Lebensbeschreibung des Theodor von Bismarck Bohlen

 Carlsburg Jan. 1865.

Es mag vielleicht für meine lieben Kinder und auch späterhin ein Interesse geben, nicht allein über mein früheres Leben und zugleich über meine Großeltern etwas zu erfahren, was sonst, wenn mich der Herr vielleicht bald abruft, mit mir begraben werden würde und so benutze ich die Muße dieses Winters, um dasjenige  zu sammeln, was mir noch gegenwärtig ist, auf diese Reise, am Ende meines Lebens einen Rückblick auf dasselbe werfend und den Herrn, der mich so gnädig führte und beschützte zugleich, aus der Tiefe meines Herzens dankend.

Mein Eltervater Bismarck, war als Oberst und Commandeur des jetzigen Königin Küraßier Regiments N. 2, am 17“ Mai 1742 bei Chotusitz (Czaslau), couvert d’une gloire eternelle [bedeckt mit ewiger Herrlichkeit], wie Friedrich der Große über ihn sagt, ruhmvoll gefallen. Mein Großvater der jüngere seiner beiden Söhne in dem Schlesischen Küraßier Regiment N. 1+2 nahm, wie ich vermuthe, nach dem 2“ Schlesischen Krieg, seinen Abschied als Rittmeister und etablirte sich, nachdem er sich mit Charlotte von Schönfeld verheirathet in Ünglingen, bis etwa um das Jahr 1776 herum sein Bruder der Schloßhauptmann auf Schönhausen, kinderlos starb und dieses Gut ihm als Lehn zufiel, wo er sich nach dem frühzeitig 1772 erfolgten Tod seine heißgeliebten Frau dann niederließ.

Mein Großvater Miltitz aus Rubkow hier in der Nähe gebürtig, machte mit noch 4 Brüdern, den 7jährigen Krieg unter Friedrich 2 mit, von welchen 3 auf dem Schlachtfeld blieben. Er nahm nach dem Frieden, wegen großer Kurzsichtigkeit den Abschied, ward im Erbfolgekrieg noch einmahl bei der Feldbäckerei angestellt und lebte, nachdem er sich mit Martha von Marconnay, und einer Nafüpie Familie verheirathet hatte, zuerst in Gulben in der Niederlausitz,  dann in Scharteuke bei Genthin, wo ich mir sehr wohl erinnere bei den Großeltern gewesen zu seyn und endlich in Schönhausen, wo die Großeltern Wittwenhaus von dem edlen, größeren vBismarck schen Gute gemiethet hatte, und der Gr. Vater Miltitz, etwa 1798 starb.

Mein Großvater Bismarck starb in Schönhausen d. 19 Sept. 1797. Es war der erste tiefe Schmerz meines Lebens, denn er liebte mich, wie seinen Augapfel und ich vergalt es mit gleicher Liebe. Mein Vater geb. 13“ Febr. 1763, am Tage des Abschlußes des Hubertsburger Friedens, der älteste der 4 Brüder hatte als Kornett bei dem altmärkischen Küraßier Reg. gestanden, etwa um das Jahr 1787 seinen Abschied genommen, heirathete 1789 wahrscheinlich, meine Mutter Louise von Miltitz und lebte bei dem Großvater Bismarck in Schönhausen, der ihm, wie ich glaube Charlottenhof verpachtet oder übergeben hatte, wobei er wohl wenig Seide gesponnen haben mag.

Hier in Schönhausen wurde ich am 11“ Juni 1790 geboren. Von 5 jüngeren Geschwistern erlebte nur mein Bruder Eduard, geb. 28“ Apr. 1794, das Jünglingsalter, alle anderen starben noch unter 2 Jahr alt. Ich kann mir aus dieser meiner ersten Kindheit noch besinnen, daß ich einen alten Domherrn vBismarck, Besitzer des andern Gutes in Schönhausen der 1793 starb, in seinem Lehnstuhl habe sitzen sehen, der mir die Backen streichelte.

Nachdem mein Vater versucht hatte mir einigen Unterricht zu geben, wobei es, da er sehr heftig war, namentlich bei dem Museen manchen Verdruß und ab und zu einen Jagdhieb gab, wurde ich dem alten Schullehrer des Ortes, Kantor Thin übergeben, um mir die ersten Elemente der Wißenschaft, Lesen, Schreiben und Rechnen beizubringen. Ich mochte etwa 6-7 Jahr alt seyn. Der Kantor war ein ganz kleiner Mann, mit einer sehr großen Lockenperücke, der die Eigenthümlichkeit hatte, bei dem Singen das Maul ganz schief zu ziehen, was mich sehr ergötzte, wenn er am Neujahr Morgen mit den Sängern der Schule auf dem Hof bei uns sang und nur Ergötzlichkeit erhielt. Meinen Unterricht hatte ich in der allgemeinen Schulstube, wo über 100 Dorfkinder waren, allein an einem besonderen Tisch, mit dem Sohn eines Verwalters vom andren Hof, Nahmens Jaenert. Viel glaube ich lernte ich nicht, denn der alte Cantor mochte wohl selbst nicht viel wißen.

