steinfurther Kapelle mit den schönen Glasfenstern und Widmung versehen lassen. Die Fenster sind nach Thedas eigenen Angaben gefertigt.

Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben Ev.Joh. XV. 5
Theda Gräfin Bismarck Bohlen,
confirmirt am 27. Dezember 1901

Sei getreu bis an den Tod so will ich dir die Krone des Lebens geben Joh. 2-10

Freuet euch in d. Herrn allewege Phil. IIII 4-7
Gf. Dodo Gfin Theda zu Innhausen und Knyphausen, geb. Gfin Bismarck-Bohlen, verm. am 10. Oct. 1907

1910 folgten Pauline und ihr Mann dem Beispiele Thedas, indem sie Fritz Ulrich zur Freude die hohen Seitenfenster der Capelle zu Steinfurth, anläßlich ihrer Hochzeit mit bunten Fenstern versehen ließen.

Leide dich als ein guter Streiter Jesu Chr.
II Timotheus 2, v 3
Hartwig Graf Eckbrecht v. Dürckheim
Montmartin vermählt d. 27. Sept. 1910
mit Paulina Gräfin Bismarck Bohlen

27. September 1910
von diesen Fenstern gibt es beiderseits der Kapelle zwei Exemplare, die jeweils ein buntes Fenster mit Widmung flankieren

Kämpfe den guten Kampf des Glaubens
1. Timotheus 6, v 12
Paulina Gräfin v. Bismarck Bohlen ver=
mählt d. 27. Sept. 1910 mit Hartwig Graf
Eckbrecht v. Dürckheim Montmartin

Und vergleichsweise bescheiden haben sich Fritz Ulrich und seine Frau Auguste Victoria mit dem runden Fenster über der Kapellentür verewigt.

Gnade sei mit euch und Friede von Gott
Fritz Ulrich – Graf Bismarck-Bohlen
Verm. Berlin 15. Aug. 1914
Auguste Victoria von Falkenhayn

Ansicht des Eingangsbereiches mit den zwei Holzkreuzen

Zwei Holzkreuze, welche jeweils neben der Eingangstür angebracht sind, erinnern an die beiden Söhne von Fritz Ulrich u Auguste-Viktoria, geb. Gräfin von Falkenhayn. Theodor Karl August Friedrich, geb. am 11. Februar 1919, gest. am 20. März 1944, war verheiratet mit Barbara Franziska Dorothee von der Marwitz und im zweiten Weltkrieg im Rang eines Majors in Widzibor (Belaruss) umgekommen.

Theodor Graf von Bismarck-Bohlen
*11.2.1919 †20.3.1944

Sein jüngerer Bruder Achaz Albrecht Burchard Karl Jürgen, geb. am 26. September 1920, starb am 30. Oktober 1945 in Prokopjewsk, Sibirien in sowjetischer Gefangenschaft.

Achaz Graf von Bismarck-Bohlen
*26.9.1920 †15.10.1945

Wegen Baufälligkeit veränderte sich auch das Äußere der Kapelle. Ursprünglich befand sich oberhalb des Dachfirstes ein Glockenjoch, erzählt der langjährige Pfarrer Siegfried Barsch (1959-1996). Die Glocke war ursprünglich in einem gemauerten (türmchenartigen?) Gestell angebracht und konnte so frei schwingen.

So oder ähnlich könnte das Glockengestell ausgesehen haben

Mit der Zeit war dieses aber baufällig geworden, sodass man sich eine andere Lösung einfallen lassen musste. Die Glocke wurde unterhalb des Dachfirstes installiert. Allerdings stellte sich im Nachhinein heraus, dass man die raumgreifenden Schwingungen der Glocke nicht bedacht hatte, da sie mehrmals aus dem Gebälk befreit werden musste, wo sie sich bei zu stürmischem Ziehen verhakt hatte. Dazu musste jeweils ein Steinfurther von hinten unterhalb des Kapellendaches durchklettern und die Glocke befreien.

Neben der Kapelle bietet auch der dahinter befindliche Friedhof interessante familiengeschichtliche Details.

