Julie Henckel von Donnersmarck, geb. von Bohlen – die jüngere Schwester Carolines

Aus Caroline von Bismarck-Bohlens Lebensbeschreibung und vor allem aus ihrer Korrespondenz mit Mann, Sohn und Schwiegertochter ergibt sich folgendes Bild ihrer zwei Jahre jüngeren Schwester Julie Susanne Friederike Louise Philippine Gräfin von Bohlen, geb. am 10.06.1800 in Cassel.

Julie Gräfin Bohlen

Als Kind war sie wohl unbeschwerter und fröhlicher als Caroline, ihr flogen die Herzen Aller zu. Die frühe Heirat mit dem reichen, sehr viel älteren Henckel (Karl Lazarus Friedrich Ludwig Gebhard Henckel von Donnersmarck geb. am 05.03.1772; gest. am 12.07.1864) hatte großen Einfluss auf die weitere Entwicklung ihres Charakters. Die kindlich unbeschwerte Julie wurde gerade in den ersten Jahren ihrer Ehe zunehmend oberflächlich und unzuverlässig und wollte stets im Mittelpunkt stehen. Ein unstetes Leben tat sein Übriges. Ununterbrochen suchte sie Abwechslung und Amüsement. Dieser Eindruck drängt sich zumindest beim Lesen der Briefe auf.

Caroline gab dafür die Schuld ganz allein dem Schwager, der ihrer Meinung nach einen denkbar schlechten Einfluss auf seine Frau und später wohl auch auf seine Kinder hatte. Der Spruch “Reichtum verdirbt den Charakter” trifft nach dem, was man aus den Briefen erfährt, in einem besonderen Maße auf fast alle Mitglieder dieser Familie zu.

Immer wenn Caroline für längere Zeit mit Julie zusammen war, bemerkte sie eine Wandlung in deren Wesen zum Positiven, zu der Schwester, die sie vor deren Hochzeit gekannt hatte. Sie war sehr direkt und offen, ein komisches Talent war ihr eigen. Caroline erinnerte sich gern an die unterhaltsamen Stunden mit ihr. Am meisten graute ihr jedesmal davor, dass Henckel sie womöglich begleiten könnte. In ihren Augen war er rücksichtslos, immer schlecht gelaunt, hatte keine Manieren. Denn auch er wollte unentwegt allseits beachtet und bewundert werden.

Waren Julies Kinder, solange sie klein waren, eher schüchterner und leiser, weniger wild als die beiden von Caroline, waren sie, je älter sie wurden, allesamt für die Bismarck-Bohlens ein Graus. Nur die älteste Nichte Julie nahm Caroline davon aus. Zu ihr pflegte sie lebenslang ein herzliches Verhältnis. Die größten Sorgen machte eine Tochter der Schwester namens Wanda, die ob ihres Lebenswandels die ganze Verwandtschaft auf Trab hielt. Da der älteste Sohn Karl früh starb, ging das Erbe auf den jüngsten Sohn Guido über, dessen Leben ebenfalls nicht frei von Skandalen war, der aber den Besitz so modernisierte und vermehrte, dass er Ende des 19. Jahrhunderts zu einem der reichsten Männer im Deutschen Reich gezählt wurde.

Nachfolgend soll an dieser Stelle nun das Leben der Schwester anhand der vorliegenden Erzählungen und Mitteilungen rekonstruiert werden, soweit das – ob der großen Lücken in den Briefwechseln – möglich ist. Die Briefe ergehen sich oft in Andeutungen oder verweisen auf die nächste Zusammenkunft. Da Caroline mit ihrem Mann bis Ende der 20er Jahre in Stralsund lebte, ebenso ihre Mutter, sind in diesem Zeitraum schriftliche Zeugnisse recht spärlich. Später dann in Karlsburg, nachdem der älteste Sohn Fritz Pommern Richtung Berlin verlassen hatte und Theodor oft in politischer Mission unterwegs war, mehren sich die Mitteilungen über Julie wieder.

Julie war in der Kindheit für Caroline neben den Eltern wohl die wichtigste Bezugsperson. Mit ihr lernte und spielte, sang und tanzte sie. Mit den Gouvernanten kam sie ob ihres Temperaments, welches fröhlich und unbekümmert gewesen sein muss, besser aus als Caroline, wurde von ihnen mehr gemocht, möglicherweise, weil sie weniger ehrgeizig und nachdenklich war dafür aber temperamentvoller. Aus Carolines Schilderung kann man entnehmen, dass die Schwester die Geschicktere war, mehr Talent beim Singen und Malen an den Tag legte, was Caroline ihr neidlos zugestand. Ihr fiel alles leicht.

In Carolines Lebensbeschreibung, die sie für ihre Kinder verfasste, schreibt sie über ihre Schwester selbst wenig, einmal war sie zu Weihnachten sehr krank und die Familie blieb in Karlsburg und hielt sich nicht wie sonst in Stralsund auf. Ein anderes Mal musste Julie in Niederhof bleiben, als wieder einmal ein Ausflug auf die Insel Rügen unternommen wurde, da sie in Brandshagen zum Konfirmationsunterricht angemeldet war. Da bedauerte Caroline die Schwester, denn ihrer Meinung nach war der Unterricht beim Pastor in Zarnekow ungleich freundlicher gewesen.

1816 sollten beide Mädchen die Kindheit endgültig hinter sich lassen. Zu Beginn des Jahres wurde aus Anlass des Geburtstages der Großmutter in Stralsund ein Stück von Kotzebue aufgeführt, in welchem Julie die Enkelin spielte u mit etwas aufgelegtem roth wunderhübsch aussah u ahnen ließ, was sie werden würde: eine große Schönheit. Im Sommer des gleichen Jahres entschloss sich die Familie nach Karlsbad zu gehen, da sich die Mutter seit einiger Zeit nicht wohl fühlte und der Greifswalder Arzt eine Kur für angeraten erachtete.

Insgesamt drei Monate war man unterwegs. Vom 8. bis zum 20. Juni ging die Fahrt über Strelitz, Berlin, Dresden, Töplitz und Saatz nach Carlsbad. Man besuchte Bekannte in verschiedenen Städten auch Cassel, wo die Eltern so lange gelebt hatten, erholte sich in Carlsbad und Franzensbad, genoss das gesellschaftliche Leben in vollen Zügen mit Besichtigungen, Ausflügen, Konzerten und Bällen, wie Caroline in ihrer Lebensbeschreibung bemerkt: kurz ein Badeleben für Gesunde. In Carlsbad machte die Familie die Bekanntschaft von Henckel u fesselte ihn der Anblick meiner Schwester dermaßen, daß er kein Auge von ihr wegwandte. Nach einiger Zeit ging es nach Franzensbad. Da machte nun meine Schwester großes Aufsehen u verdunkelte mich ganz u gar[,] was von der Zeit auch so geblieben ist. Bis dahin u in Stralsund hatte ich immer den Vorzug gehabt. Ich danke Gott dafür, daß er mir auch keine Idee von Neid ins Herz gelegt, u gönne ich ihr von ganzer Seele, jetzt wie damals jeden Vorzug, den sie vor mir hat. Caroline beschreibt Henckels Werben in ihrer Lebensbeschreibung sehr anschaulich: Henckel benutzte seine Zeit gut, Abends war Feuerwerk, mit Musik wachten wir auf; in einer Felsenpartie überraschte uns ein élégantes déjonner, bei dem natürlich die Musik nicht fehlte, alles pour les beaux gens de masocur (für die schönen Leute von Masocur)! Ich glaube wirklich, daß diese Feier sie gerührt. Wie wir zurückkamen, hielt er um sie an u – erhielt das Jawort. Es war nahe daran[,] daß die Verlobung d. 11ten August, wieder zurückging. Baron Münch Bellinghausen, dem ich doch seinen ganzen Namen geben will, war sehr betroffen über diese Begebenheit u Julie halb mitleidig, halb kindisch, hatte versucht ihn zu trösten, worüber Henckel in Eifersucht entbrannte. Mein Vater war gleich bereit die Sache aufzuheben, indessen zog sie sich wieder zurecht.

Drei Tage nach der Verlobung verließ die Familie Franzensbad. Die Heimfahrt erfolgte wieder in Etappen. Henckel reist mit uns, natürlich viel schneller wie wir, in Hof hatte er ein stattliches souper bestellt, was ich deshalb so gut behalten, weil ich [von] Franzensbad dermaaßen ausgehungert war, daß ich mich dort zuerst wieder recht gesättigt habe, das Essen war so schlecht in Franzensbad. – In Gera war die zweite Nacht u in Leipzig die dritte zugebracht u ein Tag noch dort geblieben, der mit Einkäufen zur Aussteuer genutzt wurde. … Henckel machte seinerseits auch schöne Geschenke an Julie, einen ächten Shawl u u. a. eine Tuchnadel mit einem birnenförmigen Solitair, den sie ganz arglos in ihren unschönen Reisekorb legte, u so in Berlin im Gasthof stehen ließ. Weiter ging es über Wittenberg, Berlin, Strelitz nach Carlsburg, die Großmutter kam und zeigte sich mit der Wahl ihrer Enkelin sehr einverstanden, der Bewerber war reich und evangelisch – wichtige Eigenschaften für sie. Im Unterschied zu ihrer Schwester hatte Julie – mit ihren gerade mal 16 Jahren noch ein halbes Kind – wenig Zeit, ihren Bräutigam etwas besser kennenzulernen. Überschüttet mit Reichtümern, war sie sicher geblendet und überwältigt, hatte kaum Gelegenheit über den schwerwiegenden Schritt, den sie – auch weil der Mann um so vieles älter als sie war – vor sich hatte, nachzudenken. Vielleicht aber lag es auch nicht ihrem Wesen, dies zu tun.

Henckel hatte den Abschied als Oberst genommen, war freier Standesherr v. Beuthen u hatte damals zwischen 40 – 50 000 rts Einkünfte. Aber er war 28 Jahre älter wie seine Braut, 44 Jahre alt, u hätte als sehr füglich ihr Vater seyn können, da sie 16 Jahre alt war. Die Großmutter legte auch einen besonderen Werth darauf[,] daß er evangelisch war, u bewieß sich sehr großmüthig, indem sie jeder von uns 2000 rts zur Aussteuer gab. …

Das Brautkleid war von fausse blonde über weißem Atlas; einen Kamm u Ohrringe von Brillianten hatte Henckel mitgebracht, auch einen weißen Sammt mit Silberfäden durchzogen, den ich sehr schön fand! … Henckel [kam] den 25ten, von einem Lakaien vorher angemeldet, der mit der Post kam. Seinen galonirten (=betreßt) Jäger brachte er mit u noch 1 Diener. Henckel hat nie vergessen können, daß meine Mutter ihn ohne warmes souper empfangen hat! Wie dem auch sei, er ließ sich nichts davon merken, brachte Julie viele schöne Geschenke mit u war ein sehr zärtlicher Bräutigam. Den 3ten Nov. gingen wir alle zum heil. Abendmahl, den 6ten fuhren die beiden Herren nach Greifswald die Ehepakten zu schließen, u war dies keine schöne Seite von Henckel, er benahm sich sehr genau u unfreundlich dabei, mein guter Vater erfüllte eine schwere Pflicht,

In einem Antwortbrief des Vaters, Friedrich Ludwig von Bohlens, aus dem Jahr 1817 an Theodor, der bei ihm zuvor um die Hand seiner älteren Tochter angehalten hatte, legte er seine finanzielle Situation dar, die zu jener Zeit ziemlich angespannt gewesen sein muss. Darauf spielt Caroline wohl an, vor allem, weil Henckel ob seines Reichtums wirklich nicht auf Julies Aussteuer angewiesen war.