Nachdem 1797 der Großvater gestorben und mein Vater die Ünglinger Güter, mein Onkel Ferdinand, Vater des Minister Präsidenten, aber Schönhausen in der Theilung erhalten hatte, blieben meine Eltern noch bis 1800 in Schönhausen, da das Haus in Ünglingen erst wieder bewohnbar gemacht werden mußte. In demselben waren noch die Möbeln aus der Zeit, wo die Großeltern dort wohnten und eigentlich nur die 2 Zimmer unten links und die jetzige Eßstube einigermaßen bewohnbar. Die Zimmer oben fast nur mit Korn beschüttet, da der Speicher 1769 abgebaut und nicht wieder aufgebaut war. Im Herbst zur Hünerjagd, ging der Großvater und nach seinem Tode, meine Eltern und der Onkel auf einige Tage immer nach Üngl. Und die Mutter mit den beiden Kindern mit. Es war eine Art von Compement, doch ein Vergnügen in dem halb wüsten Hause umher zu stöbern, in dem aufgeschütteten Korn zu waten und besonders vor zu schätzen, daß Cantor Thin nicht von der Parthie war. Einige mahl im Jahr wurde ein Besuch von ein paar Tagen bei den Großeltern in Scharteuke gemacht, in tiefem Sand in einer großen 4 sitzigen Kutsche schaukelnd, die bei mir stets nach 1/3 Stunde alle Erscheinungen der Seekrankheit hervorbrachte. Doch war es ganz hübsch da, vortreffliche Kirschen und sehr merkwürdig war mir, wenn wir Redekin paßirten eine Zugbrücke und 2 kl. … im Garten und in Scharteuke ein großer Bengel von wenigstens 18 Jahr, der im Wollsack, wie ein kleines Kind ging. Mein Großvater und nach dessen Tode, meine Eltern und der Onkel, hatten eigentlich fast gar keinen Umgang weiter, als mit der Familie des sehr verehrten Meister Petri, mit welchem sie sehr befreundet waren. Es waren dort 4 oder 5 Töchter, die ältesten 3 im selben Alter wie mein Bruder und ich, unsere einzigen Spielgefährten. Mit den Bewohnern des sogenannten erdenen Hofes (nach dem 1793 erfolgten Tode des eben erwähnten alten Domherrn, deßen Gnomen ähnlicher Sohn, der auch der Herr zu Havelberg war, ein sittenloser, liederlicher Mann) hatten die Meinigen gar keinen Verkehr. Nachdem derselbe kinderlos gestorben, und erbte sein Bruder, welcher Gast des in Rathenow stehenden Karibinier Reg. war, das Gut, kam alle Jahr auf einige Wochen nach Schönhausen und sah man sich auf 2 gegenseitigen Diner.

Der Großvater, welcher in Halle studiert hatte, beschäftigte sich in der Regel in seinem Zimmer, wißenschaftlich und trieb Musik, da er in seinen späteren Jahren, noch das Cello erlernt hatte. Ich war fast immer um ihn u belustigte mich mit einem großen Geschichtsbuche, in Folio mit unzähligen Kupfern, welches eigentlich die Hauptquelle meiner sehr fragmentarischen Geschichtskenntniß ist, denn ich will hier gleich bemerken, daß ich in meinem Geschichts=Unterricht eigentlich nie über die Meder und Aßyrer hinausgekommen bin und das Wenige, was ich weiß, mir später allein durch Lektüre gesammelt habe. Unterricht hatte ich in dieser Zeit, mit Ausnahme der bei dem Cantor Thim gar nicht, lernte jedoch Lesen, Schreiben und mit den 4 Spezies Rechnen.

1800 oder 1799 glaube ich, wurde ich zu einem, wie er sich nannte, Natur Philosophen Hülsen gegeben, welcher in Lenzke bei Fehrbellin, auf einem Gute des Erben La Motte Fouquet sich niedergelaßen hatte. –

Doch vorher muß ich noch einschalten, daß meine Eltern und mein Onkel 1798, im Sommer eine Reise nach Berlin, zur Huldigung König Friedrich Wilh. III machten und mich mitnahmen, mit eignen Pferden glaube ich, ging die Reise in tiefem Sand über Brandenburg und Potsdam, von wo an Chaußee bis Berlin war. Wir wohnten unter den Linden, bei einem Grf. Legations Rath von Marconnay, einem Vetter der Großmutter und mir war sehr schrof untersagt worden, nicht allein auf die Straße zu gehen, um mich nicht zu verlaufen. Bei der Huldigung saß ich mit der Mutter, in glühender Hitze, auf einem Gerüst nach der Seite der Schloß Apotheke, und kann mir nur noch entsinnen, daß mir die Kanonenschüße sehr merkwürdig waren und ich sehr enttäuscht war, daß der auf dem Balkon des Schloßes befindliche König keine Krone aufhatte. –

Nun fortfahrend, so ging die Reise nach Lentzke über Nennhausen, von wo der Vater zurückkehrte, was mir viele Thränen kostete, und ich einige Tage blieb, da mit mir der älteste Sohn der Tochter von Herrn von Briest auf Nennhausen, Fa. von Rochow, nachherige Frau des Fouquet, zusammen nach Lentzke sollte. Es war dies Gustav der spätere Minister, 1 Jahr jünger als ich. In Nennhausen war es sehr schön, ganz anders als in unserm einfachen Hause und Leben in Schönhausen. Ein prächtiger englischer Garten und einer solchen Menge des schönsten Spielzeuges, wie ich noch nie gesehen, da ich dergleichen fast gar nicht gehabt hatte. Theodor, der jüngere Bruder von Gustav und Clärchen seine Schwester, die vor kurzem nun auch verstorbene Generalin Pfuel, wir amüsirten uns prächtig. Herr Hülsen war gekommen und mit ihm fuhren Gustav und ich nach Lentzke, wo der 3“ in unserm Kleeblatt, ein Neffe des Naturphilosophen August Hülsen, ein sehr philisterhafter Junge schon war. Der Winter (es war im Herbst als wir hinkamen) war sehr traurig, da ich vom heftigsten Heimweh geplagt, noch obenein fast den ganzen Winter unwohl war und im Frühling endlich auch das kalte Fieber bekam. Unterricht hatten wir fast gar nicht, so daß ich als ich nach 1 ½ Jahr Lentzke verließ, bis auf Lesen, ziemlich alles vergeßen hatte, was Cantor Thim mir beigebracht. Doch fing Herr Hülsen mit uns das Griechische an und wir übersetzten aus dem Gedicke die Fabel von dem Huhn, welches das goldene Ey legte!