1901 trägt Caroline von Malortie in das Hausbuch ein: ergreifend ist der Anblick der letzten Ruhestätten all der Treuen[,] die in 50 Jahren u darüber, der Bismarckschen Familie zur Seite standen u dienten. Die vortreffliche Louise Gessler[,] die als Bonne 1837 zu meinem Bruder Carl kam u 52 Jahre dem inneren Haushalt, in größter Gewissenhaftigkeit vorstand u uns Allen eine treue liebe Freundin war. Neben ihr ruht die treue Hedwig Münster[,] deren Nachruf beweist, wie Fr. Carl, treue Dienst zu schätzen wußte. Er lautet, heute entschlief sanft im 63ten Lebensjahr, die Wirthschafterin Hedwig Münster. Mehr als 44 Jahr hindurch hat sie in unermüdlicher Treue und selbstloser Hingabe, ihres Berufs gewaltet. Sie ist uns eine liebe Freundin gewesen, daran wir auch über das Grab hinaus, stets in Liebe u Dankbarkeit gedenken werden! Sie hat Liebe gesäet, Liebe geerntet u darf nun Oben in Frieden ruhen!“ – Die zwei alten Diener des Hauses[:] Carl Blum[,] der schon als Bursche zu meinem Vater kam, als er noch Lieutnant war[,] und der alte Holst[,] der nach dem Tode seines Herrn 1873, als Castellan in Niederhof walthete, endlich den alten Koch Julius Worpitzky, der sein 60jähriges Jubiläum in Carlsburg feiern konnte, sollen auch hier ehren u erwähnt werden.

Diese treuesten Angestellten, die fast ihr ganzes Leben bei der Herrschaft in Karlsburg oder Niederhof verbracht hatten, wurden dem Wunsch Theodors gemäß, linkerhand an der Längsseite der die Kapelle umgebenden Mauer begraben, wie noch heute die Grabsteine beweisen, deren Inschriften leider im Laufe der Zeit teilweise fast unlesbar geworden sind. Die Inschriften zeigen die tiefe Verbundenheit der Familie zu ihren langjährigen Angestellten.

Luise Gessler,
geb. In Basel 29. Dec. 1818;
gest. In Carlsburg 17. Oct. 1888
Die Liebe suchet nicht das Ihre.
1. Cor. 13, 5.

Louise Gessler war für den inneren Bereich des Hauswesens zuständig. Sie begleitete Caroline und Theodor auch nach Italien und wurde vor allem von Fritz in den Briefen an seine Frau wiederholt als liebe Freundin bezeichnet, deren Gesundheit ihm immer wieder Sorgen bereitet.

Hier ruhet in Gott
Hedwig Münster
* zu Krienke 4. Mai 1838;
† zu Carlsburg 17. April 1900
44 Jahre hindurch stand sie in seltener Liebe und Treue der Carlsburger Wirtschaft vor.
Ihr Andenken bleibt im Segen.
Gehe hin mit Frieden.
Ev. Marc. 5,34.

Das gleiche gilt für Hedwig Münster, die in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts zu gleicher Zeit wie Louise das Bett hüten musste.

In der Woche vom 20. bis zum 24. September 2021 arbeiteten 15 Jugendliche der Jugendbauhütte Mecklenburg-Vorpommern auf dem Gelände von Kirchenruine und Kapelle. Schon am zweiten Tag wurde der Grabstein von Carl Bluhm gefunden. Er diente als Stütze für den Grabstein von Friedrich Carl von Bismarck-Bohlen. Jetzt wird er wieder in der Reihe der Angestellten seinen Platz finden.

Carl Bluhm
geb. 5. Jan. 1794
gest. 20. Mai 1870.
53 Jahre treuen Dienst
die Herrschaft
Meine Seele wartet auf
den Herrn von einer
Morgenwache zur andern
Ps. 130. V. 6.