Nun sammelten sich die Hochzeitsgäste: den 7ten November kamen Fräulein Charlotte u Lina v. Thun, d. 8ten die Großmutter, der Großvater u Baron Boye, d. 9ten Baron Carl Krassow. Den 10ten[,] einen Sonntag[,] war großes Nachbarn diner in der großen Galerie, das erste u einzige Mal[,] daß ich dort gegessen habe. Dienstag[,] den 12ten, Abends um 6 Uhr, war dort die Trauung in derselben Galerie in der Mitte auf einen blauen Teppich mit einer Fortuna gestickt, eigenhändig von der Herzogin v. Gotha genäht, u meiner Mutter geschenkt, die ihn so einweihte.

Pastor Schulz hielt die Traurede, die Braut sah wunderhübsch im Myrthenkranz aus, u that den großen schweren Schritt so unbefangen, als sähe sie nur Rosen u keine Dornen in der Zukunft. Er sah übrigens auch recht gut in der Husaren Uniform aus, u erzählte den Abend gar viel von China. Die Großmutter machte eine Partie, meine Mutter musizirte mit Frl. Thun u Baron Boye, es wurden passende Stücke aus der Glocke von Schiller gesungen, die von Romberg komponirt war, z.B. vom Mädchen reißt sich stolz der Knabe etc. Ob den Abend ein warmes souper war, weiß ich nicht mehr, ich will es hoffen!

In Stralsund, wo man sich zum Kirchgang hinbegeben hatte, kaufte Henckel für Julie einen kostbaren Zobelbesatz, handelte aber so darum, wie es in Schlesien, aber hier durchaus nicht[,] Sitte ist. Bis zum 30ten November blieb das liebe Ehepaar auch hier, … u weiß nur[,] daß der Abschied ein sehr schwerer, trauriger war. 

Neun Monate später kam das erste Kind zur Welt: Karl Lazarus Friedrich Ludwig Gebhard, geboren am 23. August 1817. Er blieb unverheiratet und starb früh mit nur 30 Jahren. Caroline und ihre Mutter reisten im Sommer nach Neudeck, um Julie bei der Geburt zu unterstützen. Nachdem diese überstanden war, schrieb Julie einen Brief an Theodor mit der Bitte, nochmals nach Neudeck zu kommen.

Lieber Bismarck, Ich hätte Ihren freundlichen Brief gewiß schon früher beantwortet, doch das[,] was mich daran hinderte[,] ist Ihnen jezt wohl bekannt, die ersten Zeilen jedoch[,] die ich schreibe[,] sollen Ihnen meinen Dank, und die Bitte ausdrücken, Sie noch einmahl hier bei uns zu sehen. Was dieser Bitte hoffentlich einige Gewalt geben wird, ist der Wunsch meiner Schwester, den wir schon lange im Stillen gehegt hatten, daß Ihre Verbindung hier gefeyert werden möchte, und zwar an demselben Tage[,] der zu der Taufe meines Sohnes festgesetzt ist[,] nämlich den 16ten Sept. Könnten Sie zu dieser Zeit Urlaub bekommen, und unsrer Einladung folgen, so würden Sie meinem Mann sowohl als mir eine große Freude machen. Ich schließe mit dem herzlichen Wunsch mich bald zu nennen als Ihre
Schwägerin Julie Henckel vDonnersmark geborne Gr. Bohle
n

Zu Karls Taufe am 16. September 1817 fand dann auch die Hochzeit von Caroline und Theodor auf Neudeck – dem Sitz der Henckel von Donnersmarck in Schlesien – statt. Henckel war neben Neudeck auch Besitzer der Herrschaft Alt Tarnowitz und besaß ein Haus in Breslau. In einem Brief an ihren Vater lobte Caroline ihren Schwager kurz nach der Hochzeit noch in den höchsten Tönen, was später so nicht mehr geschah. Henckel war so artig u gut in seinen wiederholten Anerbieten, u nahm dann unsere Einwilligung mit solcher herzlichen Freude auf, daß wir nichts zu bereuen haben. Künftiges Jahr denke ich nun um so gewisser zu kommen und das wird die größte Freude meines Lebens seyn, in Carlsburg bey meinen geliebten Eltern vereint mit allem[,] was mir auf Erden lieb ist[,] zu seyn. Julie wird auch kommen mit ihrem Sohn, dann ist die ganze Familie vereint. Das Weihnachtsfest verbrachten die frisch Vermählten in Breslau bei Julie und deren Familie. Schon damals war ich über alle den Glanz u die Herrlichkeit[,] die meine liebe Schwester umgab[,] sehr enttäuscht u hätte nicht um Alles meine einfache bescheidene Häuslichkeit mit der Ihrigen vertauschen mögen! erinnert sich Caroline in ihrer Lebensbeschreibung.

Im April 1818 hielt sich Julie in Breslau auf, wo die schwangere Caroline, von Liegnitz kommend, für längere Zeit Station machte, um einen guten Zeitpunkt hinsichtlich des Wetters und ihres Zustandes für die Reise nach Carlsburg in ihr Elternhaus abzuwarten. An Theodor meldet sie: Ich lebe mit der Julie so häuslich u ruhig[,] wirklich recht angenehm

Von diesem Zeitpunkt an geben vor allem die Briefe Carolines an ihren Mann, an die Mutter, später dann auch an den Sohn Fritz und seine Frau Pauline Auskunft über Julies Leben und das ihrer Familie, wenn auch bruchstückhaft. Liest man die nachstehenden Briefpassagen, wird aber deutlich, wie verschieden die Lebensläufe der beiden Schwestern verlaufen sind, wie unterschiedlich sich deren Charaktere entfaltet haben. Trotz aller Vorbehalte, die Caroline von dem Lebensstil der Henckelschen Familie hatte, liebte sie ihre Schwester sehr und bedauerte immer wieder, unter welchen Umständen Julie lebte, sei es die sich mit zunehmendem Alter einstellende Einsamkeit oder die Sorgen, die sie ihrer Kinder wegen umtrieben.

Drei Wochen hielt sie sich bei der Schwester auf. Caroline war verzweifelt ob der Trennung von ihrem Mann und hätte sehr gern auf die vielen Unternehmungen und Besuche, die von der Schwester initiiert wurden, verzichten können. Aber Julie ließ das nicht zu, denn sie läßt mich nicht weinen, aber sonst glaube ich nicht[,] daß sie begreift[,] wie mir zu Muthe ist, da sie es wohl nie begreifen konnte, und Du mich an eine so innige Theilnahme gewöhnt hast, … was Julie von ihrem Mann augenscheinlich nie erfahren hat. In Breslau wird ein ganz anderer Lebensstil – Amüsements ohne Unterlass – gepflegt, als Caroline es gewohnt ist. Theodor gegenüber nennt sie es die Unzuverlässigkeit der hiesigen Arrangements. Und an anderer Stelle spricht sie davon, dass man in der dortigen Umgebung bald recht egoistisch werden müssen, sonst kommt man gar zu kurz u die Gutmüthigkeit wird Einfalt. Im nächsten Brief urteilt sie über Julie: Ich finde daß J. lebendiger geworden ist, seitdem ich da bin oder ob ich mich mehr an ihre Indolenz [Mitleids- und Gefühllosigkeit] gewöhnt habe. Und im letzten Brief aus Breslau ist sie überzeugt, daß wenn J(ulie) von diesem Mann wegkäme wieder unter uns zurück, sie sich ganz und gar zu ihrem größten Vortheil ändern würde, Du glaubst nicht[,] wie sie jetzt schon anders ist, die kurze Zeit[,] die wir immer zusammen zugebracht ohne H(enckel)’s Einwirkung auf sie, sie ist wirklich lebhafter u thätiger geworden, aber übermorgen ist das alles vorbei, wie Schade daß dieses viel Gute[,] was sie besitzt u in weit höherem Grade besitzen würde, durch diesen Mann untergeht[,] der so wenig Werth hat. Und schon unterwegs, berichtet Caroline ihrem Mann von dem letzten Eindruck, den Henckel auf sie gemacht hat: ... u des Nachmittags[,] wie wir gedankenvoll am Fenster sitzen, besonders J(ulie) betrübt, kömmt Henckel älter u häßlicher wie je, J(ulie) freute sich erstaunend zu meiner großen Freude, sie liebt ihn mehr[,] wie ich es begreiflich halte. Er spielt eine Art von Komödie mit ihr[,] bloß damit ich sie der Mutter erzählen sollte, nämlich er bot ihr an, mich zu ihr zu begleiten u da den Sommer zu verbringen, in der festen Ueberzeugung, daß sie es nicht thun würde. Er ist mir nie so gräulich vorgekommen wie diesmal, obgleich er wie gewöhnlich recht artig war, er wünschte so[,] wir möchten ihn wieder einmal wie vorigen Sommer in Neudeck besuchen, davor werden wir uns doch hüten[,] denke ich.

Mit Caroline fuhren Jüngel, Julies Sohn, seine Amme und die langjährige Hausangestellte Christine Richtung Heimat. Der acht Monate alte Neffe Karl sollte in Karlsburg gehütet werden, solange seine Eltern sich auf einer Parisreise befanden.

Am 2. Dezember 1819 wird die Tochter Julie Fanny Antoinette Karoline geboren, zu der Caroline – als einzigem von Julies Kindern – ein herzliches Verhältnis hatte. Sie heiratete 1843 den Grafen Eduard von Oppersdorff und starb am 11. April 1858. Sie wird in den Briefen immer wieder erwähnt, vor allem wenn die Tragödie um die Schwester Wanda und deren Kinder angesprochen wird. Von dieser wird später noch ausführlicher die Rede sein.

Im August 1820 hielt sich Julie in Carlsburg auf und reiste anschließend nach Warschau weiter, wo sie und ihre Brillanten viel Aufsehen auf dem Ball eines Ministers gemacht hätten. Im Oktober 1820 berichtet Caroline ihrem Mann, Julie habe ganz entzückt nach Carlsburg geschrieben vom Kaiser von Rußland, sie hat ihn in Tarnowitz gesehen u gesprochen[;] er hat ihr 2 mal die Hand geküßt u unzählige artige Dinge gesagt, sie ist mehr wie bezaubert, wenn es ein anderer wie ein Kaiser wäre, wär mir bange vor meinen alten Schwager, u um die Sache zu krönen[,] schickt er ihr 2 Tage nachher mit einer Stafette ein ganz magnifiques fermoir (schöner Verschluss)[,] wovon sie mir die Zeichnung schickt, u was wirklich wunderschön seyn muß, Du kannst denken[,] wie gerührt sie ist[,] besonders von seinem Andenken[,] denn sie scheint nie etwas so liebenswürdiges wie den Kayser gesehen zu haben.

Im Frühjahr 1821 ist Julie wieder in ihrer Heimat bei den Eltern und der Schwester zu finden. Ihrem Mann schildert Caroline leichte Unstimmigkeiten zwischen ihrer Schwester und der Mutter: Heute ist ein schöner freundlicher Tag, wäre das Pfingstfest doch eben so, eigentlich wollten wir heute einen Besuch machen, allein die Mutter hat keine Lust dazu, Julie erlaubt sich mitunter eine Bemerkung[,] die uns sehr amüsirt, aber die Mutter mag es so wenig[,] daß sie fürchtet jede Gelegenheit[,] wo nur eine gemacht werden könnte; Du glaubst nicht wie amüsant Julie ist, leider findet die Mutter sie am wenigsten so, weil ihre Ansichten über viele Dinge so verschieden sind.