Nach dem ich 2 Winter und 1 Sommer in Lentzke gewesen, nahmen mich meine Eltern zurück, welche indeßen nach Üngl. übergesiedelt waren. Meine Mutter, welche sehr kränklich war, ging im Sommer nach Pyrmont und nahm mich mit, wo ich viel neue, mir fremde Eindrücke bekam und ein alter Rektor der Schule, sich viel mit mir zu schaffen machte und mich auf Spaziergängen etc mit nahm.

Im Herbst wurde ich nach Kloster Berge bei Magdeburg gebracht, wo damahls über 70 Schüler waren und ich der jüngste und schwächste und wahrscheinlich der unwißendste! Es war damahls wahrscheinlich eine Tradition, daß ein Junker, zu welchem ich bestimmt war, nichts zu lernen hatte als Französisch und Mathematik, die ich beiläufig gesagt, später mit meinem Hauslehrer täglich betrieben, allein in meiner ganzen militärischen Laufbahn nur eine Anwendung des Lehrsatzes habe, daß 2 Seiten eines Dreiecks steets größer sind, als die dritte und ich also wenn ich von

a nach b gehen will, ich nicht über c , sondern gerade zu auf b gehen muß, in Folge dieser Ansicht meines guten Vaters, wurde nun mit dem Direktor des Klosters ausgemacht, daß ich bei Leibe kein Latein und Griechisch lernen sollte (ich wundere mich, daß dieser Mann, der berühmte Professor Gurlitt darauf einging). Ich sollte dafür Privatstunde im Französischen haben, was aber nie geschehen ist. Da nun 1/3 wenn nicht gar die Hälfte allen Unterrichts auf diesem, wie auf dem Gymnasien für die alten Sprachen war, so saß ich alle Tage 2 bis 3 Stunden vormittags völlig müßig auf dem Zimmer allein und ist nur ein Wunder, daß ich nicht auch auf mehr dumme Streiche verfiel, als schon der Fall war. Hätte man mich in Quinta gesetzt, wohin ich völlig unwißend gehörte, so hätte ich doch etwas von Latein gelernt, von dem nun leider nicht so viel weiß, als ein Quintaner! Meine entrée unter 70 Rangen, war nicht sehr erfreulich. Meine Eltern hatten mir von Berlin einen grünen ledernen Helm mit einem Federbusch kommen laßen, wie wahrscheinlich Knaben meines Alters, in Berlin oder Paris damahls tragen mochten. Im Kl. Berge aber hatte man eine solche Kopfbedeckung wohl noch nie gesehen und als ich damit auf dem Spielplatz erschien, hatte ich lachend die ganze Horde um mich, mit unendlichem Jubel mir den Helm vom Kopfe reißend und ihn in seine Urbestandtheile umpflückend, so daß ich ihn nie wieder sah. Ich kam mit 2 Herrn von Hÿmen und einem Zurhosen auf ein Zimmer, alle 3 in Prime und Sekunde und ließ mich alle Zeit zu dummen Streichen aufgelegt, durch den jüngern Hÿmen verleiten, dem Stuben Senior Zurhosen zerschnittene Bürsten in das Bette zu streuen, was der erstere ihm natürlich hinterbrachte und wofür ich am Abend darauf verdientermaßen abgewelt ward.

Nachdem ich 1 ½ Jahr auf dem Kloster gewesen und noch rein gar nichts gelernt hatte, als Schülerstreiche zu machen, nahm mich endlich mein Vater dort fort und zu Hause, wo mein 4 Jahre jüngerer Bruder und ich einen Hauslehrer, Herrn Zichen, erhielten. Außer Mathematik und sehr dürftigen Unterricht in Geschichte, d. h. der alten bis zu den bewußten Medern und Assyren, wurde uns aber auch eben nicht viel beigebracht. In Stendal war bei der kleinen evangelisch reformierten Gemeinde ein Prediger Mr. Dihm, welcher in der Regel am Sontag Mittag zu uns nach Üngl. herauskam und oft erst am folgenden Sontag früh wieder zur Stadt zurückkehrte, um seine kleine Gemeinde zu erbauen. Er war der Beichtvater meiner Großmutter Miltitz, die nach dem Tode des Großvaters ganz zu meinen Eltern gezogen und auch reformirt war, daneben ein gewaltiger L’hombre Spieler, was er alle Abende mit der Gr. Mutter und dem Vater spielte. Dieser Mann, der später in der Franzosenzeit, als Spion desselben völlig unterging, gab mir täglich 2 französische Stunden und zwar lasen wir zusammen, der Pastor mit dem 13jährigen Knaben, den Candide von Voltaire! Man sollte es kaum für möglich halten. Ich brachte es übrigens zu ziemlicher Fertigkeit im Französischen, was die Großmutter gewöhnlich sprach, da sie nur schlecht Deutsch konnte.

Im Jahr 1803 war ich als Junker bei dem 1“ Bat. Leibgarde eingeschrieben und bei der Gelegenheit dem König in Potsdam auf dem Lustgarten vorgestellt. Die Junker bei dem Bataillon thaten keine Dienste, wurden erst einberufen, wenn sie Off. wurden, trugen aber die Uniform …, die mir auch gemacht ward.

In diesem selben Jahr war ich eingesegnet und erhielt meinen sehr mangelhaften Religions Unterricht bei dem Prediger Pralehn in Ünglingen, einem in jeder Hinsicht verworfenen und unmoralischen Menschen. Mir ist nur noch erinnerlich, daß er hauptsächlich bemühet war alle Stunde natürlich zu erklären, u.a. den feurigen Busch des Moses, Ich ward im Hause eingesegnet und Ehren Pralehn betrank sich zu Mittag völlig. Noch immer ist mir unerklärlich, daß meine Eltern, die den Mann doch kannten, mich nicht von dem Pastor Petri in Schönhausen konfirmiren ließen, mit dem sie so befreundet waren und der ein so wackerer Mann und wie ich glaube, auch gläubiger Christ war! Bei ihm in Schönhausen ging ich aber doch wenigstens das erstemahl zum Heiligen Abendmahl, was mir sehr angenehm war, da ich ihn sehr lieb hatte. Bezeichnend ist es für die in jener Zeit so allgemeine religiöse Richtung, daß meine Eltern nicht mit mir zum Abendmahl gingen, nur allein mein Onkel Ferdinand, um, wie er sagte, den armen Jungen nicht so allein zu laßen!

