Zu baulichen Veränderungen des Karlsburger Schlosses: Brief Friedrich von Bismarck-Bohlens an seinen Sohn Friedrich Carl

Im März 1891 offeriert Friedrich Carl Alexander Theodor Paul Graf von Bismarck-Bohlen seinem Sohn Friedrich Carl eine Auflistung der in der Zukunft zu erledigenden Um- und Neubauten am und im Karlsburger Schloss, welche dann Helene geb. Tiele-Winckler, die Frau von Friedrich Carl, in die Tat umsetzte. Dazu beschreibt er in einem Brief das Interieur, ermahnt seine Nachkommen die Ausstattung in Ehren zu erhalten wie es die Vorfahren schon getan hätten. Er beschreibt ausführlich die am Schloss notwendigen Reparaturen. Durch den Brief bekommt man einen Ahnung von der Einrichtung des Schlosses, wie sie einmal war. Nachfolgend ist der Originaltext eingestellt.

Zweck der baulichen Veränderungen im Carlsburger Schloß

  1. Sicherung der Gallerie (Bibliothek) u. des Eßzimmers durch Erneuerung der Balken, die sämtlich schadhaft.
  2. Verbindung des Flügels mit dem alten Hause, oben.
  3. Erleichterung des Schlosses durch Fortnahme der geschleiften Schornsteine, u. dadurch verringerte Feuergefahr. –
  4. Herstellung eines größeren Fluhrs (Halle) unten über dem Perron.
  5. Schaffung ordentlicher hinreichender Räume für das dienende Personal u. die Hauswirthschaft.
  6. Eine angenehme Vorfahrt zum Ein: und Aussteigen
  7. Gemeinsames Schlafzimmer für den Hausherrn u. Hausfrau.
  8. Herstellung der nöthigen Kinder:Zimmer u. nöthigen Bequemlichkeiten für ihre Umgebung.
  9. Daß das Schloß für die kalten Jahreszeiten wärmer wird.
  10. Anlage 2er Wasserheizungen (Öfen werden beibehalten) für das alte Haus, vor dem Weinkeller; für den Flügel unter der Halle oder im Holzkeller nebst Nebenkeller.
  11. Erhöhung der ganzen oberen Etage im Flügel u. alten Hause die nur 11 Fuß haben auf 14 Fuß. Das Material liefern die Schornsteine voraussichtlich.
  12. Schönes Thurmzimmer über dem Perron mit Aussicht über den ganzen Hof; Friedr. Carls Sammlungen v. Geweihen u. Rauchzimmer geeignet.

Ausführung

  1. Die Balken in der Gallerie u. Eßzimmer werden fortgenommen u. durch neue ersetzt
  2. Die Verbindung zwischen Flügel u. altem Hause, oben, wird hergestellt (der Flhr nach Norden hin)
  3. Zimmer auf der Südseite. No: 2 u. No 3 befinden sich also über der Gallerie (Bibliothek)
  4. Abtragen der geschleiften Schornsteine im alten Hause u. Flügel.
  5. Halle über dem Perron herstellen. Zumauern der 3 Fenster des jetzigen Eßzimmers …
  6. Die jetzige Hausthür und das Fenster an der Schenke werden durch 2 Bogen ersetzt die in der Mitte an einen Pfeiler sich stützen; (bleibt zwischen Hausthür u. Fenster stehn)
  7. Wagenschutz nach dem Hof zum Aus: u. Einsteigen in die Wagen
  8. Aufzug für Speisen nach der Küche.
  9. Verlegen der Küchentreppe, so daß man aus der Halle direkt in diese kann.
  10. Fortnahme der alten Treppe nach oben u. in den Keller
  11. Einrichtung der gemeinsamen Schlafstube für den Hausherrn u. Gemalin – rep. Wochenzimmer. Der ganze Raum der jetzt von der Schlafstube u. Garderobe eingenommen wir, ist nöthig. Entfernung der Mauer am jetzigen Bett u. Ersatz durch einen Bogen; wie denn überhaupt die ganze Schlafstube leicht eingewölbt werden muß um bei Feuergefahr das Wohnzimmer gesichert zu haben. Zumauern des Fensters über dem Tresor. Ausgang vom Schlafzimmer nach der Jungfernstube vor den Betten, nach dem Ofen zu um dort Nahrung für Baby u. Wöchnerin bereiten zu können Bett in der Jungfernstube.
  12. Da die jetzige obere Etage nur c. 11 Fuß (?) hoch ist, so empfiehlt es sich alle Etagen im Flügel u. altem Hause aus Gesundheitsrücksichten auf 14 Fuß zu erhöhen.
  13. Eindecken des Neubaus mit Schiefer
  14. Der Neubau wird nicht viele Kosten machen.