Auch im Sommer 1821 wurde Julie mit ihren Kindern in Karlsburg erwartet. Denke Dir unsere Freude, gestern Mittag[,] wie wir bey Tische saßen, hören wir auf einmal: sie kommen, die wolbekannte grüne sehr bepackte Batarde fährt vor – u Julie ist mit ihren Kindern glücklich angekommen, sie ist ganz wol u sehr munter, Carl ist wenig größer ½ Zoll vielleicht, wie Fritz[,] aber allerliebst, nie sah ich desgleichen von einem Kind, u so artig[,] daß er unserm auch recht zum Beyspiel dienen kann, Du glaubst nicht[,] wie gesprächig u erfinderisch er ist, u wie er keine Antwort schuldig bleibt, bey allem um Erlaubnis bittet, kurz ich bin u wir alle sind bezaubert von ihm, u meine Erwartung ist bey weitem übertroffen: Ende Juny will Julie nach Niederhof d. 2ten July nach Stralsund, bis zum 6ten dort bleiben, dann nach Putbus bis zum 6ten August, dann will sie nach Pyrmont zu ihrem Gemal, über Hamburg[,] Kiel[,] Copenhagen mit ihm hierher zurück die Kinder abholen u so nach Breslau.
Als hätte Julie Deine Gedanken errathen[,] hat sie dem Fritz einen allerliebsten Strohhut mitgebracht, der ihm sehr gut steht, Linchen hat eine Puppe, beyde noch anderes Spielzeug bekommen, leztere findet Julie vorzüglich hübsch[,] auch verträgt sie sich am besten mit dem Vetter, er zieht sich zurück, ich denke[,] daß er sich noch auf eine vortheilhaftere Art zeigen wird.
Caroline beneidet die Schwester um deren weniger wilde und laute Kinder: bey Fritz hat meine Strafpredigt schon Früchte getragen, sonst verlangt mich recht sehnlich danach[,] die Zügel Deiner stärkeren Hand wieder zu übergeben, da es mich besonders in den Morgenstunden sehr angreift, Julie preise ich so oft glücklich[,] die gar nichts von Kinderlärm weiß, u das lärmenste von allen in ihrem Sohn besizt.
In einem weiteren Brief an Theodor heißt es: Julie ist außerordentlich angenehm[,] u ich bin noch vorzüglich gern mit ihr hier, Carlchen erhält sich in seiner Wolgezogenheit, von der kleinen Julie schrieb ich wol noch gar nicht, sie ist schwächlich u hat ein ganz sonderbares Gesichtchen, gerade wie ein Puppengesicht, sonst läßt sich noch wenig von ihr sagen.
Julie hat wieder viele neue schöne Sachen mitgebracht, sonst ist es eigentlich doch glücklicher[,] wenn die äußeren Verhältnisse nicht gar so verschieden sind, zwischen Geschwistern geht es wol an[,] aber zwischen Eltern u Kindern bringt es doch etwas fremdartiges hervor.

Von Karlsburg reiste Julie nach Bad Pyrmont, ließ die Kinder in der Obhut von Schwester und Mutter: Leider bestimmt sie aber noch immer den 15ten 8ber zu ihrer Ankunft hierher, ich sähe es so gern früher.
Julies Tochter beschreibt Caroline folgendermaßen: ihr kleines Ebenbild gedeiht recht sichtbar, vor unsern wilden Kindern fürchtet sich das kleine dicke Mädel, bis daß der Tanz nach Johanns Flöte sie vereinigt.

Augenscheinlich traf Theodor Julie noch fern von Karlsburg, denn Caroline machte sich so ihre Gedanken, wie die Schwester wohl auf Männer wirkt, insbesondere auf ihren Mann: Julie wird ja den Zauber[,] den sie für alle Männer hat[,] auch für Dich haben, nur nicht in dem Grade[,] wenn ich bitten darf[,] daß Du mich ganz darüber vergißest.
Und an anderer Stelle heißt es: Heute Morgen hatten wir auch Nachricht von Julie[;] sie kommt Montag nach Niederhof[,] Henckel wird Mittwochen nach Rügen reisen u daher ist es unbestimmt[,] ob sie allein denselben Tag hierher kommen wird oder ob sie ihren Gemal in Niederhof erwarten will[,] um Ersteres wird sie gebeten werden. Ihr Brief war aus Münster u H.[enckel] gar nicht wol, das ist eben keine trostreiche Aussicht, doch hoffe ich[,] wird es sich noch besser machen wie wir erwarten. Aus diesem Hin und Her wird deutlich, dass die Lebensweise der Henckels so ganz anders als die in Karlsburg gewesen sein muss. Pläne werden geschmiedet, wieder verworfen, eine Ankunft wird festgelegt, aufgehoben, aufs Neue festgelegt, ohne Rücksicht auf die Karlsburger Verwandtschaft zu nehmen, die ja die Kinder hüten muss.

Auch den August 1822 verbringen die Schwestern gemeinsam in Pommern. Mir ist sogar dies Jahr der Aufenthalt viel angenehmer wie voriges, denn lebt man recht einig so[,] ist keine Einmischung der übrigen Welt nöthig[,] um die Zeit angenehm zuzubringen, voriges Jahr war es anders, Julie u die Mutter passen jetzt zu wenig zusammen, u erstere war immer ein Gegenstand der Unzufriedenheit für sie u störte folglich unsre Heiterkeit, meine Mutter wollte etwas ausgezeichnetes u fand das Gegentheil[,] wenigstens in ihrer Meinung, nun sind wir aber alle recht vergnügt u wünschen uns nur gegenseitig Gesundheit, ohne daß einer mit dem andern tauschen möchte,
Im September hielt Julie sich schon wieder in Ludowa auf – augenscheinlich ein Badeort, um diesen vorzeitig zu verlassen, da der Kaiser von Rußland durch Tarnowitz reiste. Du kannst denken[,] daß dies elektrisirt, sie verläßt deswegen Lhudowa einige Tage früher[,] wo sie sich ganz herrlich amüsirt u auch gut befunden hat, sie hat interessante Ausflüge nach Nachod u.a. … Eine Menge artiger Polinnen u Polen hat sie kennen lernen, kurz sie ist sehr zufrieden, dejeuners[,] soupers sind ihr zu Ehren angestellt worden[,] u in Breslau erwartet sie der General, den ich eigentlich bewundere[,] daß er seine junge Frau so die Bäder allein bereisen läßt, da er sonst nicht frey von Eifersucht mitunter ist, sie findet[,] daß man sich auf die(ser) alten Welt doch noch recht gut amüsirt, u hat alle melancholischen Gedanken vergessen.

Von hier an werden vor allem die Briefstellen zitiert, in denen es um Julie und deren Familie geht. Daraus ergibt sich ein mehr oder weniger deutliches Bild, vor allem bezüglich des Lebensstils der beiden Schwestern:

Oktober 1822 – an Theodor: Die Julie ist leider wieder guter Hoffnung u leidender wie je dabey, sie bittet die Mutter zu ihrer Pflege hinzukommen u mich u die Kinder mitzubringen, die M. hat wegen ihrer Kränklichkeit es abgelehnt, u ich habe dasselbe gethan[,] sie frägt mich zwar[,] ob ich nur nicht das Verdienst ihrer Pflege erwerben will, aber erstlich ist bey mir derselbe Fall, u da die Verhältnisse leider! Schon eine alljährige Trennung von Dir mit sich führen, besitze ich nicht die Kraft[,] mir noch eine willkürliche aufzulegen, u bin überzeugt[,] daß Du mir beystimmen wirst. Die Aermste ist in die traurige Nothwendigkeit versezt, fern von den Ihrigen sich selbst überlassen zu seyn, unsere Nähe allein würde ihr auch nicht genügen.

Am 18. Juni 1823 werden die Zwillinge Klara Eugenie und Adele Klothilde geboren. Klara heiratet 1842 den Grafen Feodor von Francken-Sierstorpff und stirbt am 6. August 1905. Adele heiratet 1846 den Grafen Friedrich von Reichenbach und stirbt am 13. Mai 1855.

Aus dem Jahr 1824 gibt es drei Briefe, jeweils an Theodor gerichtet, in denen von der Schwester die Rede ist.

Erster Brief: Von Julie hatten wir wieder Nachricht, u Gottlob gute, sie ist endlich in Neudeck, wo alle ihre Kinder wol sind u sie recht zufrieden mit der Rüppell [eine Erzieherin] ist, die auch dem Hauswesen gut vorgestanden.
Zweiter Brief: … sie ist ganz wol in Breslau, mit den Vorbereitungen zu couren u dergl. beschäftigt, morgen d. 2ten erwarten die Damen die Khronprinzessin, den 3ten große cour u diner, den 4ten Ball beym Gen. Zieten, den 5ten denkt sie nach Neudeck zurück. Sie hat eine Gebirgsreise gemacht, die Mutter behauptet alle vornehmen Leute im Gebirg besucht.
Der dritte Brief zeigt eindrücklich, wie Julie ihre Zeit verbrachte. Die arme Julie hat einen Tag länger bleiben müssen[,] um noch ein Souper zu geben, wo aber die Fürstlichkeiten schon alle abgereist sind, Die Kronprinzessin hat wie sie schreibt mit unendlicher Güte u Freundlichkeit mit allen bey der Cour gesprochen, sie hat den 3ten bey ihr gegessen, wo Abends der Ball bey Zieten mit unendlicher Hitze gewesen ist, auch sind Majestät nicht dort gewesen aber die Prinzessinnen; den 4ten ist beym König großes Mittagmal gewesen. Der König hat Henckel wieder sehr ausgezeichnet, was aber wahr ist[,] daß die Kronprinzessin die Julie einzig zum sitzen aufgefordert[,] weil sie gehört[,] daß sie guter Hoffnung sey. Die Arme verlangte übrigens so nach ihren Kindern zurück[,] daß ich hoffe[,] daß sie nun da ist.

Eine weitere Tochter Cäcilie Therese Friederike Elisabeth erblickte am 7. Februar 1825 das Licht der Welt, sie wurde nur 14 Jahre alt.

Die fünfte Tochter scheint das enfant terrible der Familie gewesen zu sein:
Wanda Hedwig Agnes Auguste Luise Luitgarde Klamorine, geboren am 1. November 1826, heiratete 1843 den Prinzen Ludwig von Schoenaich-Carolath. Aus der Ehe gehen vier Kinder hervor. Sie stirbt am 11. Februar 1907. Von ihr wird später noch zu reden sein.

Die zwanziger Jahre bringen wenig erhellende Neuigkeiten über Julie und ihre Familie, da, wie oben schon erwähnt, wenig Korrespondenz vorhanden ist. Obwohl sie von ihrem Schwager nicht allzu viel hält, scheint es dennoch hin und wieder versöhnliche Gesten seitens des Schwagers zu geben.

An Theodor: Heute erhielt ich von Henckel sehr hübsche dunkelrothes mit Gold durchwirktes Band[,] um es im Haar zu tragen[,] was jetzt sehr Mode seyn soll.

Von Juli bis September 1828 weilte Caroline in Schlesien bei der Schwester, u. a. um sich mit ihr und der Mutter in Ludowa während eines Kuraufenthalts zu erholen. Von diesem Aufenthalt schrieb Caroline regelmäßig an ihren Mann.

21.07.1828: Caroline und die Kinder trafen in Schweidnitz ein, dem Ort, an dem sie die ersten Wochen nach ihrer Hochzeit verlebt hatte. In Reinerz (Duszniki-Zdrój), einem der ältesten Kurorte Niederschlesiens, wurde Caroline und ihr Tross von Johann mit Julies Droschke erwartet, und kurz darauf hatten sie den freundlichsten Empfang von Mutter und Schwester. Da waren alle Beschwerden der Reise vergessen, u die Mutter[,] die ernstliche Sorge gehabt[,] ich werde gar nicht kommen[,] wozu ich die größte Neigung hatte, meinte[,] es sey in jeder Hinsicht sehr gut[,] daß ich gekommen sey, wir wollen sehen[,] Du thust mir nur gar zu leid in Deiner Einsamkeit. – Auf sehr schlechtem Weg langten wir gestern Abend hier an[,] wo wir nach hiesiger Art recht gut wohnen, aber einzig ist es[,] wie man alles miethen muß außer den spärlichen Meublen[,] womit die Zimmer besezt sind, indessen ist es nicht theuer. Über Julies Kinder schreibt sie: Carl u Julie sind groß[,] dick u fett geworden.