Hier ruhet in Gott
Emma Schulze
geb. Lange
*5. Dezember 1856 zu Saal
†18. Juni 1928 zu Carlsburg
Selig sind die Toten, die in dem
Herrn sterben Off. Joh. 14, 13.
Die Treue ist das Mark der Ehre

Sei getreu bis in den Tod so will ich dir die Krone des Lebens geben
hier ruht in dem Herrn der im 86. Lebensjahre † Koch zu Carlsburg
Julius Worpitzky
*21. Jan. 1808 †27. Oct. 1892
Er diente dreien Generationen während 72 Jahren in Pflichtteil u. Geschicklichkeit in ehrendem Andenken die dankbare Herrschaft

Neben dem Grabstein von Julius Worpitzky, dem langjährigen Koch, steht der seiner Frau Sophie, der leider nur schwer lesbar ist.

Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein hier ruht in dem Herrn
die im 81. Lebensjahr entschlafene
Sophie Worpitzky
geb. Peter
* zu Lühmannsdorf 15. Oct. 1825
† zu Carlsburg 9. Jan. 1906
während 61 Jahren stand sie 4 Generationen
unserer Familie durch große Hingabe u. Treue nahe In liebevollen Andenken die dankbare
Herrschaft

Heinrich Holst begleitete Caroline und Theodor ebenfalls nach Italien. Sowohl Louise als auch er erwiesen sich als treue Stützen für das Ehepaar in dieser schweren Zeit.

Dein Herr unser Gott ist die
Barmherzigkeit u Vergebung
Dan. 9, 9.
Heinrich Holst
Kastellan zu Niederhof
geb. 10. Mai 1816,
gest. daselbst 26. Januar 1892
in Dankbarkeit für die der
Familie 44 Jahre geleisteten
Dienste zu ehrenden Andenken gewidmet
Fürchte Dich nicht, denn Ich habe Dich erlöset. Ich habe Dich bei deinem Namen gerufen. Du bist Mein.

Vor dem Granitkreuz befinden sich die Grabsteine von Friedrich Carl und von Fritz Ulrich

Die Anlage des Friedhofs hinter der Steinfurther Begräbniskapelle wurde 1894 durch Friedrich Carl veranlasst.

Das Tor, welches direkt auf den hinteren Friedhof führt

Den Anstoß dazu gab wahrscheinlich der frühe Tod seines Bruders Theodor, der in Semlow bei seinem Schwiegervater Graf Behr am 19. Juli starb, und am 24. Juli provisorisch in der Steinfurther Capelle beigesetzt [wurde], 1894 bis zur Vollendung des neuen Friedhofs, den Friedrich Carl gründete hinter der Capelle, in der Mitte ein herrliches großes Granitkreuz. Die Einweihung des Friedhofs u die Überführung von Theodors Sarg fand statt am 6ten Oktober 1896. (Hausbuch, Eintrag der Caroline von Malortie).

Westlich der Kapelle im hinteren Teil des Friedhofs befinden sich neben dem Grabstein des Enkels Theodor, der seiner Frau Elisabeth, geb. Gräfin Behr-Negendank – Mutter des letzten Gutsherrn in Karlsburg, dem Grafen Fritz Ulrich und der Töchter Theda und Paulina – die Grabsteine von Friedrich Carl und Hans sowie der des Urenkels Fritz Ulrich.

Theodor Graf von Bismarck-Bohlen
königl. Rittmeister a. D.
geb. d. 12. October 1854
gest. d. 19. Juli 1894
Ich lebe und ihr sollt auch leben
Ev. Joh. 14. 19.

Elisabeth Gräfin von Bismarck-Bohlen
geb. Gräfin Behr-Negendank
geb. d. 24. November 1861
gest. d. 7. April 1939
Er ist unser Friede
Ephes. 2, 14.

Hans Graf von Bismarck-Bohlen
Kgl. Kammerherr u. Hofmarschall a. D.
geb. d. 14. Januar 1864
gest. d. 16. Juni 1920
Die Liebe hört nimmer auf.
1. Kor. 13, 8.

Friedrich Carl
Graf von Bismarck-Bohlen
Major a. D.
geb. am 7. Juni 1852
gest. am 18. Februar 1901
Ich habe dich je und je geliebet
darum habe Ich dich zu Mir gezogen
aus lauter Güte
Jeremias 31, 3.