Carlsburg 9ter März 1891

Mein lieber Friedrich Carl!

Der Wunsch Dich über unser altes liebes Haus und seine Einrichtung zu orientieren u. auch unsere Nachkommen dermaleinst Gelegenheit zu geben Pietät walten zu lassen in alten Sachen, die oft Generationen gedient haben u. dann auf Kutscher u. Bedientenstuben ruinirt werden, was vermieden werden kann, wenn man weiß wem sie früher gedient u. endlich der Umstand, daß ich der Einzige bin nebst meiner lieben Schwester der noch mit meinen lieben Großeltern Bohlen Carlsburg u. seine damalige Bewohnung gekannt hat, veranlaßt mich zu diesen Aufzeichnungen, die ich besonders für Dich bestimme. Fern liegt mir der Gedanke Dich dadurch beeinflußen zu wollen, über die Einrichtung Eures künftigen Heimes, da ich wohl weiß, daß jede Generation ihre Ansichten u. ihre Bedürfnisse hat, u. mich u. die geliebte Mutter – die wir so ziemlich alles gelassen haben u. so bewohnten, wie es von meinen Eltern auf uns gekommen – als Vorbild für Euch hinstellen zu wollen, nicht verleugnen der darin sich ausdrückt, daß ich eine Genugthuung darin finde, zu wohnen wie meine Vorfahren „war ihnen gut genug, soll es auch für mich sein“. Ohne diesen Zug würde man ja überhaupt alte Hauseinrichtungen nicht finden u. das was ich hier erlebt u. mit eigenen Augen gesehn stärkte mich noch in meinem Gefühl. Die Bettstelle in der meine liebe Mutter u. Großmutter auch meine geliebte Frau gelegen u. in der ich u. meine liebe Schwester u. unser Bruder Carl geboren, fand ich auf dem Diener:Zimmer u ließ sie wieder an ihren Platz bringen unten in meiner Frau Schlafstube.

Carlsburg ist wie des Näheren aus dem Hausbuch ersichtlich, von dem kg. Schwedischen Regierungsrat Carl Heinrich Berndt von Bohlen, der 1745 in den Reichsgrafenstand erhoben ward – erbaut, nachdem der ganze Hof 1732 abgebrandt war; es ließ damals Gnatzkow (wohl mit dem slavischen Wort Gnas – Nacht zusammen hängend – Nachtdorf – Nachtort; worauf mein verehrter Herr u. König Fried. Wilhelm IV mich noch hingewiesen, bei einem Besuch hier) daß übrigens eine Veränderung der ganzen Hoflage u namentlich des Herrnhauses beabsichtigt war, schon vor dem Brande, darf man aus dem alten Bauplan annehmen, der schon von 1731 datirt, wenn ich mich richtig erinnere, auch königl. Schwedischer Regierungsrat – sein großes Bild in der drap d’or Weste hängt in der weißen Gallerie dessen Mutter u Großmutter Fräulein v. Normanns waren – hat Gnatzkow zuerst besessen u. wahrscheinlich wohnte schon sein Vater Olof von Bohlen daselbst, der erste Bohlen der von Wittow, wo die Familie herstammt, nach Pommern resp. Gnatzkow  seiner Frau Marie Lucretia v. Normann folgend. Als dieser Zweig der Normanns in männlicher Linie erloschen belehnte Carl XI seinen Kanzler Freiherrn v. Lagerström 1798 mit Gnatzkow, der aber schon im folgenden Jahre von dem daselbst wohnenden Christoph v. B. gegen eine Kaufsumme erworben wurde. (rid. Hausbuch u. den sehr interessanten dort einliegenden eigenhändigen Brf des Herrn v. Bohlen des Historographen seiner Familie) Jasedow ward 1702 – der adlige Antheil von Zarnekow schon früher erworben.