24.07.1828 an Theodor: Caroline hatte Julie und die Mutter zu einer kleinen Geburtstagsfeier eingeladen. Ein wenig später bekam Julie eine sehr hübsche Wohnung nebenan, die aller hübscheste im Haus u die Mutter auch, so daß wir alle unter einem Dach wohnen, ich freue mich recht auf den Montag[,] wenn sie einziehen. Auch die Mutter nahm im gleichen Haus Quartier.

25.07.1828 an Theodor: Heute Morgen nach dem lezten Glase, deren ich überhaupt nur 3 trinke, aber größere wie mein Pyrmonter, machte ich mit Gr.(äfin) Pfeil u der Gr.(äfin) Stadion einen hübschen Spaziergang auf den Kapellenberg, wo eine Hussitenkirche aber sehr im Verfall ist, u eine treffliche Aussicht, freue mich, aller dieser Punkte für die Mutter, denn die Julie ist keine gute Fußgängerin. Erstere sagte mir[,] daß diese sich durch das Testament so zurückgesezt findet, ich werde noch recht vernünftig mit ihr sprechen, sie beklagt sich[,] daß sie nun weniger wie bey des Vaters Lebzeiten habe, sie rechnet nicht das empfangene bare Geld, doch ich will Dir nicht eher davon schreiben[,] bis ich mit ihr gesprochen. Für mein Theil freue ich mich über jeden vergangenen Tag, als einen[,] der mich Dir wieder näher bringt, wonach mich sehr verlangt, denn eigentlich habe ich das Bad lange nicht nöthig genug, die Mutter u Julie müssen mich noch trösten Dich verlassen zu haben.

In diesem und auch den nächsten Briefen geht es vor allem darum, wie die nächsten Wochen in Breslau und Neudeck ablaufen werden. Auch wann Caroline mit den Kindern die Rückreise antreten könnte usw. Aber immerhin erfährt man doch einiges über den Lebensstil Julies. Ich muß Dir nur die große Freude mittheilen[,] die ich heute hatte, wie ich aus dem Bad kam[,] die liebe Mutter u Julie hier zu finden. Da giebt es viel Stoff zum denken, denn Henckel will[,] daß die Julie den Prinzessinnen in Breslau die Cur machen soll, höchst wahrscheinlich will er dem König ein Fest in seinem Hause geben. Was soll ich nun für eine Rolle dabey spielen? ich denke[,] wenn H. d. 18ten Aug: aus Marienbad hier ankommt u wir den 20ten alle zusammen nach Breslau ziehen, ich mich dort noch 2-3 Tage aufhalte u dann zu Hause ziehe, was meinst Du dazu?Keine Fürstin wird so verehrt wie Julie hier, es ist genug[,] daß sie eine Partie macht, damit Wege gebessert werden etc. Wäre der Mann nur nicht, dann wäre alles gut.

Über die Verehrer Julies, deren es mehrere gibt, wird in verschiedenen Briefen berichtet. Hier war der Pranghe[,] der Julie wie ihr treuer Schatten gefolgt, heute Morgen ist sein Urlaub nun um[,] u er ist mit Packeten beladen davon gereist. Frankenberg wird ihn wol ablösen, in 8 Tagen aber kommt der Wahre, von dem alle Andern weichen u von den Qualen der Eifersucht geplagt werden: der Landrath Köller, wo der Mutter der Schlaf vergeht. Sie hat noch nie mit einem Mann so übereingestimmt wie mit ihm, ich bin ganz neugierig ihn zu sehen, sie sagen[,] daß er mir nicht gefallen würde, da will ich nun selbst urtheilen. Ganz gefällt er J. auch nicht, zu ihrem Glück; die Sitten nähern sich schon den italienischen, hier ist übrigens so gut wie kein Mann, J. ist aber ein Magnet, die Mutter behauptet in 20 Jahren nicht soviel Anbetung gesehen zu haben, für mich ist es auch nach gerade was ganz Neues.

Die Rückreisepläne, die Caroline immer wieder anspricht, wurden von Julie zunichte gemacht. Die Julie will nichts davon hören[,] daß ich nicht nach Neudeck komme, da wird’s denn wol dabey bleiben müssen, zum 3ten ist großes Subsciptions Diner[,] wo ich auch unterschrieben.

Auf den 26ten 7ber freue ich mich auch nicht wenig[,] u wir werden es wol dabey lassen müssen, denn gestern sind die bestimten Nachrichten von der Ankunft des Königs wie folgt gekommen, d. 2ten 7ber kommt er mit allen Prinzen u dem Herzog v. Cumberland nach Liegnitz, dort ist am 3 u 4. Revue über das 5te Armeecorps, den 5ten nach Kapsdorf, 6ten u 7ten revue über das schlesische Armeecorps, d. 8ten nach Domanse manoeuvre bis zum 9ten, wo er in Breslau erwartet wird, d. 10ten u 11ten dort, d. 12ten nach Fischbach, 14ten dort, 15ten Neusalz, 16ten Berlin. Nun meint die Julie[,] gehen wir direkte nach Neudeck, sie geht allein nach Breslau u wir erwarten sie dort wieder.

Aber noch findet man die Mutter mit ihren Töchtern in Ludowa. Mit gewissem Entsetzen erzählte sie ihrem Mann von der “Hofhaltung” Julies, die von früh bis spät Besuch empfängt. Nachmittag besuchte der Oberst Krantz mit seiner Frau u die Frl. Löben die Mutter u die Julie, leztere hat alle Nachmittage ihren salon voller Besuche, gestern spät ist eine ganze Ladung junger Herrn gekommen[,] unter denen auch Frankenberg ist, zu meinem Entsetzen hörte ich sie schon seit 10 Uhr Morgens bey Julie, u die Mutter sagte mir[,] daß es ein Glück sey[,] wenn sie nicht schon um ½ 9 Uhr kämen, das ist mir doch zu gesellig; nach 4 Uhr begebe ich mich zu ihr[,] das ist hier die Besuchszeit, wo ich die mir zugedachten dort sehe, die übrige Zeit bringe ich in meinem Zimmer zu u wohne dem Unterricht zu u gebe ihn.

Einige Entschädigung muß J(ulie) freylich für ihren Mann haben, aber dieser ist nicht[,] wie er seyn sollte[,] u so ist ein Mißton im Ganzen. Carl gefällt mir auch nicht so gut wie in Carlsburg, dagegen ist die kleine Julie viel lebhafter geworden u verträgt sich auch mit Linchen recht gut … Nachmittags gingen wir noch einige Mal in der Allee auf u ab, u dann blieben die Mutter u ich zu Hause, Abends sprach ich endlich einmal ordentlich mit Julie, da wir glücklicher Weise allein waren. Viele von den Herrn sind wieder abgereist. Sie ist ausnehmend gut u ich bin sehr zufrieden mit unserer Unterhaltung gewesen, ich habe ihr die Pension der Reinkendorf (Maitresse des Großvaters väterlicherseits) gestrichen, u ihr gesagt wenn ich es nicht könnte[,] wollte ich es sagen, indessen hoffe ich sehr[,] daß wir sie allein tragen können. H.[enckel] hat ihr soviel dazu gegeben[,] daß sie 3000 rs hat, nun kommen die 1500 rs noch dazu[,] die ich ihr auszahle[,] sobald sie mir die Lessionen giebt. Auch etwas mehr Vorsicht in ihrem Betragen habe ich ihr angerathen u sie ist so gut u freundlich, daß es nur schade ist, daß sie in keinen bessern Händen ist.

06.08.1828 an Theodor: Vorgestern hatte die Julie einige Herrn zu Mittag[,] da war ich auch … ersterer ist recht angenehm, der 2te gab uns in seiner Dummheit viel zu lachen. Doch ich kehre zu gestern zurück, wir saßen erstlich draußen mit unserer Arbeit, wo es aber herzlich kalt war, dann machten wir einen sehr hübschen Spaziergang auf den Schmeltberg[,] der ganz nahe ist u von welchem, man die schönste Aussicht rings herum hat. Hernach wurde im Garten Thee getrunken, wozu die alte Stadion kam, Praschma’s waren schon mitgegangen, mir ist die alte Stadion mit ihren Töchtern die Krone der hiesigen Gesellschaft, besonders schätze ich leztere sehr[,] die immer mehr gewinnen, je mehr man sie kennt. Gestern Abend aber[,] als ich von meinem Abendessen zur Julie zurückkehrte, anstatt[,] daß Frankenberg die Schweden vor Prag vorlas, war noch ein Herr da, der Landrath von Kölln; J.‘s 6jähriger Anbeter, der ihr von seiner Liebe unter 4 Augen reden darf – Uebrigens ist er der Einzige[,] der mir gefällt, u der J. die schwere Last übernimmt ihre Anbeter zu amüsiren, der Einzige bey dem ich es belohnend finde. Er ist jung, sieht sehr gut aus, zum Glück hat er ein sehr unangenehmes schleppendes Organ, sonst wäre er für die arme Julie noch gefährlicher. Zum Erstaunen ist es[,] wie sie an andern die Fehler rügt, die ihr Gemal in einem verzehntfachten Grade besizt, u wenn er ihr noch so arge Szenen macht[,] beweint sie seine Abreise, oder seinen Tod, den sie jedesmal nach seinen Klagen befürchtet, sie ist überhaupt höchst leichtsinnig, aber sehr gutmüthig, wenn die Eitelkeit nur nicht gar zu sehr die Oberhand gewinnt. Ich überlasse der guten Mutter die dritte bey den Anbetern zu seyn u halte mich außer des Nachmittags in meinem Zimmer auf …

16.08.1828 an Theodor: Gestern kam Julie herein mir zu sagen[,] daß sie eben einen Brief von Henckel erhalten[,] der wieder über seinen Arm klagt u deshalb seine Ankunft nicht bestimmen kann, indessen soll sie ihm doch nach Ratiborschütz entgegen fahren, u in jedem Fall d. 20ten nach Breslau, dies ist ein Trost dabey. Wir werden wol den 22ten erst hinkommen, u bis zum 24ten dort bleiben, dann nach Neudeck gehen, wo die Mutter u ich bleiben[,] während Julie den Prinzessinnen ihre cour macht, da Du mir auch zuredest zu bleiben, u überdies auch nicht zu Hause bist, so finde ich mich auch wieder in meinen ersten Plan zurück. … Gestern gab die Julie einen Thee in ihrem salon[,] da der Regen strömte, ich habe mich recht gut unterhalten, auf 17 Damen kamen 5 Herrn, da kannst Du das wahre Verhältniß sehen.

24.08.1828 an Theodor: Heute ist es ein Jahr[,] daß wir auf den Montanvert und dem Eismeer (Savoyer Alpen) waren – gestern gab die Julie einen Kinderball zu Ehren von Carls Geburtstag, die Mutter u ich wünschten Dich herbey ihren Jubel u Entzücken zu sehen, obgleich unsere beyden die Einzigen waren[,] die keine Tanzstunde gehabt, so stachen sie doch gar nicht ab, im Gegentheil war Linchen die beste Tänzerin, Du kannst Dir vorstellen[,] wie glücklich sie war? Sie eröffnete den Ball mit Carl u beyde waren unstreitig die Glücklichsten. Aber Fritz hat außer dem Walzer auch keinen Tanz versäumt, u hatte gleich eine kleine Inclination (Neigung), in der er aber guten Geschmack zeigte.