Im Frühling 1804 wurde ich nach Potsdam gebracht und wohnte bei meinem Onkel Fritz, der als Major bei der Garde du Corps stand. Ich sollte dort die Junkerschule besuchen, um die erforderlichen militärischen Kentniße zu erlangen, da ich nun der älteste Junker war und bei der ersten Vakanz Off. werden konnte

In diesem Jahr wurden meine Eltern, die nicht glücklich miteinander lebten und nicht für einander paßten, wie ich glaube, geschieden. Meine Mutter und meine Gr. Mutter etablirten sich in Brandenburg, wohin mein Bruder Eduard, als ich nach Potsdam kam, auf die Ritter Akademie gekommen war.

Im Sommer 1805 erkrankte meine Mutter, welche mit der Gr. Mutter zum Besuch nach Schönhausen gekommen, an einem Nervenfieber dort und starb im Sept. daselbst, heiß beweint von mir, denn sie war stets sehr liebevoll für uns gewesen. Die Gr. Mutter ging wieder zum Vater nach Üngl. Im October 1805, ward ich Off. zu meiner nicht geringen Freude und kam zu der Leibcompagnie, die der Major von Kessel kommandirte. Nach etwa 14 Tagen oder 3 Wochen kam der Kaiser Alexander von Rußland, die Leibcomp. hatte die Ehrenwache bei ihm und ich hatte das Glück eine goldne Dose zu bekommen. Wenige Tage darauf marschirten wir aus bis nach Weissenfels, wo wir den Winter überstanden, da es in Folge der Schlacht von Austerlitz, bekantlich nicht zum Kriege gegen Frankreich kam und kehrten im Frühling 1806 wieder nach Potsdam zurück.

1806 rückten wir abermahls aus, gingen nach Erfurth und nach dem nachtheiligen Gefecht bei Saalfeld und nach dem alle möglichen dummen Streiche die Armee in die nachtheiligste Lage gebracht, über Weimar nach Auerstaedt, wo die Leibcomp. Am 13“ 8ber Abends in das Hauptquartier kommandirt ward. Den 14“ 8ber erfolgten die für Preußen so verhängnißvollen Schlachten dort und bei Jena und ich kam zum ersten Mahl in das Feuer. Nachdem wir, unter großen Drangsalen (ich zu Fuß, da mein Pferd verloren gegangen) unsern Rückmarsch über Rogätz bis Rathenow gemacht, hatte ich die Freude in letzterem Orte meinen Vater zu sehen, der von Schönhausen dorthin gekommen war, um zu erfahren ob ich auch am Leben, da man mich todt gesagt hatte. Er brachte mir ein Pferd von dem Onkel, was mir sehr erwünscht kam. In Ruppin war ich zu der Bagage kommandirt, die vom ganzen Corps vereinigt, ihren Marsch über Meiersberg, NBrandenburg, Friedland, Anklam nach Wolgast machte, wo wir, in Folge des völligen Mangels an Führung, dann nicht weiter konnten, 2 Tage stille lagen, die bei irgendeiner verständigen Anstalt hätte benutzt werden können, um doch etwas davon über die Straßen zu retten und wurden wir endlich alle dort, in Folge einer Kapitulation, gefangen, während das Corps ebenfalls bei Prenzlau schmählich kapitulirte. Die Off. wurden auf ihr Ehrenwort entlaßen und ich kehrte zu Pferde über Friedland und Rathenow, tief gebeugt, nach Schönhausen zurück, wo ich den Vater fand, und mit ihm nach Ünglingen ging, was durch einen dicht dabei gestandenen Theil des Soultschen Corps, hart mitgenommen, u. a. der ganze Reiskeller geleert war.

Eine sehr trübe und in jeder Hinsicht traurige Zeit begann nun, tief gebeugt über den tiefen Fall und den fast völligen Untergang des Vaterlandes, durch den Tilsiter Frieden als demselben ausgewießen und unter die nichtswürdige Fremdherrschaft gebracht, kämpfend mit Noth und Lanze, da der Pächter nicht gehen konnte und der Vater eine 5/4 jährige Steuer von Ünglingen als Kriegssteuer zahlen mußte, lebten wir beschränkt dahin. Nur wenn einmahl ein seltener Besuch kam, erlaubten die Umstände saure Märzburger eine Tasse Kaffee zu genießen. Morgens zum Frühstück ward Mehlsuppe bei uns genoßen, und die alte Großmutter trank Kaffee, mit allerlei Zutaten erfinderisch vermehrt. Ich hatte den Unfall im Febr. 1808 auf der Jagd den Schuß in den Arm zu erhalten, welcher mir die 2 Finger an der linken Hand lähmte. Bei der Formation der Westphälischen Armee, ward mir der Antrag gemacht, als Kapitain in die Jägergarde einzutreten, was natürlich mit Abscheu zurückgewiesen ward, um so mehr, da ich die Zusicherung von meinem rechtmäßigen König hatte, mich wieder anzustellen. Dies geschah denn auch im Frühling 1809 und ich erhielt den Befehl mich bei dem Garde Regiment zu Fuß, in welches ich als Lie. Lt. gesezt war, einzufinden, welches bei Königsberg n/m, aus Preußen kommend, stationirte. Der Vater brachte mich nach Berlin und equipirte mich nothdürftig, mit dem gewiß mühsam zusammen gerafften Gelde, gab mir auch eine höfliche Zahlung von 200rs, womit ich mich, da wir ziemlich gutes gutes Trechtement hatten, immer ausgekommen bin. Ich kam zu der 3“ Comp. dem der Hauptmann von Rex war und die in Röhrichen bei Königsberg stand. Das Regiment marschirte im July oder August nach Frankfurth a/O, wo wir bis im Dec. standen und dann mit dem König in Berlin einrückten. Das Regiment ging im Frühling nach Potsdam, wohin ich im Wagen fuhr, da ich eine ziemlich starke Lungenentzündung gehabt und deshalb nicht marschiren konnte.