Der Erbauer Carl Heinrich Berndt v. B. lebte zum Theil in Stralsund, wo ihm das schöne Haus, was jetzt dem Landkasten zu eigen, gehörte – in der Bader Straße gerade gegenüber der Regierung – dieß mochte wohl mit die Veranlassung sein, daß der Bau mehr für sommerliche u. gesellschaftliche Verhältnisse als für winterliche Häuslichkeit berechnet worden ist. Im corps de logis wohnte die Frau im schwedischen Kabinet, der Mann im jetzigen Königszimmer mit Ausgang in die große Gallerie – Bibliothek – durch das brasilianische Kabinet u. eine 2te Tür die übertapezirt in einen Bücherschrank der Bibliothek erkennbar ist. Schlafzimmer war die Alkovenstube, Eßzimmer die alte Eßstube. Die alte Küche – jetzt Waschraum befand sich unter dem brasilianischen Kabinet u. die schönen Kellerräume gewährten für alle wirtschaftlichen Bedürfnisse überreichlichen Raum. Die obere Etage des alten Hauses, die für die Familie u. den Besuch bestimmt war zeigt in ihrer Eintheilung, daß meist 1 zweifenstriges Wohnzimmer mit einem 1fenstrigen Schlafzimmer od. Kabinet in Verbindung stand. Das sogenannte alte Schulzimmer ward vom „Herrn Magister“ eingenommen dem Hauslehrer der jungen Herrn, wo noch mein lieber Großvater mit seinen zahlreichen Brüdern manchen Seufzer ausgestoßen haben mag. – Der Flügel ist wohl vom Erbauer nicht eingerichtet gewesen. Die großen Ausgaben für den Haus: Hofaufbau hatten sein ansehnliches Vermögen doch so angegriffen, daß er, als 1757 der siebenjährige Krieg für Preußen ausbrach an den Schweden sich als Gegner beteiligte, seinen Gläubigern nicht gerecht werden konnte. Ein plötzlicher Tod befreite ihn von dem Zusammenbruch der dann erfolgte, womit sein ältester Sohn der spätere Generallieutnant u. Generaladjutant Graf Carl v. Bohlen die Güter aus dem Concurs kaufte. – Von ihm, der auch einige Zeit in preuß. Dienst u. zwar als Adjutant Friedrich II gewesen u. nachher Schwedischer Gesandter in Berlin war, ist die Einrichtung des Flügels ausgegangen wie auch die des Alkoven:Zimmers der … Kabinette. Die weiße Gallerie u. die große Gallerie mit seiner Bibliothek, waren nur dürftig eingerichtet, wie ich mir aus frühester Kindheit erinnere; letztere war im klassischen Styl gedacht, da die Wände zwischen den Fenstern die broncirten Gipsköpfe der römischen Kaiser zeigten, vor deren dunkeln u. mageren Gesichtern ich mich als Knabe offen gesagt, oft fürchtete. Das Eßzimmer hatte seine schönen Kupferstiche u. werthvollen Stiche in schwarzer Kunst noch wie heute. Die Decke war Kassettenartig gemalt mit einer Lichtöffnung u. Gallerie im Centrum, auf der zwei bunte Vögel saßen die jedesmal wenn wir als Kinder – meine liebe Schwester u. ich – mit den Eltern aus Stralsund kamen, unsere ununterbrochene Aufmerksamkeit erregten, so daß wir ermahnt wurden: nicht immer nach oben zu gucken.