Nun muß ich Dir aber noch von der hiesigen Pracht u Herrlichkeit erzählen. Es ist ein wahrer Pallast (in Breslau), ein prachtvolles Gebäude, in dem alles vereinigt ist, was der Luxus ersinnen kann. Keine Prinzessin wohnt so schön wie Julie, eine sehr schöne Treppe[,] die nicht die Haupttreppe ist, führt zu ihren Gemächern, die Thüren sind von schönem Mahagony mit Bronce Schlössern, herrliche Parketts, ein Zimmer ganz mit weißen Ahorn u Spiegeln, der J[ulie] ihr Wohnzimmer ist ein Salon[,] in dem 4 Sopha’s, 6 große u 1 kleiner Tisch nebst einer Commode stehen, alle beladen mit allen ersinnlichen Kostbarkeiten u Niedlichkeiten, u ist prachtvoll, mir wäre es zum Bewohnen viel zu sehr, daran stößt aber das Geschmackvollste: das Anzieh= u Schlafzimmer, beyde ganz drappirt, wie Schade[,] daß Du sie nicht sehen kannst. In Ersterem steht wieder ein herrlicher Schreibtisch mit den schönsten Sachen beladen u eine sehr schöne vergoldete Toilette. Alles ist mit mehr wie fürstlicher Pracht, so daß einem doch wol vor dem zuviel bange werden kann. Die Gas=Erleuchtung ist blendend u die Zimmers am Schönsten Abends, da ihre Größe sie etwas finster macht. Alle Abend kommt Besuch, von dem ein Theil oder alle zu einem Souper von 4 Schüsseln zurück behalten werden, meistens junge Herrn, Frankenberg fehlt natürlich nie, Gilgenheim erkundigt sich sehr nach Dir, Strantz ebenfalls. Eigentlich ist es hier recht amüsant, u Du würdest Dich auch gefallen[,] so lange er, der Besitzer fern ist. Den 30ten oder 31ten wird er uns erfreuen, Gott vergebe es mir, ich hoffe immer[,] daß er bis dahin stirbt. Morgen Abend sind wir mit den Kindern zu Strantz im Garten gebeten, übermorgen wollen wir ins Lager fahren. Morgens u Nachmittags sitzen wir auf den verschiedenen Balcons die mit einer Masse rother u blauer Hortensien besezt sind u auch anderer Blumen.

28.08.1828 an Theodor: Julie fuhr gestern vergebens nach Nachod, anstatt des Gemals kam ein Brief[,] daß er die Kur noch ferner in Marienbad gebrauchen würde, da sich der Arzt gänzlich widersetze[,] daß er vor Ende des Monats fortgehe, nun werde er den ganzen Weg über Landshut nach Breslau nehmen, u hoffe sie dort zu sehen, er überlasse ihr zwar ganz nach Neudeck zu gehen oder nicht, glaube aber[,] daß das viele Hin u Herreisen ziemlich ermüdend für sie sey. Sie hat nun beschlossen ihn in Breslau zu erwarten, u nach des Königs Anwesenheit dort, erst nach Neudeck zu gehen, was auf d. 13ten oder wahrscheinlicher d. 14ten 7ber fallen würde. Auf diese Weise würde ich höchstens auf 8 Tage mitreisen, u mich in große Ausgaben setzen müssen, die Majestät in Breslau zu sehen; Du weißt wie wenig Vergnügen ich davon habe, also beschließe ich d. 6ten 7ber v. Breslau abzureisen[,] um Dich den 8ten in Berlin zu treffen.

Gestern Abend kam der Hausherr wieder, er versteinert so ziemlich alles, kein Besuch war aus Schonung der häuslichen Freude gekommen, was auch sehr gut war, dem Ansehen nach ist er wieder recht wol, zwar klagt er noch etwas[,] u besonders schildert er die Gottlob überstandenen Leiden; mündlich erzähle ich Dir[,] welch einen Engel von Frau er hat. – Das Leben ist hier sonst sehr angenehm[;] täglich Besuch, u mitunter recht gescheute geistreiche Leute wie z.B. ein Herr von Kleist, dessen Schwester den Gr.(rafen) Stosch geheirathet.

Der jüngste Sohn, Guido Georg Friedrich Erdmann Heinrich Adelbert, ist der bekannteste von Julies Kindern. Am 10. August 1830 geboren, übernahm er früh die Geschäfte seines Vaters und wurde zu einem der reichsten Männer im damaligen Deutschen Reich. Seit dem 18. Januar 1901 Fürst von Donnersmarck heiratete er in Paris 1871 Pauline Therese Lachmann, die 1884 stirbt. In zweiter Ehe ist er mit Katharina Slepzow verheiratet und stirbt am 19. Dezember 1916.

Der nunmehr 32jährigen Julie scheint es gesundheitlich nicht gut zu gehen. Der Arzt hatte ihr über viele Wochen eine Kur verordnet, sie musste salzsaueres Gold zu sich nehmen u nur 16 Lts Fleisch u Brod zusammen zu essen gestattet, eine förmliche Entziehungskur.
August 1832 an Theodor: Julie hat auch geschrieben u scheint Lust zu haben[,] sich auch 3 Monat in Dresden zu etabliren, wo die Mutter die Wirthschaft führen soll[,] wozu diese aber keine (Lust) hat, was ich sehr natürlich finde, da sie die Kosten allein bezahlen würde, die Kinder will J.(ulie) von Breslau hinkommen lassen. H.(enckel) will Anfang September in Genf seyn. J.(ulie) wünscht auch sehr[,] daß wir sie von Berlin aus in Dresden besuchen, das kommt alles auf Umstände an.

Nach wie vor führte die Henckel-Familie ein sehr unstetes Leben. Mit Julies Mann kam es immer mal wieder zu Spannungen, wie Caroline an Theodor schrieb: Nachmittag kam die Mutter mit einen Br(ief). v. Henckel[,] den sie am Morgen empfangen, voll Stacheln u Spitzen unter dem Vorwand einer Geburtstags Gratulation, lauter Wermuth, denn denke[,] J(ulie) hat die unverantwortliche Schwäche gehabt, ihm zu sagen, daß die Mutter fände[,] wenn er für eine Vase 300 rs gäbe u.s.w.[,] könne er auch ein anständiges Quartier bezahlen. Du kannst Dir aber denken[,] in welchen Zustand sie dies alles versezt!! Kleist ist geholt worden zum Trost – es ist aber trostlos, von Seiten J(ulie)‘s eine wahre Treulosigkeit.

In vielen Briefen an Theodor diskutiert Caroline über finanzielle Transaktionen wie Pfandbriefe, geliehenes Geld und Kündigung von Kapital, die im Zusammenhang mit ihrer Schwester stehen.
Im Februar 1837 war die Mutter schwer erkrankt: Nun komme ich zur lieben Julie. Sie ist außer sich über die Krankheit der Mutter, hat gleich herreisen wollen, was glückl. Weise der Mann nicht gewollt, sie hätte sie doch nicht sehen dürfen[,] da alle u jede Gemüthsbewegung vermieden werden muß. Auch ihre Erkrankungen, die ihres Mannes und der Kinder wurden wiederholt thematisiert. Vor allem die Grippe plagte die Familie, ihr alter Mann war immer wieder bettlägerig. Wieder wurden Reisen nach Marienbad und Hannover zu Julies Nichte Caroline unternommen.

Februar 1841 an Theodor: Henckel ist noch immer bettlägerig u gänzlich ohne Appetit, er mag nicht einmal von essen hören. Ob es wol mit ihm zu Ende geht?


März 1841 an Theodor: Von Julie hatte ich einen Brief mit der Nachricht[,] daß das Bild angekommen, aber keine Sylbe des Danks oder des Wolgefallens, nur den angenehmen Auftrag 17 rs wieder von H. Kuhr einzukassiren, weil die Krone nicht mitgekommen u Henckel sie nicht haben wollte, in Breslau eine bestellen wollte. Kuhr hat sie 3 Tage später wie das Bild fortgeschickt, u meint[,] wenn sie nur erst da wäre[,] würde sie auch gefallen. Es ist keine dankbare Sache Commissionen für die H.(enckel)sche Familie zu übernehmen. Klagen über Adele sind meist der traurige Hauptinhalt des Briefes. Um welches Bild es sich handelt, ist unklar, vielleicht ein Bild des preußischen Königs? Da es in einem anderen Brief heißt: Heute hatten wir einen Br. von der Julie vom 8ten, wo noch vom Bilde des Königs nichts zu hören noch zu sehen war, ich habe sogleich eine Lamentation darüber an H. Kuhr geschrieben.

April 1842 an Theodor: Henckel giebt Clara 100‘000 s mit [als Mitgift], was sagst Du dazu? Aber wie er alles unvernünftig macht, so wird beim Chekotrakt bestimmt[,] daß 1500 s von den Zinsen in die Wirtschaft gegeben werden, der Rest für sie als Nadelgeld!! Das nimmt die Alte Sierstorpf übel (ich finde sie hat ganz recht) u ruft H(enckel) bei Lesung des Contrakts heraus, das nimmt er so übel! Gott bewahre einen vor der Familie u ihrem Geld, ich muß noch erleben[,] daß es Segen bringt. Die Mädchen werden aber übers Jahr alle verheirathet seyn, oder es liegt an ihnen.

Juni 1842 an Fritz: Heute ist die Hochzeit Deiner Cousine Clara, die übrigens so komplett unliebenswürdig seyn soll, daß Großmutter immer erwartet, daß die Heirath zurückgeht, Gott gebe, daß sie sich durch den Ehestand ändern möge. Am 11ten ist die evangelische Trauung[,] am 12ten die katholische im Dom, die in einer glänzenden Ausfahrth gehalten wird, Sierstorppf hat sich in Wien die Wagen gekauft, u Henckel wird nicht nachstehen. D. 31ten haben sie einen prachtvollen Ball gegeben, das Haus aufs schönste illuminirt, Wappen Namenszüge, Ballons, nichts hat gefehlt, wäre nur die Zufriedenheit im Innern! Der Bräutigam gefällt Grm. durch seine große Gutmüthigkeit, Heiterkeit u Natürlichkeit, die Braut dagegen gar nicht u nach der Beschreibung ist es auch nicht möglich. Carl wurde erwartet. Nach der Trauung sollte ein großes dejeuner dinatoire seyn, u dann das Ehepaar nach dem 9 Meilen entfernten Coppitz abreisen. …

Dezember 1842 an Theodor: Verlobung der ältesten Tochter Julies, die aber noch ein großes Geheimnis ist, weil, Kraschma, der gern eine seiner Töchter an G. verheirathet hätte, behauptet in seiner Majoratsstiftung stände daß er eine kathol. Frau heirathen müsse. Dies will er nun erst in Richtigkeit bringen, ehe die Verlobung bekannt gemacht wird – da er die Absicht hatte, so wundert es mich sehr[,] daß er nicht damit angefangen. Julies Mutter ist betrübt für sich u erfreut über das Glück der Tochter, ich denke es wird sich bald alles in Wohlgefallen auflösen.

Und im Januar 1843 an Fritz: In den ersten Tagen des Mai reist sie (die Mutter) nach Schlesien[,] um in Breslau 2 Hochzeiten beizuwohnen, ja zwei! Du erstaunst[,] wenn Du dies liest, aber noch mehr wirst Du erstaunen[,] wenn Du die Betheiligten erfährst. Zuerst Julie mit dem Gr. Oppersdorf auf Ober Glogau, eine in jeder Hinsicht sehr gute u erwünschte Partie, obgleich er Wittwer, katholisch ist u 2 Söhne hat. Julie ist überglücklich u die Eltern höchst zufrieden. Neu aber die zweite Hochzeit soll Mitte Mai seyn u zwar Wanda, die kleine schnippische kindische Wanda mit dem Wittwer Carolath!! Der sich so bald über seinen Engel getröstet, um, ich will nicht sagen[,] das Gegentheil zu heirathen, aber gewiß ist, daß sie auch nicht (das) mindeste hat[,] was an einen Engel erinnert. Die alte Carolath heult u vergießt Ströme von Thränen, jedoch ohne alle Bitterkeit u spricht immer von Dir, was Du dazu wol sagen würdest! Henckel ist entzückt einen Fürsten zum Schwiegersohn zu haben, u ermangelt nicht sich lächerlich zu machen. Wir haben den starken Verdacht[,] daß die Mitgift von 100000 rs (so viel an eine Preußische Prinzessin[,] soll er gesagt haben) stark zu der schnellen Verheirathung beigetragen. Wie dem nun auch sei, ist es für die Eltern sehr glücklich ihre 3 Töchter so gut in derselben Provinz u besonders die beiden ältesten, in der Nähe etablirt zu haben.