Es folgte jetzt eine Zeit ernster und anstrengender Thätigkeit, die Vorbereitung zu dem Kampfe, welcher jeder erwartete und heiß ersehnte. Exerziren und Übungen jeder Art, weitaus gedehnte Maneuver mit der Berliner Garnison, weite und höchstanstrengende Märsche etc, kurz alles wodurch eine Truppe für den Krieg vorbereitet werden kann.

Mein Bruder Eduard, welcher bis dahin auf der Ritter Akademie in Brandenburg gewesen, trat in das Brandenburgische Husaren Reg. 1811 ein und nach dem er Fähndrich geworden, marschirte er 1812 mit den 2 Esq., welche den Krieg gegen Rußland mit der großen Armee mitmachten, aus. Ich sollte ihn nicht wieder sehen, denn er ward am 24“ July bei Ostrowo, bei einer Attaque erschoßen. Wohl ihm daß er so bald schon einen schönen Soldatentod fand und nicht bestimmt war, den schrecklichen Rückzug aus Moskau mit zu machen, wo alle jungen Leute der 2 Schwadronen, im Feuer umkamen und nur einige Off. und einzelne Führer das Vaterland wiedersahen.

Ende Dec. 1812 marschirte das Regiment endlich jubelnd aus, nachdem das berühmte 29“ Bulletin den Untergang der ganzen Französischen Armee eingestanden hatte. Mein hier in Carlsburg befindliches Tagebuch enthält von hier ab, bis zu unserm Einmarsch in Berlin im Aug. 1814 alles, so wie noch das über den Feldzug von 1815.

Mein Onkel Leopold, der 3“ der Brüder meines Vaters, ein sehr täthiger Jurist, wie man allgemein sagte, der bei dem Meklenburgischen Husaren Regiment als Major stand, ward den 16“ 8ber 1814 bei Möckern von einem französischen Guerre, durch die Brust geschoßen und starb 2 Tage darauf an der schweren Wunde in Halle. Mein Eltervater, mein Onkel, mein Bruder starben alle 3 also auf den Bette der Ehre!

Anf. Dec. 1815 rückte das 29“ Inf. Reg., bei welchem ich seit dem Mai stand und den Feldzug 1815 mit demselben gemacht hatte, in Coblenz ein. Ich hatte schon in Paris mich bemüht zu dem Regiment wieder versetzt zu werden, da ich der 2“ Hauptmann von unten war und mir außerdem das Off. Corps sehr wenig gefiel. Im Jan. 1816 ward ich zu dem 33“ Inf. Reg. versetzt und wurde der 3 Kapitain von Oben, also mit großem Gehalt. Ich kam zu dem Füsilier Bat. und erhielt die 10“ Comp. Das Regiment stand in Stettin und ich reiste bei bitterer Kälte, auf einem offenen Wagen, ohne Fußsack, mit sehr dünnen Mantel, Tag und Nacht über Cassel und Braunschweig nach Schönhausen, wo ich 14 Tage mit Urlaub blieb, um die Meinigen dort und in Üngl. wieder zu sehen, und traf im Anfang März in Stettin ein. Nachdem das Regiment im Herbst die große Übung bei Berlin mit gemacht hatte, von wo ich auf 6 Wochen Urlaub nach Hause nahm, rückte das Füsilier Bat. nach Stralsund, wohin ich mich Anfang Dec. zu Pferde bei tüchtiger Kälte und sehr üblen Wege durch Mecklenburg, begab.

Im Jan. machte ich die Bekanntschaft der theuren lieben Mutter bei ihrer Großmutter und am 2“ Febr verlobten wir uns. Einige Wochen nachher und nachdem die Großmutter gesehen, daß mein Vater keineswegs ein reicher Mann war und nur im Stande war mir 1000 rs Zahlung zu geben, was ihm wohl sehr schwer genug ward, kam ihr in den Sinn die Verlobung wieder rückgängig machen zu wollen und sie hatte eine große Verhandlung mit mir darüber, natürlich ohne ihren zweck zu erreichen, da ich mit meiner Braut einig und auch von meinen Schwiegereltern unterstützt ward. Im Mai marschirte das Regiment nach Schlesien, das Füsilier Bat. nach Liegnitz, wo ich mir eine Wohnung nahm, da im Herbst unsere Hochzeit seyn sollte. Das Bat. ging jedoch im Sommer nach Schweidnitz, wo dasselbe bis Anfang Nov. blieb und dann wieder in Liegnitz ein rückte. (mein Vater kam im Jan. nach Carlsb., wo ich im Urlaub war, um die Bekanntschaft der künftigen Schwiegertochter zu machen und im März dürfte ich, und im März dächte ich, habe ich den alten Carl, der mir noch immer treu dient, zum Burschen genommen.)

Meine Schwiegermutter ging im July oder Aug. mit meiner Braut nach Neudeck, um bei der ersten Entbindung meiner Schwägerin Henckel, dieselbe zu pflegen. Durch Vermittlung meines Vaters machte ich bei einem seiner Freunde, eine Anlage von 1000 # und ließ mir in Berlin einen sehr hübschen gelben Wagen bauen, der uns auch viel Freude machte, so wie ich mir noch in Breslau ein paar hübsche Wagenpferde für 80 Frd. kaufte.

In meinem schönen Wagen ging ich auf 14 Tage nach Neudeck und am 16“ Sept. war nachher dort unsere Hochzeit, am Tauftage von Carl Henckel, bei welchem wir Gevatter saßen, nicht standen. Anfang 8ber traf ich mit meiner lieben Frau in Schweidnitz ein, wo das Bat. noch stand. Mit sehr vieler Mühe war es mir vorher gelungen eine höchst bescheidene Wohnung, nur aus 2 Zimmern bestehend zu miethen und die aller nothwendigsten Mobilies dazu ebenfalls zu miethen, denn unsere Sachen waren alle in unserer Wohnung in Liegnitz. Wir lebten aber höchst vergnügt und angenehm dort, fuhren täglich mit unserer hübschen Equipage aus, hatten einige angenehme Bekannte auf dem Lande u. a. eine Frau von Zedlitz aus Teichenau, Umgang in der Stadt etc.