Das jetzige grüne Zimmer mit der seidenen Tapete u. unsern Bildern, war Wohnzimmer der Herrin, mit alten haute de lisse Tapeten u. dem jetzigen in die Wand eingelassenen Spiegel versehn. Die Tapeten waren düstere große Landschaften in gestickter Wolle u. Seide darstellend, in der 2 Flamingos sich kenntlich machten; ein großer u. ein kleiner. Meine theure Großmutter Bohlen, die Freude am Leben u. geistig hochbegabt war nun seit 1809 von dem glänzenden aber kleinen Hof zu Cassel (der alte Fürst Wittgenstein, Minister des Hauses unter Friedrich Wilhelm III. hat mir als junger Officier in seinem hessischen Dialekt öfter gesagt: lieber Kraf ihre Frau Großmutter war die einzigste anständige Dame (Tame) in Cassel am Hof! Mein Großvater Hofmarschall bei dem Kurfürsten blieb auf dessen bestimmten Wunsch auch unter d. Bonaparte damit nicht alles drüber u. drunter gehe. Lange konnte es doch nicht dauern) unter dem berüchtigten Jerome Bonaparte in die Carlsburger Einsamkeit mit ihren beiden Töchtern versetzt war – hatte beiden Kindern in den Flamingos ihre Zukunft vorausgesagt – wie sie in der Einsamkeit hier sitzen bleiben würden; der kleine meine selige Mutter, der große die liebe Tante Henckel die mehr als Frauengröße erreichte. Es ist ja aber alles anders gekommen, durch Gottes Gnade. – das Folgende Zimmer jetzige Bilderstube – hatte die schöne alte Seidentapete mit den Hirschen u. ein entsprechendes Ameublement mit demselben Stoff. Bei der Eltermutter Bohlen soll es Schlafzimmer gewesen sein, mit einem großen Himmelbett für das Ehepaar; das Kabinet das Schreibzimmer der Frau, das jetzige Schlafzimmer das Toilettenzimmer u. Garderobe u. Jungfernzimmer daran stoßend. Meine liebe Großmutter u. Mutter durch die Noth der Zeit in einfacherer Art wohnend, hatten dieß aufgegeben das dort befindliche kleine Bureau stammt von meiner lieben Mutter; u. war ein Geschenk ihrer Großmutter Normann meiner Eltermutter aus ihrer Mädchenzeit stammt. Ende der dreißiger Jahre so daß meine liebe Schwester u. ich  c. 18 Jahr mit Ihr erlebt haben. Sie bewohnten das Kabinet, in dem wo jetzt der Schreibtisch steht, ein die Nische ausfüllendes bequemes einfaches Sopha mit vielen Rückenkissen stand; sie saßen im Fenster vor sich ihren kleinen Arbeitstisch u. in der Rundung stand ein Lehnstuhl für Großvater u. Vater, das Ameublement bestand aus schönen geschnitzten Stühlen a l’empire mit Bocksfüßen, die noch oben auf d. alten Schulstube stehn u. wohl besser in das Alkovenzimmer passen würden. Oben bewohnte der Eltervater Bohlen die ganze Etage; Schlafzimmer war Louisens Zimmer; links eine Thür in mein Schlafzimmer was durchgetheilt war, für Garderobe u. Kammerdiener; mein lieber Vater hat erst die Wand entfernen lassen, um ein größeres Schlafzimmer zu bekommen, da mein sel. Großvater in dem kleinen Kammerdienerzimmer schlief u. mein u. meines lieben Vaters Wohnzimmer auch das seinige war. Die schönen alten Mahagoni Meubel aus Vollholz, nebst Schreibtisch, stammen noch vom Eltervater Bohlen, der dieß Zimmer als Rauchzimmer benutzte, wärend das jetzige grüne Zimmer nach dem Garten herraus, Billardzimmer u. das anstoßende mit den beiden Betten sein Wohnzimmer mit Schreibkabinet daneben eine höchst bequeme Quartier ausmachten. Von ihm stammen auch noch die Bilder über den Thüren: Seidlitz u. Zietens Grabmal u. Schwerins Tod bei Prag die als Zeichen der Zeit erhalten werden mußten. Die Kupferstiche stammen von meiner lieben Großmutter ebenso der schöne „Kannitz“ ein alter Mahagoni Schreibtisch von ihrem Vater Walsleben im Styl meiner Meubel; augenblicklich im grünen Zimmer stehend. Die Ories of London u. die in rother Farbe, Werthers Leiden u. Sienen aus dem Shakespeare darstellend wie sie denn überhaupt diese Zimmer bei meinen lieben Eltern bewohnte, wärend die Eltern in großelterlicher Zeit auch dort wohnten: meine liebe Schwester u. ich sind auch dort oben geboren u. standen das Bett meiner lieben Frau u. das in dem ich schlafe dort: diese Bettstellen dienten 3 Generationen: den Großeltern den Eltern u. uns (vid. … Bogen 1). Auch für die Bedienung war früher besser gesorgt. Der Durchbau über Garderobe u. Mädchenzimmer ist erst von meinem Vater angelegt. Unter den Großeltern war das Mädchenzimmer u. Bedientenzimmer hoch u. durchgehend u. richtig an der Thür u. Treppe gelegen. Über dem 1fenstrigen Jungfernzimmer war ein Durchbau: das Mädchenchor mit einer Treppe in die Jungfernstube. Beide hatten aber nur kürzeste Verbindung durch die Bedientenstube, was freilich nicht ganz sachgemäßig erscheint. Die Leute speisten in der sogenannten Kammerstube, unten links im Keller, dann Plettstube u. nun wiederum der Speiseraum bei zahlreicherer Dienerschaft. Die Garderobe war auch hoch u. nicht durchgebaut wie jetzt. Sehr schön u. werthvoll sind dann noch die Mahagoni Meubel in der Eßstube die alle über 100 Jahr alt der 4ten Generation dienen; Tische u. Stühle sind aus Mahagoni Vollholz; nur der Eßtisch ist von mir angeschafft von Mackenthun in Stralsund; ebenso der große in der Bibliothek – ein abgeänderter Billard – zu 40 Personen. Die Bibliothek od. große Gallerie ist von meinen lieben Eltern als Erinnerung an die große Zeit die sie erlebten, eingerichtet worden u. empfehle ich ihre Erhaltung der Pietät meiner Nachkommen. Die schönen Büsten der Feldherrn u. Könige u. ihrer Staatsmänner, bringen die Freiheitskriege u. die Erhebung Preußens zu Erinnerung u. die gegenüber stehenden Gruppen sind die sehr werthvollen u. seltenen Abgüße der in Marmor von dem Bildhauer Schadow in Berlin angefertigten Meisterwerke, die von König Friedrich Wilhelm IV als Kronprinz bestellt, im Zimmer der Königin Elisabeth sich befanden u. wohl auch noch dort sich befinden werden. Sie zeigen die Erneuerung der Sculptur u. der Kunst im allgemeinen, die im Anschluß an die Antike bei uns nach unserer politischen Erhebung durch Rauch u. Schadow, diese großen Meister ins Leben gerufen wurden. Die Büsten von Göthe, Schiller, Alexander von Humboldt u. Rauch über den Thüren, u. die von Blücher, Scharnhorst, Hardenberg u. Wilhelm v. Humboldt sowie die Friedr. Wilhelm III u. Fried. W. IV als Krönprinz (besonders schön) sind von Rauch. Von unserem Kaiser Wilhelm muß noch eine Büste aus d. Zeit der Freiheitskriege gesucht werden. Die Bücherwände sind zu hoch, so daß hier an eine Änderung gedacht werden muß, wobei dann auch die große Menge noch unaufgestellter Bücher, die sich noch in Kisten  z. Theil befindet, zu berücksichtigen sein werden.