Januar 1843 an Fritz: Carl Henckel ist in Paris u bleibt dort bis Ende März, der Alte wird immer schlimmer, u ist es wirklich für seine Familie eine betrübte Aussicht, wenn der liebe Gott kein Einsehen hat.

Im Spätsommer 1843 hielt Julie sich wieder einmal in Pommern auf, ohne dass wesentliches darüber berichtet wurde. 1844 wurde Julie gleich zwei Mal Großmutter: sowohl Julie als auch Wanda bekommen ein Kind.

Mai 1848 an Fritz: Ach lieber Fritz! ich fürchte so die Republik u sehe sie so leibhaft vor Augen! Wann werden wir wieder Ruhe u Frieden in unserm armen Vaterland haben? – Breslau ist vollständig in die Sklaverei des demokratischen Club’s – das sagt sogar die Cölner Zeit.[,] die ich Dir gar zu gern mittheilen möchte[,] obgl. Du gewiß vergnügter bist ohne sie zu lesen. Julie Op.(ersdorff) schreibt mir heut[,] daß es in Br.(eslau) ruhiger geworden[,] seit Pinder fort ist, der ein sehr falsches Spiel gespielt[,] u seitdem Ge.[neral] Safft die Bürgerwehr befehligt u Ernst macht, scharfe Patronen vertheilt hat. – Henckel hat gegen eine sehr mäßige Pachtsumme seine Zinkhütten u deren Ertrag an Hugo Henckel verpachtet, u erspart so die sehr beträchtlichen Betriebskosten. Dann hat er Carl alle seine Güter überlassen gegen eine Rente von 12000 rs[,] mit der er nach Dresden ziehen will. Daß Breslau unerträglich ist, glaube ich gern, aber für einen alten wunderlichen Mann, der dort in der Mitte seiner Kinder u Bekannten lebt, ist es doch besser in der Heimath zu bleiben, wozu Tante auch sehr räth. Diese soll übrigens viel verzweifelter über die jetzige Zeit seyn wie er, er wird ganz weiß u still, sie trostlos, unruhig – in Verzweiflung – ein wunderbarer Umschwung.

an Fritz: Henckel ist die Uebergabe seines Vermögens an Carl wieder leid geworden u jetzt alles still davon.

September 1848 an Theodor: Ich habe mit Julie einen großen Spaziergang [in Karlsburg] gemacht im Wald u über die Chaussee zurück, da haben wir Przeß Luise begegnet, in 2 Wagen, im ersten sie u noch eine Dame[,] die miteinander sprachen, so daß ich sie nicht sehen konnte, im 2ten 2 Frauenzimmer u Luchesini auf dem Bock neben dem Postillion, der Julie erkannte u sie sehr devot grüßte.
Gestern kam ein Br. von H
(enckel) der nicht wollte[,] daß Julie über Berlin ginge, wenn sie es durchaus wollte, würde er sie dort abholen, die Gefahr mit ihr zu theilen! Julie ist unpäßlich u ängstigt sich wegen ihrer Rückreise.

Im Sommer 1849 hielt sich Julie in Dresden auf und anschließend in Ischl. Von Julie hatte ich einen recht interessanten Br. aus Ischl, wo sie glückl. angekommen war, sich an der schönen Gegend erfreut, u 60 Bäder nehmen soll, wie der Arzt verlangt! Wohl dem der keine Badereise bedarf.

April 1850 an Theodor. Die Vorbereitungen der im Mai stattfindenden Hochzeit von Fritz von Bismarck-Bohlen mit Pauline von Below in Dresden warfen ihre Schatten voraus. Dann schickt Julie den Grundriß von einer Etage von British Hotel in Dresden, wo 6 Zimmer, Salon u 7 Betten täglich 3rs kosten sollen, 1 Zimmer in einer andern Etage mache ich gleich für Dich u Deine Cigarre aus, sonst scheint es mir sehr annehmlich[,] auch wenn es etwas theurer wäre. Die liebe Mutter[,] die das Lokal kennt, hat Julie, Malortie’s, uns beide u die respectiven Zofen sehr gut darin untergebracht. Julie kommt schon den 10ten hin u wird es für uns nehmen, wogegen Du nichts haben wirrst, hoffe ich. Das Hotel liegt ganz nah am Neumarkt in der Pirnaischen Gasse. Henckel wird wol zu Hause bleiben.

April 1850 Pauline an Fritz: Den heutigen Tag wirst Du wohl größtentheils in der Familie zubringen, um die Anwesenheit der Tante Julie zu feiern (Julie in Berlin)
Caroline berichtet Theodor aus Berlin: daß Henckels, der Alte, Julie u Guido den 9ten hierher kommen, den 10ten bleiben – der Prophet wird dann gegeben – u den 11ten nach Hamburg gehen, 3 Tage dort bleiben u den 15ten zurück kommen, wo dann Julie u Guido den 16ten mit uns nach Dresden dampfen wollen.

Ende August 1850 wurde Julie wieder einmal in Carlsburg erwartet. Caroline berichtete an Pauline aus Niederhof: An Fritz schrieb ich die Ankunft der lieben Tante Julie, die Dir sehr für Dein Briefchen dankt. Seit Sonnabend bin ich mit ihr u Julie Behr hier bei meiner Mutter, zu deren Aufheiterung sie unendlich beiträgt, u bringen wir hier trotz des unfreundlichen Wetters sehr angenehme Tage zu. Kein Besuch aus Stralsund stört unsere angenehme Vereinigung[,] indem dort leider! die Cholera sehr herrscht, u meine Schwester sie etwas fürchtet.
Und in einem anderen Brief: Die Cholera ist schlimm in Stralsund u sterben viele daran, wir sprechen aber nicht davon in Juliens Gegenwart u werden auch nicht in die Stadt fahren, was mir sehr angenehm ist.

1851 wird viel über die schon erwähnte Tochter Wanda diskutiert, die zu dieser Zeit wohl schon sehr exzentrisch war.
Februar 1851 an Pauline: Wanda ist der lieben Mutter ein Schrecken, u freut sie sich[,] daß sie nun diese Woche wieder reisen, Guido ist auch da.

Februar 1851 an Theodor: Während ich die liebe Mutter um Nachsicht u Freundlichkeit für Wanda bitte, räth er ihr sie ganz gehen zu lassen (weil es ihm bequem ist) ich habe aber die Genugthuung[,] daß sie mir oder vielmehr ihrem eigenen Gefühl[,] von dem was recht ist[,] folgt.

An Pauline: Meine Schwester hat mir sehr hübsche Aquarelle von eigener Composition geschickt, sie macht rechte Fortschritte darin. Und in einem weiteren Brief: Erwähnen muß ich noch[,] daß ich eben einen Br. von Tante Julie erhielt, die einsam in Neudeck ist, indem Guido so viel zu thun[,] daß er viel abwesend ist, sie hat aber den großen Fortschritt gemacht sich mit der Einsamkeit zu befreunden, sie macht große Spaziergänge mit den Hunden von Guido, u zeichnet u mahlt. Henckel ist mit Pranghe nach Landeck gegangen, wo er sich sehr amüsirt u einen Ball gegeben. Sie ist sehr froh Wanda wieder zurück zu wissen.

Oktober 1851 an Theodor: Auch war ein Brief von Julie aus Breslau angekommen[,] der ihre glückliche Heimkehr meldet. D. 1ten hat sie Paris verlassen, in Brüssel sich auch noch 1 ½ Tage aufgehalten, die dortige Ausstellung sehr bewundert. Mit dem Schnellzuge ist sie von Cöln Abends 10 Uhr abgegangen, zwischen 6. (und) 7[.] in Hannover, wo nur 10 Minuten Aufenthalt waren, sie Caroline also nicht gesehen. Dagegen unsere Berliner Kinder u das Enkelchen hat sie allerliebst gefunden.

An Theodor: Gestern erhielt ich auch einen Brief von Julie, die noch nach Neudeck will. Sie ist noch ganz erfüllt von der Herrlichkeit des Glaspalastes u seiner Wunder, des Contrastes zwischen dem tüchtigen gottesfürchtigen Engländer u dem leichtfüßigen Franzosen, dort alles gediegen, hier alles provisorisch, Versailles eine Gallerie vergangener Größe! etc. etc.

November 1851 an Fritz u. Pauline: Was sagt denn Fritz zur Wiederverheirathung des alten Carlath[,] der mit 68 Jahren seine Nichte Fr. v. Firks wieder heirathet, dies giebt Henckel viel zu denken u verbessert Wanda’s Laune nicht. Ein Sohn würde die Erbschaft nehmen. Daraus ist zu entnehmen, dass Wanda von ihrem Mann geschieden wurde.

November 1851 an Theodor: Das Neueste aber ist, daß Henckel die Cholerine in Ober Glogau gehabt u in Folge dessen so die Cholera fürchtet, daß er nach Berlin den Winter wollte. In dem Brief[,] der die Mutter hier verfehlte, meldet sich Julie in Berlin an, u meint sogar sie dort zu empfangen. Je näher aber die Abreise gekommen, je unschlüssiger wird der alte Herr, u antwortet auf alle ihre Fragen: „ich weiß nicht“. Du kannst wol denken[,] wie viel fromme Wünsche ich zum Himmel sende, damit sie bleiben[,] wo sie sind! Die patience auf ihre Ankunft in Berlin ist ausgegangen, möchte sie unwahr gesprochen haben.

Februar 1852 an Pauline über deren Töchterchen: Carolinchen wäre wunderschön, schreibt Tante Julie, sonst ist sie nicht verschwenderisch mit diesem Lob u freue ich mich nicht wenig selbst sie zu bewundern[;] wie niedlich muß sie mit ihrem sprechen seyn!

An Pauline: Von Julie hatte ich gestern einen Brief aus Paris, in 3 Stunden mit dem Eilzug wollten sie nach Orleans, sonst war sie noch incognito. Grfin Brandenburg hat das Seebad in Dieppe gebraucht u kam nun auf 3 Wochen nach Paris wo ihr Sohn bei der Gesandtschaft ist. Guido war d. 2ten erst in Ostende angekommen. D 18-20 hoffte Julie über Straßburg nach Breslau zurück zu kehren u hatte ihren Alten beredet die weitern Reiseplane auf nächstes Jahr zu verschieben, was ich sehr vernünftig finde. Von ihm gilt auch nach gerade wie vom alten Böhlendorf: il a pashi l’age de mourir (er hat das Alter des Sterbens (überschritten))

Dezember 1852 an Fritz und Pauline: Tante Julie schickt mir heut zwei allerliebste Blumenvasen u eine recht hübsche Zeichnung auf papier pelé, die ihr am besten gerathen, eine kleine italienische Landschaft. Mich freut’s für sie[,] daß sie nach Berlin kommt[,] da sie es wünscht, mit Schrecken höre ich aber[,] daß Wanda da ist. Ich denke[,] daß Euer Umgang[,] der nie sehr lebhaft war, jetzt nicht lebhafter seyn wird u sich auf das nicht zu vermeidende beschränken wird. Nach der Beschreibung fürchte ich[,] daß sie etwas verrückt ist, wie viel schrecklicher sind doch die Krankheiten der Seele wie die des Körpers! U daß solche Menschen Kinder haben müssen, ist recht traurig u erbarmungswürdig für die unglücklichen Geschöpfe.

März 1853 an Pauline: Du hast Dir einen neuen Anspruch auf dieselbe erworben, durch das Mittheilen mit dem Du von Wanda, dem armen verlassenen Wesen sprichst, die das schwere Schicksal hat, von Allen[,] die ihr am nächsten stehen, entweder abgestoßen oder verdorben zu werden. Gott sei ihr gnädig! Wenn sie sich recht unglücklich fühlt, so mag sie sich zu Ihm wenden[,] wo sie ihre einzige Rettung finden wird. So häufig sind junge glückliche Frauen, strenge Richterinnen über ihre Mitschwestern, ohne die Klippen u Gefahren zu bedenken, die solch armes Geschöpf ohne Grundsätze u Religion zu bestehen hat u da freut es mich unbeschreiblich[,] daß Du so milde u freundlich bist, was für mich christlich ist.