Anfang Nov. rückte das Bat. endlich nach Liegnitz und ich ging mit der Mutter, unserm eignen Wagen auch dahin, wo indeßen die Aussteuer der Mutter, in 7 großen Kisten angelangt, allein natürlich nicht ausgepackt war. Gegen Abend langten wir an, die liebe Mutter, welche guter Hoffnung war, höchst elend und nach dem Bette verlangend. Die Betten waren aber in den Kisten, allein in welcher? Denn ein Verzeichnis des Inhalts war nicht da. Da stand ich nun rathlos vor den 7 Kisten, hatte aber das große Glück gleich in der ersten die Betten und auch Überzüge zu finden und Christinchen konnte gleich die Betten machen, den unsere Meublen waren alle da.

Wir lebten dann weiter ganz vergnügt in Liegnitz, gingen zu Weihnachten auf 8 Tage nach Breslau zu Henckels und gaben sogar eine größere Abendgesellschaft, mit souper, wo der Konditor zu unserm großen Ärger, das Eis mit Salz verunreinigt hatte.

Im März 1818 bekam das Regiment den Befehl nach Graudenz und Thorn zu rücken, an letzterem Orte das Füsilier Bat. Wir mußten unsere hübschen Meubels mit vielen Schaden verkaufen und ich brachte meine liebe Frau nach Breslau, wo sie bis im April blieb und dann nach Carlsb. ging und da den etwa 8 Monat alten Carl Henckel mitnahm, da seine Eltern eine Reise nach Paris machen wollten. Ich ging dann, nachdem ich mir einen kleinen offenen Wagen in Breslau gekauft, über Posen, Gnesen und Inowrazlaw nach Thorn und später Anfang Juny, mit meinen eignen 2 Pferden nach Carlsb., wo am 25“ Juny uns unser lieber Fritz geboren ward. Mein Vater kam zur Taufe des ersten Enkels. Er hatte bereits 1811, da ihm der Aufenthalt in Ünglingen, unter der Westphälischen schändlichen Herrschaft zu unleidlich wurde, sich ganz in Schönhausen bei dem Onkel nieder gelaßen, wo er sich 2 Zimmer oben eingerichtet und auch blieb, als der Onkel 1815 nach Kniephof zog. Der Vater hatte, nachdem er 1813 als Kapitain der Landwehr eingetreten, nach dem Frieden 1814 den Abschied wieder genommen. Mein Onkel der General, welcher 1816 auch den Abschied genommen, etablirte sich, bis er das Templin bei Potsdam kaufte, auch in Schönhausen. Meine Frau und ich kehrten im Sept. etwa, zusammen nach Thorn zurück, wo ich mit der unsäglichsten Mühe, uns eine nur aus 2 Zimmern bestehende Wohnung bei einer alten Dame aufgethan hatte, welche in der ganzen Stadt als ganz besonders unerträglich und böse galt, doch wurden wir ganz gut mit einander fertig, bis wir im nächsten Herbst eine andere Wohnung fanden. Fritz blieb bei den Großeltern in Carlsb. Wir lebten übrigens in Thorn ganz angenehm, gaben Gesellschaften, wo dann unsere Betten in die andere Etage auf den Flur rausquartiert werden mußten, weil im Schlafzimmer soupirt werden mußte.

Im Mai 1819 ging meine liebe Frau wieder nach Carlsb., um dort ihre Wochen mit Caroline zu halten, welche am 23“ Juni geboren ward. Anfang Juny folgte ich ihr dahin. Bei der Taufe war mein Onkel der General, allein nicht mein Vater, welcher das Bad in Carlsbad besuchte. Ich hatte seit dem vorigen Herbst als Hauptmann das Kommando des Bat. erhalten, da der Major Kylenstjerna erst Urlaub und dann den Abschied nahm. Im Febr. 1819 ward ich Major und behielt das Commando des Füsilier Bat. bis im Frühling 1820 aus dem Regimente 2 firmirt wurden, das 33“ und 34“, wo ich das  1“ Bat bei dem Letzteren erhielt. Gegen den Herbst kehrten wir von Carlsb. wieder nach Thorn zurück und Fritz mit uns, während Caroline bei den Großeltern blieb. Unsere Reise machten wir immer über die Inseln, einige Tage in Kniephof bleibend. Es waren schlimme Reisen, nicht eine Spanne lang Chaußee und bei gräulichem Land ganz miserable Nachtquartiere. Im Herbst machten wir eine kleine Excursion nach Graudenz und Marienburg, damit meine Frau an erstern Orte die Bekanntschaft von Fr. von Pfuel (Frau meines Reg. Command.) machen sollte, die ungewöhnlich schön und sehr liebenswürdig war.