Als besonders wertvoll erwähne ich auch noch die schönen Kupferstiche auf der Berliner Stube, die von meinem Großvater Bohlen stammen u. sich früher in schönen Vollmahagoni Rahmen mit einem Perlrand befanden, die noch zum Theil auf dem Boden liegen. Der Geschmack der Zeit konnte soweit gehen sie mit den jetzigen Goldkästen zu vertauschen! –

Zweier großer Oelbilder muß ich noch erwähnen: einmal, den Feldmarschall Schwerin – Originalbild – durch meinen Eltervater Bohlen auf der Auction in Schwerinsburg erstanden, in dem dort nach seinem glorreichen Tod vor Prag der Concurs über das Vermögen seines Schwagers, des Feldmarschalls ausbrach. Beide hatten … Krassow aus dem Pansewitzer Hause zu trauen; sie waren Schwestern. Schwein war ein Lebemann der eine eigene Schauspieler Truppe z. Zeiten hatte u. viel mehr ausgab als er hatte. Als Zeichen vormaliger Zeiten mögte ich hier erwähnen, was ich aus Herrn von Bohlens dem Historiografen eigenem Munde öfter erzählen gehört – daß, Schwerin, der in Anklam sein Regiment hatte als sein Schwiegervater in Pansewitz gestorben u. man ihm die Einsicht in sein Testament verweigerte, er mit einem Commando Unterofficiere sich über die Gränze machte um aus Pansewitz mit Gewalt das betreffende Aktenstück fort zu nehmen; er kam auch bis Stralsund, von wo aber der Besitzer v. Pansewitz benachrichtigt wurde u. nun vom dortigen Kommandanten eine Kavallerie Abteilung requirirte die den Überfall verhinderte. – Mit ihm dem alten Haudegen soll auch eine Beziehung zu dem 2ten großen Bilde bestanden haben: die sogenannte Äbtissin von Wackenitz, was sich noch im alten Haus befindet; sie war Äbtissin des Fräulein Klosters in Barth u. da damals Kenz ein beliebter Brunnenkurort war, so mögen ihre braunen u. Ihr kokettes Gebahren, das auch im Bilde augenscheinlich ist, dem alten Herrn es angethan haben. Das 3te große u. schönste Bild im schwedischen Kabinet – Ulricke Eleonore Königin von Schweden. Schwester Friedrich des Großen ist so viel ich gehört, ein Geschenk von ihr an den Eltervater, dem Generaladjutanten, gewesen. Das Original hängt in Berlin im Schloß in der sogenannten Rothen Gallerie hinter den braunschweigischen Kammern, wo ich es selber gesehn. –