September 1853 an Pauline: kam der Montag Morgen mit einem Brief a. Frfurt von Tante Julie, die ihre Ankunft [in Karlsburg] den 19ten meldete. Als wir noch im Garten spazierten, überlegend ob ihr Pferde entgegen zu senden seien, hören wir eine Extrapost, rennen auf den Hof u siehe da, gegen 1 Uhr steigt Tante munter u wohl behalten aus einer recht hübschen Extrapostchaise, nachdem sie die Nacht in Pasewalk zugebracht. Sie ist ungemein heitern Geistes, belebt Grm., mit der sie doch viel Aehnlichkeit hat, u bedauere ich hundert Mal[,] daß Du nicht die angenehme Gesellschaft theilst. Sie liest den Stahr, der ihr so gefällt, sie hat schon einige Lampenschirme angefertigt, u sind Geist u Hände gleich regsam u thätig. Vorgestern nach 6 Uhr schon kam nun Onkel an, leider noch recht hinkend, er meint[,] er sei zu viel in Berlin gegangen u habe sich faliquirt. Im Ganzen scheint er auch ganz heiter, erschien gestern Morgen im Norderneyer Costüm, rothen Fischerblouse aus Flanell, mit Wachstuch Hut, u hatte nicht übel Lust so mit Vater auszureiten, was dieser sich aber verbat. Er sah etwas Samiel like darin aus.

An Pauline: Der alte Henckel steht uns auch noch bevor, er will über Hannover, Lübeck, Rostock hierher kommen, einige Tage bleiben u dann Julie mitnehmen, was mir sehr leid thun wird. Es ist wirklich ein unverwüstlicher fond von Heiterkeit in ihr, der durch vergrößerte Milde sehr an Liebenswürdigkeit zugenommen hat. Denn bei den großen Prüfungen[,] die sie hat (Wanda z.B.)[,] ist es um so erstaunenswerther[,] u wenn es auch als Gegengewicht als gütige Mitgabe der Natur erscheint[,] um sie zu ertragen, so ist es für sie u andere eine große Erleichterung, während ich immer ein Gefühl von Sack u Asche dabei habe. Grmutter scheint hier auch ihrem Zauber nicht zu wiederstehen u geht bis jetzt dies Zusammenleben ganz herrlich, von der schönsten Witterung begünstigt. Zum 2ten Oktober hat der alte Herr seine Ankunft bestimmt, gewöhnlich kommt er aber früher, von wegen der Eile!

Oktober 1853 an Theodor: : Von Tante habe ich einen langen Br. aus Breslau. Sie hatte sich gefreut Euch Lieben in Berlin zu sehen. Zum Reisgefährten hatte sie unerwartet ihren Schwiegersohn Carolath, der nach Amtitz ging Abschied von Wanda zu nehmen, die ganz allein nach Nizza mit der Jungfer u einem Courier reist, ihrer Gesundheit wegen; Ammon in Dresden habe ihr den Aufenthalt ihrer Brust wegen verordnet! Der unwürdige Mann sieht alles Unheil[,] was daraus entstehen wird[,] voraus, daß sie den Ruf einer Lottum bekommen würde, aber findet das Leben mit ihr so unerträglich, daß er es nicht drei Tage aushalten könne! Was soll man zu allem diesem sagen, denn es ist nur zu wahr, das Leben mit ihr soll auch unaushaltlich seyn, freilich mit durch seine Schuld!!! O welch eine furchtbare Prüfung das ist! Meine Schwester hat die Kinder zu sich nehmen wollen, das will er aber nicht. Agnes Pückler hat die Reisebegleitung abgelehnt, was ich ihr nicht verdenken.

an Theodor: Von Julie sind die Nachrichten immer derselben Art, die kranke Adele ist nach Koppitz gebracht worden, damit Claire sie ungestört pflegen kann. Gott wolle sich ihrer erbarmen. Guido war in der Schweiz u wird in diesen Tagen zurück erwartet. Die Verpachtung an Maubeuge ist richtig u der Alte außer sich darüber. Renard soll ihn dazu bewegen haben. Wahrscheinlich ist es die Habsucht die ihm die Falle gestellt.
Gestern Abend habe ich sehr lachen müssen[.] Julie übte sich witzige Charaden a la Pfuel zu machen um ihn zu empfangen …

Februar 1855 an Pauline: Wenn ich bedenke[,] wie glücklich u gesegnet wir in unsern Kindern sind, erfüllt es mich mit doppelten Kummer, an meine arme Schwester zu denken, so reich u doch so blutarm. Ich wollte immer[,] daß sie sich damit beschäftigte: über die Leiden des Reichthums zu schreiben, die sie besser wie irgend jemand empfunden. Es liegt eine höllische Macht in ihm. Der arme alte H(enckel) ist ihr ganz verfallen, u ihr fehlt es so sehr an Ergebung, das Joch, was auch immer schwerer wird zu tragen. Sie hat Carolath angeboten die beiden Mädchen zu sich zu nehmen u zu erziehen, was er in einem impertinenten Br. abgelehnt. Julie Op(persdorff) wollte alle drei zu sich nehmen, was viel mehr nach meinem Sinn war, u wo sie auch besser gewesen, da sie schon Engländerin u Hauslehrer hat; ich habe auch weiter nichts vom Erfolg gehört. Wanda ist oder war in der Schweiz um Neujahr, wo sie ihrer Mutter entsetzlich über ihre Gesundheit klagend geschrieben. Sie hat eine Frl. Wenkstern v Meklenburg als Gesellschafterin bei sich, u wollte nach Italien, sobald keine Cholera da sei. Carolath’s Schwester Grfin Kospoth war in Br(eslau) u hat von Scheidung gesprochen, wo es aber doch glückl. Weise nicht auf eingeht; so lange hat sie doch den Schutz seines Namens u einen Sommer Aufenthalt! Er wartet wol die Erbschaft vom Svater ab. Es ist zum Erbarmen! U das solche Menschen Kinder haben müssen! Adele ist wol auch gemüthskrank, u wünscht man sie in eine Anstalt zu bringen. Claire opfert sich ihr ganz auf, u soll auch physisch u moralisch durch diese Nähe leiden. Fedor ist ein Waschlappen, u v. Reichenbach ist wenig zu erwarten, so sind die Zustände sehr traurig. Die alte Sierst. Ist nun wieder da, u viell. bringt die etwas heilsames zu Stande. Guido ist in Paris rue Lafitte im selben Hause wie sein Freund Saldern, was mir eine große Beruhigung ist.
Und im März 1855 heißt es: Wanda ist nach Florenz. Hat Julie für jetzt die Kinder abgeschlagen, aber später viell.!!!

November 1855 an Pauline: In Breslau sind nur die beiden jüngern Töchter gekommen, an deren Kindern Tante doch Freude hat, besonders scheinen ihr die Töchter von Wanda zu gefallen. Die arme Julie Op(persdorff) ist nicht gekommen[,] weil ihr Mann recht ernstlich erkrankt ist, aber doch nicht bedenklich u wird er deshalb auch nicht[,] wie er wollte[,] zur Eröffnung der Kammern kommen. Henckel hat diese Absicht, u ist jetzt in großem Zorn[,] da er das Verhältnis seines Sohnes zu einer Französin erfahren[,] die 12 Jahre älter wie er, bas. Bleu ist, zu den literarischen Kreisen gehört, u ihn ganz gefesselt hat – er läßt ihr sogar ein Haus in den champs élisées bauen! Ohne Rücksicht auf Kosten! Ich erfuhr dies durch Car(oline) [von Malortie]
Du kannst denken[,] wie unglücklich es schon die Mutter gemacht, u nun den Vater, der ihr diese Frucht ihrer Erziehung vorwirft. Dabei ist es recht gut[,] wenn er seinen Sitz im Herrenhaus einnimmt[,] das zerstreut ihn. Die Dame gehört den literarischen Kreisen an u soll wundervoll schreiben. Das Leben ist doch für Viele, u. a. meine arme Schwester eine recht schwere Aufgabe!
In Breslau wollten Onkel u Tante ihre Kinder aller vereinigen u wünsche ich, daß die Zusammenkunft zu gegenseitiger Zufriedenheit ablaufe.

Januar 1856 an Pauline: Ich habe heut auch wieder einen langen Br. von Tante u wollte Fritz gern bitten, da er sich doch einmal in diese traurigen Car(olathschen) Händel begeben, daß er die Sache doch nicht stecken läßt. Die Grfin Zedlitz hat an Henckel 2 Dokumente geschickt[,] die er unterschreiben soll, u sich verpflichten 300 rs zu zahlen, für den Fall[,] daß die Kinder nicht kommen. … Wenn Fritz doch nur diese unglückseligen Kinder aus dieser Höhle des Verderbens befreit, an diesen 300 rs mag wieder Alles scheitern! Für den Sohn ist auch noch nichts geschehen.

Mai 1856 an die Mutter: Heut will ich noch Deinen lieben Br. etwas beantworten u freue mich[,] daß Du Dir eine so angenehme Beschäftigung ausgefunden[,] wie die alten Liebeszeichen u Briefe wieder zu lesen[,] u Dir damit die Vergangenheit auf das Angenehmste zu vergegenwärtigen. Julie ist stets so liebevoll für Dich gewesen, freilich auf ihre Art, ich dächte aber doch[,] daß jede Liebe anzuerkennen sei, wenn auch nicht immer die Aeußerungen gleich angenehm. Es ist doch die Hauptsache, das sehe ich hier so recht praktisch vor Augen. Bei Dir ist nur der Körper alt, Geist u Gemüth sind noch so lebhaft u jugendlich[,] daß ich mir viel älter [vorkomme] wie Du.

An die Mutter: Der lieben Julie schrieb ich zu ihrem Geburtstag, u thut sie mir unbeschreiblich leid. Wie viel Trübsal es überhaupt in der Welt giebt, wenn man etwas hinter die Culissen sieht, ist nicht zu sagen. Ach wie glücklich sind wir doch in unserer nächsten Familie, Gott erhalte u behüte sie ferner so. Arme Julie hat dafür auch desto mehr Kummer.

An die Mutter: Von Julie weiß ich nur[,] daß sie in Han. angekommen war[,] durch einen Br. von Car(oline) an Herm(ann von Malortie) u durch einen von Julie Op(persdorff) an mich, daß Wanda allerdings nach Ems gehen wird, sie hatte sie in Berlin gesprochen, wo sie zur Pflege ihres Sohnes war, u hatte sie Reumont bei ihr getroffen! Dieser soll den König nach Marienbad begleiten, vielleicht geht sie nach Marienbad! Arme Julie! Wanda finde ich beinahe nicht zu überstehen, aber freilich wird das Verhältnis durch solche Offenherzigkeit nicht besser, schon des Widerspruchs halber.

September 1856 Carlsburg an Pauline: Heut Morgen erhielt ich 1 Br. von Tante[,] die mir zu meiner höchsten Verwunderung den Tod der Wanda …, geb. Stosch m Typhus schreibt u als ein sehr glückl. Ereignis, was sie nur ihrer Wanda wünscht!! Es ist schauderhaft dergl. wünschen zu müssen, in diesem Fall aber ganz gerechtfertigt.

November 1856 an Theodor: Von Julie kam eben ein Brief, sie haben dem Pr(inzen) Fr(iedrich) Wilh(elm) eine Soiree gegeben, Lindheims auch, wo Henckels gewesen, außerdem hat Lindheim 2 Diners von seiner Seele gerissen u alle sind sehr vom Prinzen eingenommen u rühmen seine natürliche Freundlichkeit. Guido ist per Telegraph eingeladen worden, aber nicht erschienen. – Julie Op(persdorff) hat die Veranlassung, des großen Familien Zerwürfnisses an Grm. geschrieben, ich will aber erst selbst den Br. lesen[,] ehe ich darüber berichte. Die Theilung der Güter hat denn auch Statt gefunden, u ziemlich wunderbarer Weise ist derjenige leer ausgegangen, der gerade einen Besitz brauchte.