Im März 1820 etwa ward das 34“ Reg. formirt und ich begleitete meine liebe Frau, welche wieder nach Carlsb. gehen mußte, da das Regiment schon bald den Marsch nach seiner neuen Garnison, Stralsund und Colberg antreten sollte, bis Bromberg und ging dann mein Com. zu übernehmen nach Graudenz, von wo wir unsern Marsch brav antraten und etwas im Mai in Strals. einrückten. Wir wohnten zuerst in der Wohnung meiner Schwiegereltern, die ein eigenes Haus in der Semlower Str. hatten, bis wir im Herbst das Haus am Küter Thor bezogen, wo wir auch bis im Sommer 1828 geblieben sind. Ende September erhielt ich aus Schönhausen durch Pastor Petri die traurige Nachricht, daß mein armer Vater, deßen Gesundheit schon seit dem vorigen Jahr sehr wankend geworden, durch einen Schlagfluß gänzlich an den unteren Exträmitäten gelähmt worden sey. Mir schnell Urlaub verschaffend reiste ich sofort ab und Tag und Nacht bis Schönhausen, wo ich den Vater in sehr traurigen Zustand fand, doch hatte er noch immer Hoffnung, daß sich der Gebrauch der Beine, auch allerlei angewandten Mittel, wieder finden würde, eine Hoffnung, welche ich leider von Anfang an, nicht theilen konnte. Nach kurzer Zeit zeigten sich alle Anzeichen der Brustwaßersucht und am 17“ 8ber rief ihn der Herr zu sich. Ich ging, nachdem er auf seinen ausdrücklichen Wunsch im Garten zu Schönhausen begraben, auf einige Tage zu meiner alten tiefgebeugten Großmutter nach Ünglingen, welche im nächsten Frühling, fast 80 Jahre alt, ihm folgte und kehrte dann nach Stralsund zurück.

Wir waren mit den 1000 rs, welche mir mein Vater gab (gewiß mehr als die Hälfte seines Einkommens) und den 1200, später als Major 1800rs Tracktament immer ganz gut ausgekommen und hatten nach unserer Art sehr verständig leben können, weil wir beide es verstanden, uns auch nach der Decke zu strecken, meine liebe Frau war sehr ordentlich! und sparsame Hausfrau während wir keinen Luxus treiben. Um etwas, etwa um 1000-1500 rs, mochten sich meine Einkünfte nach dem Tode meines Vaters vermehrt haben, allein mehr wohl nicht, denn wenn ich in den folgenden Jahren später etwas mehr hatte, so kam dies daher, daß bei den so ungemein schlechten Kornpreisen der Jahre 1820/22, der Pächter in Ünglingen, mich bat, ihm die bedeutende Kornpächte, welche er mir geschuldet hatte, nach dem Anschlag abzunehmen, was ich auch that, denn der Mann war außer Stand dafür eine bedeutend höhere Pacht zu zahlen, als er das Korn verkaufen konnte. Als späterhin die Preise sich wieder ansehnlich beßerten, stand ich mich ganz wohl bei dieser Rücknahme der Pächte.

1821 3“ Aug., ward uns in Strals. Unser 3“ Kind Theodor geboren, welchen der Herr zu unserm tiefen Schmerz am 17“ Dec. uns wieder nahm.

1824, 15“ Jan., ward uns abermahls in Strals. Ein Mädchen Antonie geboren, welche ebenfalls am 22“ Febr. Gott zu sich nahm.

1828, 19“ Jan in Stralsund ein etwas zu früh geborener Knabe Theodor, der am 22“ März uns wieder entrißen ward.

5 Tage nach dem Tode des Kindes starb in Strals. Mein verehrter, würdiger Schwiegervater, nach längerem Krankenlager, an der Harnruhr, wahrscheinlich Folge einer an ihm im Herbst verübten Raubbefalles.

(Meine Frau und ich hatten den Sommer vorher, eine sehr angenehme Reise über Dresden, Prag, Wien, durch Steyermark, München und die Schweiz gemacht, die erste und auch die letzte Vergnügungsreise, welche wir uns erlaubten.)

Nach dem Tode meines Schwiegervaters gingen wir nach Carlsb., ich nahm unbestimmten Urlaub und im Herbst meinen Abschied, welchen ich als Oberst Lt. erhielt und zugleich Führer der 2“ Aufgebotes des Anklammer Landwehr Bat. ward. Diesen und die nächsten Winter blieben wir in Strals., wo uns meine Schwiegermutter einen Theil ihres Hauses überließ.

1829, 27“ Nov. ward uns in Strals. abermahls eine Tochter Clara geboren, welche aber am 22“ Febr. 1830 der Herr uns wieder nahm.

1831, 15“ Apr. schenkte uns Gott in Carlsburg abermahls ein Mädchen Louise, die aber uns zum tiefsten Kummer am 6“ März 1832, durch den Tod wieder entrißen ward. Ich war in Ünglingen und Berlin abwesend und trotz meiner schleunigen Rückkehr fand ich mein liebes Kind schon als Leich.

1832, 3“ July, ward meine liebe Frau in Carlsb. von Zwillingen entbunden, von welchen der eine wenige Stunden nachher verstarb, der andre Carl uns der Herr erhielt, so wenig Hoffnung wir auch dazu, wegen seiner ungemeinen Kleinheit haben mochten.

(1831 war ich zum Landtags Abgeordneten gewählt und bin es bis jetzt auch geblieben)

1832 im Aug. kam unser lieber Fritz zu den Cadetten nach Berlin. Wir gingen zum Winter nach Berlin, wo wir dann auch alle folgenden Winter bis zum März 1848, sehr angenehm zubrachten, bis wir voll Ekel über das, was wir am 18“ März und folgende Tage dort erlebten, unsere Wohnung aufgaben.

Am 3“ July 1832 ward als unser jüngster lieber Sohn Carl geboren, deßen Zwillingsbruder, wenige Stunden nach der Geburt starb. Den 16“ Juny 1837 war die Hochzeit unserer lieben Caroline.

Ich ging im Juny 1840 zur Bestellung der Hochseeligen Königs Friedrich Wilhelm III und im Herbst als Deputierter des Kreises zu der am 15“ 8ber stattfindenden Huldigung seines Nachfolgers, welcher die Gnade hatte mir den rothen Adlerorden 2“ Kl. zu verleihen. Im Sommer des vorhergehenden Jahres (28“ Aug. 39) war die Großmutter Normann in Niederhof gestorben.

Am 16“ Sept 1842 feyerten wir, umgeben von unsern Kindern, unsere silberne Hochzeit in Carlsburg. Nur unser lieber Fritz fehlte, da er im Frühling die Reise mit dem Prinzen Adalbert nach Brasilien angetreten hatte. Ich ward im Winter 1841 zum Landtags Marschall der Kammer ernannt, was ich noch bis jetzt jedesmahl gewesen bin.