Von den Glas u. Porzellansachen sind einige Stücke bemerkenswerth; alles ist altes Familieneigenthum. Das Service in Sevee mit Kornblumen, was überaus vollständig u. bei großen Diners gebraucht wird, stammt von meinem lieben Schwiegervater Below, der als Inspekteur der Bundesfestung es zollfrei aus Frankreich sich kommen ließ. Das chinesische Theesevice – Meißner – stammt vom Eltervater Bohlen; ebenso das mit runden Tassen – Berliner Fabrikat – ist ein Geschenk Friedrich II an ihn. Sehr werthvoll u. selten – nach Graf Behr Semlow – sollen die Vasen von Fayence weiß mit blauen Zeichnungen sein – die aus der Hyddenseer Fabrik bei Stralsund stammen, die im Besitz des Herrn von Giese – demselben dem Niederhof gehörte – in der Mitte des vorigen Jahrhunderts war. Von den Erben kaufte meine Eltermutter Niederhof Ende des vorigen Jahrhunderts. Auch die sind von Eltervater, ebenso wie die große AUSNEHMEND SCHÖNE Tischplatte in Emaille, die als Curiosium in der weißen Gallerie sich befindet. Das brasilianische Kabinet u. die Steinsammlung erwähne ich nicht weiter: erstere erhielt ich als Knabe vom Onkel Weitz=Eschen in Cassel u. letzteres war von meinem theuren Vater eingerichtet, aus dem was ich von der brasilianischen Reise mit dem Prinzen Adalbert v. Preußen heimbrachte, vermehrt noch durch Einiges was unser lieber Fried. Carl aus Egypten heimbrachte. Die Boa erlegte ich mit meinem Freund u.! Reisegefährten dem Grafen Oriolla, was sich ausführlich in meinen Reiseerinnerungen befindet. Wir verehrten die Haut dem Prinzen Adalbert dessen Gemahlin sie mir nach dem Tode des Prinzen schenkte. Die Tafel erwähnt die Sache. –

Das schöne große Ölbild v. Kaiser Wilhelm I das jetzt im Eßzimmer hängt, paßt ganz genau in die Nische im Königszimmer über dem Sopha; dort ist eigentlich wohl der richtige Platz; ich nahm es in das Eßzimmer wo ich mich täglich über das ähnliche Bild meines theuren alten Herrn u. Kaiser freute. In dem Königszimmer befinden sich noch 2 Schränke übereinander; der eine ist für die Ordens u. Ehrenzeichen gedacht die unsere u. auch fremde Potentaten den Gliedern unseres Geschlechtes verliehen haben. –

Nachdem ich nun Bericht über den Status quo unseres alten Familienhauses gegeben, mögte noch für die Zukunft einige Bemerkungen anschließen, über seinen baulichen Zustand u. über die wohl wünschenswerthen Veränderungen zu denen ich mich wegen der Kosten u. wegen meines Alters nicht entschließen konnte. –

Zuerst bemerke ich im Allgemeinen, daß die schweren geschleppten Schornsteine – die jetzt gar nicht mehr angelegt werden dürfen – sowohl den Flügel wie das alte Haus schwer belasten u. deren Entfernung eine wesentliche Verbesserung sein würden; nicht allein durch Entlastung des Gebäudes sondern auch bezüglich des Raumes der dadurch gewonnen würde für wirthschaftliche Bedürfnisse u. Wohnungsräume für die Dienerschaft. Trockenböden, Garderoben, Raum für Kleiderschränke u. Diener: resp. Mädchenzimmer würden sich dann nach Belieben herstellen lassen, was wegen der Entfernung zwischen Flügel u. Corps de logis an beiden Stellen wohl nöthig wird, um die Schleppereien z.B. auch der Meubel zu verringern. Das Erforderniß eines Trockenbodens sowohl im Flügel wie im alten Hause, eines erschließbaren Raumes für die unreine Wäsche, eines Gardmeubels auch im Flügel hat sich oft fühlbar gemacht. Nimmt man die Schornsteine fort u ersetzt sie durch russische Rohre, so ist eine Veränderung des Daches geboten. Die alten glasirten Pfannen des Flügels müßten durch ein Schieferdach ersetzt werden, weil sie meist schafhaft sind u. den … nicht mehr halten; nach jedem Sturm ist eigentlich Reparatur erforderlich; im alten Haus ist die ganze Eisenbekleidung unter dem Schieferdach verbraucht; auch diese müßte durch Schiefer ersetzt werden, was freilich auch wohl eine Änderung in der Holzconstruction erfordern würde, weil eine Biegung mit Schiefer wohl schwer herzustellen, wenigstens nie so haltbar sein wird, wie ein gerades Schieferdach. Wenn denn doch an eine so weitgehende bauliche Veränderung gegangen – wahrscheinlich werden sich auch schadhafte Balken ergeben, wie dieß z. B. in der Gallerie vielfach der Fall ist, so tritt die Frage ev. Heran, ob man nicht überhaupt sich zu einer weitgehenden baulichen Änderung entschließen will, die schon meinen lieben Vater u. auch mich beschäftigt hat, so daß schon Entwürfe u. Zeichnungen gemacht wurden u. ich einen Architekten auch aus Berlin vor Jahren kommen ließ dessen Vorschläge ich erwähnen werde. –