Februar 1857 an Fritz und Pauline: Es ist eine unselige Familie mit Ausnahme von Julie Op(persdorff) die Gott erhalten u segnen möge

Februar 1857 an Pauline: Diese Carolathschen Händel werden doch wol einmal ein Ende nehmen. Grm. schreibt mir heut[,] daß Tante nun erfahren[,] daß die C. Töchter nach Carolath sollen u daß sie sie nun nehmen will. Ich brauche wol nicht zu sagen, wie viel besser sie in C. aufgehoben sind u finde auch sehr gut [,] daß von Seiten der Familie des Mannes etwas für sie geschieht. – Die Nachrichten aus Berlin sind trostlos, der Alte scheint immer schwächer zu werden, u fürchte ich[,] daß dann nach seinem Tode erst der rechte Greuel anfangen wird. Mit Ausnahme von Julie Op(persdorff) ist es eine Schlangenbrut. Grfin M. schreibt mir zuerst von Guido, … Das Einzige was ihn zurück bringen würde, wäre der Verlust seines Vermögens, so leicht wird das nicht seyn. Ich weiß übrigens nichts von ihm. Tante müßte sich durchaus nach einem ordentlichen RechtsAnwalt umsehen, was ihr Vater hier schon rieth, nun Grm., u Fritz kann auch noch dazu rathen, da sie jetzt mit Recht ihm so viel Zutrauen schenkt.

März 1857 Theodor an Fritz: Mit Bedauern haben wir durch die Tante vor wenig Tagen erfahren, daß, wie es scheint, wohl Deine Bemühungen die Carolathschen 2 Mädchen nach Altenburg zu bringen[,] fruchtlos seyn werden und sie zwar nicht zu Julie O. allein zu Claire nach Koppitz sollen, wo sie sehr schlecht aufgehoben sind, indem, abgesehen von der ganz äußerlichen Richtung jener Familie, die falsche, lügenhafte Claire nachtheilig auf die Kinder wirken wird[,] und was die Hauptsache, sie an Wanda sofort wieder übergeben wird, sobald sie es von ihr verlangte[,] sollte es auch nur aus Wiederspruch gegen ihre Mutter seyn. Wäre Carolath nicht ein so vollkomner Waschlappen und hätte er nur einen Funken Gefühl von der Schande, welche durch das Betragen seiner Frau auf ihn zurück fällt, so hätte er doch als Vater, auch ehe die Scheidung geschehen, bestimmen können, was mit seinen Kindern werden soll und jede Möglichkeit abschneiden müßen, daß die armen Creaturen, je wieder mit der so tief gesunkenen Mutter zusammen kommen könnten.

Theodor an Pauline: Doch nun noch zu traurigsten aller Familien. Julie Op. schrieb mir ihren edlen Entschluß u bat mich – gutes demüthiges Wesen – um Verzeihung meinen Rath nicht zu befolgen. Ich antwortete ihr mit Bewunderung ihrer Güte, ich könne aber nicht umhin bei meiner Ansicht zu bleiben, aus denselben Gründen wie Fritz, die ich aber nicht wieder ausgeführt habe, da ich mir nicht träumen lassen, daß man einer solchen Mutter, die Disposition über ihre Kinder gestatten würde. Wiederholt habe ich Julie gesagt, daß wenn sie sie nach vollendeter Erziehung bei sich aufnähme, es eine große Wohlthat schon seyn wird. So wird W(anda) nicht lassen sich einzumischen u viell. auch die Grm., lauter Einflüße die theils schädlich oder nicht wünschenswerth sind. Außerdem ist Julie durch die precaire Gesundheit des Mannes viel zu gebunden, u Altenburg gewiß der beste, schon deshalb[,] weil W(anda) es nicht will. – Antworte mir nur bitte auf eine Frage! Ist denn Fritz auch bei der Scheidung thätig? Wenn diese erfolgt ist, muß er doch seine Hände frei bekommen, von diesem Abgrund der Hölle, mochte ich beinahe sagen. Armes Kind, daß Du das auch mit erleben mußt; bin ich doch so alt geworden[,] ohne solche Scheuslichkeit je nur für möglich viel weniger mir so nahe angehörend, zu halten. Es ist ein sehr schweres Verhängniß, wo keiner helfend eingreift wie Fritz.

Juli 1857 an Fritz: Julie Op(persdorff) schreibt mir über die Car(olat) Mädchen, daß sie gutmüthig aber doch sehr viele Fehler haben, die gerade verwahrlosete Kinder besitzen, ich werde Dir den Br. seiner Zeit mittheilen; mit der neuen Gouvernante ist sie zufrieden u hielt die frühere für eine scheinheilige nichts taugende. Trotz aller Arbeit bereut sie doch nicht[,] daß sie sie genommen, Gott lohne es ihr! Nur ist ihr die Nähe von Wanda in Neudeck unheimlich, die die Kinder mit Briefen überhäuft. Die Geschwister sollen sich sehr gut vertragen, möge es nur von Dauer seyn.

August 1857 an Mutter: – Tausend Dank für die Einlagen u namentlich die von Julie O(ppersdorff)[,] die mich sehr interessirt. Als ich sie heut Morgen meinen Herren mittheilte – denn Carl ist wieder heut Morgen einpassirt – rief dieser gleich aus[,] daß Carolath müsse die Scheidung so einklagen[,] daß Wanda nichts über die Kinder zu sagen habe, er habe Fritz die Gesetzesstellen gezeigt etc. Dieser hatte ja glücklicher Weise mit der Scheidung nichts zu thun, aber merkwürdig wäre es doch[,] wenn die übel berathene Frau ihren jetzigen Vortheil aufgäbe, was für die Kinder ein großer Gewinn seyn würde.

An Pauline: Tante Julie ist in Norderney, will hierher kommen, wenn Vater sie schriftlich einladet u all dergl. Von Niederhof aus wird sie abgeschreckt, ich wünsche aber sie zu sehen, u ist mir so viel u herreden u schreiben gar nicht angenehm. Sie hat übrigens im Ems eine brillante saison erlebt, u hat ihr die Großfürstin Constantin u der König v. Hannover sogar, sehr gefallen. – Julie Op(persdorff) geht mit ihrem Mann nach Norderney damit er Seeluft einathme; wir fürchten daß er recht schwach ist, Gott erhalte ihn ihr nur, es wäre ganz schrecklich sonst mit ihrem Rettungshaus. Ich hebe alle ihre Br. über die Mädchen auf, damit Du selbst urtheilen kannst, u scheint sie die Sache sehr gewissenhaft zu nehmen u folglich viel zu bessern zu finden.

Januar 1957 an Pauline: Ich habe vor Augen an der alten Christine[,] was die Langeweile für eine Pein ist, übrigens dieselbe, die auch Henckel so quält, so verschieden der Stand auch ist, sind die menschlichen Gebrechen doch gleich, auf manchen Lebensstufen.

November 1857 an Fritz: Gestern hatte die Mutter einen Brief v. Julie Opperdf. Nun hat die Wanda, wie sie schreibt[,] Fedor und deßen Winkel Advokaten ihre Intereßen übergeben, will auch herausgeben ihre Vermögensklagen, welches, wenn sie es erhält, Fedor es ministriren soll, wo es dann allerdings in trefflichen Händen seyn würde.

An Fritz: An die Tante hatten wir vor wenig Tagen einen Brief voller der gewöhnlichen Klagen über Wanda, welche in Breslau war, um endlich die Gippertscher Erklärung zu unterschreiben, sich jedoch, als es dazu kommen sollte, geweigert hat. Denke Dir, daß sie sich rühmet, das Kind[,] welches sie in der Schweiz in die Welt setzte, dort in die Register auf den Nahmen ihrer etwas beschränkten Begleiterin habe eintragen zu laßen.

Dezember 1857 an Pauline: Heut Morgen erhielt ich einen Br. von meiner Schwester, die auch die Grippe gehabt … Claire hat Tante überrascht mit ihrem Besuch u der Nachricht daß Gr. Solms … ihr 250000 rs geliehen (wenn es nur wahr ist), zur Bezahlung der nothwendigsten Schulden. Sie haben eine große Jagd gegeben, bei der Wanda sehr aufgeputzt gewesen ist. Auf das Befragen, was diese denn eigentlich wolle? Hat Claire geantwortet, sie wolle nicht geschieden seyn, die Kinder haben, ihr Geld haben, u auf Kosten von Louis wie bisher leben, was Claire sehr billigt. Sie ist noch immer in Koppitz u spielt Abends Whist mit dem kathol. Pfarrer. Ein Glück für sie[,] wenn die S. nur verständiger werden, ist der anständige Aufenthalt. – Louis C. der sich in Ober Glogau bei Tante zum Weihnachtsabend mit seinen Kindern anmeldete, hat ihr aus Paris geschrieben, wo er ein Wohnung für 15000 fres gemiethet eine soirée mit souper gegeben, die bis 1ten 4 früh gedauert. Fr. v. Paiva gefällt ihm sehr gut, u hätte er nichts dagegen[,] wenn G. sie heirathete!! Es ist doch eine gräßliche Familie! Gott helfe ihnen u uns allesammt. Arme Julie Op(persdorff) kämpft immer mit physischen Leiden, dem Mann soll es doch besser gehen, nur kann er nicht unter Menschen.

Januar 1858 Theodor an Pauline: Ich bin auch ungewiß, ob ich über Breslau oder Prag gehe, weil ich in ersterm Fall doch einen Tag in Breslau werde bleiben müßen, um die Tante zu sehen, wovor mich eigentlich etwas graut.

Januar 1859 Theodor an Pauline: Daß Wanda mit einer Frl. Hanneken auch in Hieres, schrieb ich wohl neulich. Von der Tante hatte ich vor einigen Tagen auch einen Brief. Sie ist höchst zufrieden, mit den Carolathschen Kindern, die ihr sehr viele Freude zu machen scheinen und wie sie sagt, ihr wesentlich das Leben erheitern. Der Junge schein der erklärte Liebling, besonders des Alten zu seyn. Welch ein Glück für diese armen verlaßnen Wesen, daß sie auf diese Weise doch noch Liebe finden, sie, die diese wohl nie gekannt haben und daß der Entschluß ihrer Großmutter sich ihrer anzunehmen, auf diese Weise sich belohnt. Auch die, wie es scheint, sehr anständige Erzieherin, lobt die Tante in jedem Brief und wüscht nur, daß sie bei den Kindern bleibt.

April 1859 an Pauline: Von der Tante hatte ich gestern auch Nachricht. Sie klagt über ihre Gesundheit. Dagegen ist der Alte wohler als je, obgleich er beständig klagt und an nichts in der Welt mehr Freude hat. Gott möge einem vor solch einem Alter in Gnade bewahren! Die arme Tante, mit dem 87jährigen etwas tauben und unleidlichen Mann und dem 85jährigen, nicht ein Wort sprechenden Pranghe! Wanda ist noch in …, ermahnt die Kinder in ihren Briefen für ihren vortrefflichen Vater zu beten und hat von ihrem, ihr leider und gern erwartetem Vermögen 25 M. rm an Sürsdorpf und Claire geliehen, was gewiß verloren, denn diese sind so insec, daß Guido sich sehr großmüthig erbeten hat, seiner Schwester (die dummer Weise alle Wechsel des Mannes mit unterschrieben) 6000 jährlich zu geben, allein dann von Koppitz fort zu gehen und ihm die Administration zu übertragen, um den Versuch zu machen noch etwas zu retten. Allein sie hat es abgelehnt, verlangt von den Alten 180000 rm und sie leben nach wie vor, herrlich und in Freuden. Welche Menschen!

Carl Henckel von Donnersmarck starb im Alter von 92 Jahren am 12. Juli 1864 in Breslau. Julie starb im Alter von 66 Jahren am 25.03.1866 in Berlin.