Im Frühling ( 22“ März) 1843 ward ich zum Obersten in der Landwehr ernannt.

1847 im Frühling wohnte ich dem ersten vereinigten Landtag, als Landtagsmarschall und im Apr. 1848 dem schmaleren zweiten bei, auf dem wir den entsetzlichen 18“ März und folgende Tage in Berlin mit erlebt haben und in Folge dann unseren Winteraufenthalt dort aufgaben.

1850 im Mai war die Hochzeit von Fritz in Dresden, bei welcher wir zugegen waren und im Juny kam der junge Herr nach Carlsburg, wo den Leuten zur Feyer der Ankunft ein Fest gegeben ward. (C. Hausbuch).

1854, erhielt ich auch mein Ansuchen den Abschied als Generalmajor.

Im April 1856 erkrankte meine lebe Frau, bei unserer Ankunft in Hannover, sehr schwer an einer Leberentzündung und wir gingen, in Folge davon, im Juny nach Carlsbad, von wo wir, nachdem es ihr sehr wohlthätig gewesen, Anfang Aug. nach Carlsb. zurückkehrten, allein in der Nacht v. 20“-21“ Dec. bekam sie ein starkes Blutspeyen, welches uns in die größte Sorge versetzte und gingen wir

1857 im Juny wieder abermahls nach Carlsbad, welches wir, da es ihr sehr schlecht bekam, im July verließen, wo sie sehr schwach in Carlsburg wieder anlangte. Am 6“ 7ber starb meine Schwiegermutter in Niederhof und den 15“ 8ber verließen wir Carlsburg und gingen nach Venedig, wo der Herr mir 1858, 14“ Jan., die überaus geliebte, theure Lebensgefährtin nahm. (L des Hausbuchs)

1861 im Januar ging mein Sohn Fritz nach Syrien und ich wohnte am 15“ 8ber der Krönung in Königsberg bei, wo ich den Stern zum rothen Adlerorden 2“ Kl. erhielt.

1863 war ich im März bei der Grundsteinlegung des Denkmahls König Friedrich Wilhelm III und der 50jährigen Feyer des Beginnes des Freiheitskrieges zugegen und S. M. der König ertheilte mir einige Tage zuvor den Charakter als General Lieutnant und als ich am 2“ Mai dem 50jährigen Jahrestage der Schlacht von Gr. Görschen mit meinem alten 1“ Garde Regimente beiwohnte, erhielt ich den rothen Adler Orden 1“ Klaße, durch die Gnade des Königs.

Im Frühling 1864 erfreute sich das alte Soldatenherz an den herrlichen Thaten desjenigen Theils der Armee, welche den Feldzug in Schleswig so glorreich mitmachten.

Bei der 50jährigen Jubelfeyer der Einverleibung von Neuvorpommern in den Preußischen Staat, hatte Sn. M. der König die Gnade mir am 25“ Mai 1865 den Kronen Orden 1 Klaße mit dem Emaille Orden des rothen Adler Ordens zu verleihen. 1866 hatte ich am Abend meiner Tage, noch das große Glück den ruhmvollen Feldzug unseres unvergleichlichen Heeres gegen Östreich und ganz Deutschland zu erleben, der unser Vaterland auf den Gipfel des Ruhmes brachte, und ihm diejenige Stellung unter den Mächten gab, welche ihm gebührt. Der gnädige Gott führte meine beiden Söhne unversehrt zurück. Ich wohnte mit inbrünstigem Danke für den Herrn Beistand am 20“ Sept dem unvergeßlichen Einzuge des Königs an die Spitze der ruhmgekrönten Truppen in Berlin bei, stolz ein Preuße zu seyn und nur beklagend, daß mir mein Alter nicht mehr gestattet hatte, noch einmahl mein Blut für das Vaterland zu vergießen. Allerdings war auch tiefe Wehmuth mit dieser Freude verbunden, indem Gott meinen Schwiegersohn am 14“ Sept, nach schwerem Leiden zu sich genommen und die arme Caroline darauf in tiefe Trauer versetzt, ihm selbst aber durch seinen Heimgang, gewiß vielen bitteren Schmerz erspart hatte. –

Wenn ich nun heut, am Abend meiner Tage, auf mein langes Leben zurückblicke, so erfüllt inbrünstiger Dank gegen Gott den Herrn mein Herz, für seine gnädige Führung. Mit gesundem Körper, von rechtschaffnen Eltern geboren, habe ich mich bis in mein hohes Alter, fast unausgesetzt einer guten Gesundheit erfreut und der Herr hat mir bis heut meinen Sinne gelaßen und mich von welchen Beschwerden des Alters gnädig bewahrt, so daß ich doch meine Geschäfte besorgen kann. Er hatte mir in Eurer lieben Mutter eine Lebensgefährtin gegeben, die alles in sich vereinigte, was zu meinem vollständigen Glücke nöthig war und mich fast 40 Jahre dieses Glück genießen laßen. Er schenkte uns Kinder, welche wohlgerathen uns nur Freude machten und Enkel, die meine und ihrer Eltern Freude und Hoffnung sind. Er hat mich gnädig beschützt in mancher Stunde der Gefahr und mir Kinder, Enkel und Urenkel gesund erhalten und bewahrt. Seine Gnade gab Eurer theuren Mutter und mir, einen einfachen und zufriedenen Sinn und bewahrte uns der Neigung zu unnützen Ausgaben und thörichten Aufwand und meine Bemühungen segnete, bin ich in der Lage meinen Kindern ein anständiges und auskömmliches Habe zu hinterlaßen, wenn gleich wir ziemlich klein anfingen. Nachdem ich mit 17 Jahren unser geliebtes Vaterland unter der Last des Würgers, fast völlig in Trümmer zerfallen sah, hat Gott mich seine völlige Wiederherstellung sehen laßen und mich gewürdigt in den ruhmvollen Kämpfen (zu bestehen).