Es handelte sich um die sehr wichtige Schaffung einer direkten Verbindung zwischen Corps de logis u. Flügel, über der Gallerie fort, sodaß die Treppen erspart werden. Da, wie schon erwähnt, fast alle Balken in der Gallerie schadhaft sind auch der Windelboden, der eigentlich gar kein Windelboden ist – höchst leichtfertig ausgeführt worden, so daß auch schon mehrere Mal ganze Stücken des Deckenputzes herunter gefallen sind, mithin diese bedeutende Reparatur in kurzer Zeit nothwendig wird, so würde damit ein Neubau über der Gallerie sich verbinden lassen, indem man ein Mansarden=Stock aufsetzt, der nach Norden zu einen Corridor u. Verbindungsgang hat u. nach Süden eine beliebige Anzahl Stuben gestatten würde, wodurch dem Flügel der ihm so fehlende Raum für die Waschschränke u. ein gutes Mädchenzimmer geschaffen werden würde, u. dem alten Hause auch einige Fremdenzimmer zuwachsen könnten, die eigentlich recht nöthig sind, um eine große Familie wie die unsere, doch mit Kind u. Kegel zur Sommerzeit zusammen beherbergen zu können. Man würde aus dem Flügel, in der oberen Etage, das 3te Fenster der Westseite – jetzt zum Theil durch das Galleriedach verdeckt – Zum Ausgangspunkt des Corridors wählen u. damit in das gegenüberliegende Ostfenster des alten Hauses hineingehen, wo man in die kleine Vorratskammer u. dann direkt auf den Corridor gelangt. Über dem jetzigen Eßzimmer wäre für Mädchenstube u. Waschraum wohl der richtige Fleck u. zwar erstere unter Benutzung des Schornsteins für den Ofen, wärend die anderen Zimmer wohl durch Wasser u. Luftheizung erwärmt werden müßten – bis auf das was den Schornstein des alten Hauses benutzen könnte, für einen heimischen Kachelofen. Da die Zwischenwände möglichst leicht sein müßten, um die Galleriebalken nicht sehr zu belasten – ein Hängemaß für die Balken empfiehlt sich überhaupt – u. aus demselben Grunde die Aufführung russ. Rohre sich nicht empfehlen würde, so bin ich entschieden für Wasserheizung deren Anlage im Keller unter der Gallerie sich empfiehlt, wodurch auch diesen schwer heizbaren Räumen Abhilfe geschaffen werden könnte. Auch würde eine solche Einrichtung sich im alten Hause empfehlen wo die Kellerräume z. B. vor dem Weinkeller geeignet sein würden. Auch bei Feuergefahr u. gegen dieselbe ist Wasserheizung empfehlenswerth. Der Mansardenstock über der Gallerie würde sich im Styl an die Dächer des alten Hauses u. des Flügels harmonisch anschließen. –

Was nun den erwähnten Umbau anbelangt, so hatte ich mit dem Berliner Architekten nachstehendes beredet u. er mir einen Treppenthurm vorgeschlagen der an Stelle des Perons sich erheben sollte u. … würde:

  1. Bedecktes Einsteigen in den Wagen – vielleicht durch einen kurzen Glasschutz.
  2. Vergrößerung des Flurs, in dem die jetzige Hausthür u. das daneben befindliche Fenster zum Eingang vertieft, zwei Eingänge in den Treppenraum sowohl nach außen wie nach innen ergeben würde; ersterer würde da neu geschaffen werden durch den Neubau
  3. Erweiterung der zu engen Thür in das Eßzimmer durch Wegnahme von Mauerwerk.
  4. Herrschaftliches Zimmer über dem Treppenraum des Neubaus zum Rauchzimmer resp. Geweihsammlung u. Gewehrzimmer für den Herrn, mit Ausgang auf den Flur gegenüber meinem Zimmer.