Fritz Ulrich
Graf von Bismarck-Bohlen
geb. Crüden Altmark 25. 5. 1884
gest. Karlsburg 28. 4. 1945
wir wissen aber, dass denen
die Gott lieben, alle Dinge
zum Besten dienen
Röm. 8, 28.

Mit Fritz Ulrich von Bismarck-Bohlen, der sich am 28.04.1945 erschossen hatte, und seinen beiden Söhnen, die im zweiten Weltkrieg geblieben waren, ist die männliche Linie der Bismarck-Bohlen erloschen.

In einem Bericht über die Auffindung des Herrn Grafen Fritz-Ulrich von Bismarck-Bohlen im Schloss Karlsburg am 29.04.1945 von dem praktischen Arzt Richard Deckert, der sich mit seiner Frau zu dem Zeitpunkt im Schloss aufhielt, verfasst, wird die Tragödie vom Freitod des Grafen detailliert beschrieben. Demnach sollte ein Herr Korte die Beerdigung übernehmen. Es wurde beschlossen, Fritz-Ulrich von Bismarck-Bohlen an der Gedenkstelle im Park möglichst unauffällig beizusetzen.

Möglicherweise befand sich diese Gedenkstätte bei einer Baumgruppe, die mit dem Schloss durch eine Sichtachse verbunden war – von den Dorfbewohnern wegen ihrer Form Regenschirm genannt. Bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts stand dort ein großes Holzkreuz. 1946 ist er dann umgebettet worden und hat seine letzte Ruhe vor dem Granitkreuz auf dem Steinfurther Kapellenfriedhof gefunden. In die Chronik der Zarnekower Kirchengemeinde trägt im März 1946 Pfarrer Hugo Lembcke ein: 26.II.1946: Die Umbettung des Grafen v. Bismarck-Bohlen aus dem Karlsburger Park zum Steinfurther Friedhof vorbereitet. Mein Vater, Friedhofsinspektor Lembke aus Greifenhagen, wird die Umbettung leiten. Polizeiliche und gesundheitsamtliche Erlaubnis liegt vor. … 10.III.1946 Sonntag. 10 Uhr Gottesdienst in Steinfurth. Anschließend Funeralien [Feierlichkeiten bei einem Begräbnis] am neuen Grabe des Grafen Friedrich Ullrich von Bismarck-Bohlen.

Einige weitere Grabstellen befinden sich im Bereich hinter Kapelle und Granitkreuz.

Jürgen von Bismarck aus Lasbeck
* 2. Aug. 1914 † 16. Jan. 1993
Denn wir haben hier keine bleibende Statt

Jürgen von Bismarck war der Lebensgefährte von Oriana von Bismarck-Bohlen.

IN MEMORIAM DER
FREIHERREN VON
ROSENBERG KLOETZEN
ADALBERT 1866 -1934
MARIE LUISE GEB. V. ARNIM 1877 – 1957
HORST 1899 -1917
FRANZ ADALBERT 1897 – 1978
ORIANA GRÄFIN VON BISMARCK-BOHLEN
1915 – 2002
Viktoria Roland
geb. Gräfin v. Bismarck-Bohlen
* 17.9.1923 in Karlsburg † 13.1.2008 in Lausanne Michel Roland
* 19.2.1930 in Kairo † 11.11.2012 in Lausanne
Gott ist Liebe und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm
ADALBERT
FREIHERR von ROSENBERG
a. d. H. Kloetzen
9.12.1936 – 27.1.201
MEINE SEELE IST STILLE
ZU GOTT DER MIR HILFT
PSALM 60.

EUGEN VON FALKENHAYN
KGL. PREUSS. GENERAL D. KAV.
GEB. 4. SEPT. 1853 GEST. 3. JAN. 1934
AUGUSTE VICTORIA
GRÄFIN v. BISMARCK-BOHLEN
* 1.10.1894 GEB. v. FALKENHAYN † 24.1.1969
ELISABETH GRÄFIN V. BISMARCK-BOHLEN
* 24.11.1916 † 20.3.1991