Es würde sich alsdann von selbst ergeben:

  1. Verlegung des Bedientenzimmers in d. jetzige Mädchenstube u. Fortnahme des Durchbaues vielleicht mit einer eisernen Treppe nach der letzigen Thür um schneller nach oben zu kommen.
  2. Ausgang aus dem Jungfernzimmer nach der sogenannten Kammer u. Einrichtung eines weißen Corridors für die Jungfer.
  3. Verlegung der Treppe aus der jetzigen Mädchenstube in d. Jungfernstube, wie sie schon früher war u. ev. Entfernung der Durchbauten über dem Jungfernzimmer u. der Garderobe.

Zur Erwägung stelle ich schließlich: ob wenn so große bauliche Änderungen beschlossen werden nicht die Erhöhung von Flügel u. d. alten Hause um einige Fuß Mauerwerk sich empfehlen würden? Dann würden die Stuben der unteren Etagen ungemein gewinnen; Das Mauerwerk ist stark genug u. wenn die Dachconstruction u. Balkenlage erneuert werden müssen, resp zu verändern sind, so würde doch so ziemlich alles über dem Mauerwerk heruntergenommen werden müssen. Außerdem sind sämtliche Fenster der oberen des alten Hauses u. auch theils im Flügel, erneuerungsbedürftig nachdem sie über 1 1/2 Jahrhundert gedient haben; da würde eine Erhöhung der Fensterlöcher sich empfehlen wenn doch neue Fenster gemacht werden müssen.

Was nun die früheren Pläne bezüglich Umbaus u. wohnlicheren Veränderungen anbelangt, so will ich noch folgendes erwähnen. Mein Großvater Bohlen soll die Absicht gehabt haben, die Ausrundung im alten Hause nach dem Hof auszubauen, wofür ein im Archiv befindlicher Plan zu einem Balkon zu sprechen scheint. –

Mein lieber Vater hatte die Idee eine Verbindung zwischen Flügel u. Corps de logis durch eine eiserne Gallerie herzustellen, die auf der Nordseite der Bibliothek, in Fensterhöhe entlang gehend, vom Peron aus bis an das alte Haus u. dann mit einer Wendeltreppe nach oben gehend, gedacht war. Ein unfertiger Plan mit Zimmereintheilung über der Gallerie befindet sich auch noch im Archiv.

Wenn ein Umbau stattfinden soll, so bemerke ich noch schließlich, daß ich als dann die Benutzung des Regenwassers von den Dächern empfehlen mögte, zur Anlegung von Reservoiren; wenigsten auf den Böden des alten Hauses u. des Flügels, von wo aus man durch einfache Anlage eines Feuerhahns oben u. durch eine Rohrleitung in die Etagen wenigstens zu Zeiten Wasser sich verschaffen kann; endlich würde das Werk eines Neubaues gekrönt werden müssen durch Telegrafen, Telephone u. Beleuchtung neuester Systeme oder Heizungen. Zu alle dem wünsche ich meinen lieben Nachkommen Einsicht Weisheit u. vornämlich einen vollen Beutel, zu alle dem aber Gottes Segen u. daß sie das biblische Wort bedenken mögen „den Thurm nicht anzufangen ohne Überlegung der Kosten“.

F. Bismarck:Bohlen

General Adjutant.

Veröffentlicht von

Ursula

30 Jahre meines Lebens verbrachte ich in Leipzig, holte nach Abschluss der 10. Klasse und neben meiner Tätigkeit als Buchhändlerin in der Internationalen Buchhandlung Leipzig das Abitur an der Volkshochschule nach und studierte anschließend Germanistik an der Karl-Marx-Universität Leipzig. Neun Semester später wurde ich als wissenschaftliche Assistentin in der Literaturwissenschaft der Universität Greifswald mit dem Ziel zu promovieren, eingestellt. Meine Dissertation über den Satiriker des 17. Jahrhunderts, Johann Michael Moscherosch, verteidigte ich 1987. Zu der Zeit arbeitete ich in der Fachbibliothek des Historischen Instituts. Von 1988 bis 1990 lebte ich mit meinem Mann in Vilnius und lehrte als Sprachlektorin an der Universität Vilnius. Nach unserer Rückkehr arbeitete ich als wissenschaftliche Mitarbeiterin in Greifswald, ab 1993 dann als Leiterin des Zentralen Prüfungsamtes der Universität Greifswald. Seit einiger Zeit bin ich im Unruhestand und beschäftige mich mit verschiedenen Themen, zunächst mit dem Leben meines Großvaters mütterlicherseits, Franz van Himbergen, nun mit Caroline von Bismarck Bohlen. Aber auch das Leben in der Gemeinde Karlsburg, insbesondere aber das Steinfurther Dorfleben liegt mir in besonderer Weise am Herzen. Aus diesen Gründen habe ich diese Website eröffnet.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert